Mal ne ehrliche Antwort: wie oft übt Ihr tatsächlich?

[Inside-Outside]

Betretenes Schweigen, jetzt traut sich keiner mehr, sich zu outen
Aber Spaß beiseite: Ich beglückwünsche dich zu so viel Disziplin!
Wie hast Du denn den Spaß zurückgewonnen? Bin leider selbst in einer Phase,
in der ich Musik vornehmlich als Arbeit empfinde

Ich wünschte wir würden jetzt mal einen ganzen Abend in einer entspannten Runde zusammen sitzen um uns kennen zu lernen. Aber ich versuche mal mich da zu erklären und zwar möglichst kurz
Ich hatte mit 3 sehr guten Freunden mit Unterbrechung 3o Jahre lang eine klasse Coverband die richtig gut gelaufen ist. 2 der Leute spielten aber noch in anderen Projekten. Obwohl die Gigs super liefen war das immer für mich und den Gitarristen zu wenig, wir waren unausgelastet. Das führte in dem Zeitraum auch 3 mal zum Bruch, aber jedesmal wenn die anderen beiden wieder Gigs anschleppten und es wieder zu laufen anfing waren der Gitarrist und ich wieder voll dabei. Seit 2017 ist die Geschichte nun definitiv zu Ende.
Was mich selber nervte war, dass der Gitarrist und ich uns immer bejammert haben geile Band und es läuft zu wenig.
Irgendwann dachte ich mir, Mensch Thomas, du bist jetzt 60 geworden, wenn du nicht grundsätzlich was an deiner Haltung änderst, dann war es das - da kommt sowieso nicht mehr viel.
Und dann fing ich an mir ganz einfache aber grundlegende Fragen zu stellen:
Wer bin ich? U.a. eben ein Musiker. Und das heißt ich bin das mit oder ohne eine Band, völlig unabhängig ob ich ein Projekt habe oder nicht - 24 Stunden am Tag. Und Musiker üben und haben ein Repertoire. Die Wahrheit ist, jetzt arbeite ich erst an einem Repertoire an Jazz-Standards. Das ist ein Minirepertoire aus 20 Stücken. 10 Stücke die einem auf jeder Session begegnen und 10 Stücke, die es richtig in sich haben und bis an den Rest meiner Tage beschäftigen werden (u.a. Giant Steps).
Im Kopf bin ich oft im ZigZag-Jazz-Club in Berlin wo ich 3 Jahre regelmäßig als Besucher war und mein Ziel ist es, wenn ich mal wieder in Berlin an einem Donnerstag bin, wenn da Session ist, auf die Bühne zu gehen und Modern Jazz oder Bebob zu spielen.
Wenn ich jetzt in der Arbeit einen harten Tag habe und zuhause ankomme mache ich mir einen schönen starken Kaffee und dann klinke ich mich mit dem Bass in der Hand total aus der Arbeitswelt aus. Mein Ziel ist: wenn morgen das Telefon klingelt und es gibt die Möglichkeit in ein geiles Jazzprojekt einzusteigen, dass ich dann sofort voll Freude zusage.
Das ist keine Disziplin, @Altair, da bist du wie der Sarastro in Mozarts Zauberflöte, der Wandler zwischen den Welten. Das ist der Trick...oder mentale Dreh an der Geschichte. Und ich tüftle sehr viel. Das wichtigste noch zum Schluß: Man muss wieder das Spielen lernen. Mit den Dingen spielen, probieren, variieren, auch Fehler zulassen wie ein Kind. Und sich nicht zu ernst und wichtig nehmen, das ist auch wichtig.
Aber wir kriegen das alle noch hin - wir sind ja alle noch voll dabei!

Thomas

 

[EADG]

Mit den Dingen spielen, probieren, variieren, auch Fehler zulassen wie ein Kind. Und sich nicht zu ernst und wichtig nehmen, das ist auch wichtig.
Aber wir kriegen das alle noch hin - wir sind ja alle noch voll dabei!

Super Einstellung... und wir brauchen ja alle auch was für den (Erwerbsarbeits-) Ruhestand.

 

[Inside-Outside]

und wir brauchen ja alle auch was für den (Erwerbsarbeits-) Ruhestand.

Definitiv und auf jeden Fall, @EADG

 

[Altair]

Ich wünschte wir würden jetzt mal einen ganzen Abend in einer entspannten Runde zusammen sitzen um uns kennen zu lernen.

Hallo Thomas, ja, das ist wirklich schade. Ich lebe eine dreiviertel Stunde von der belgischen/luxemburgischen Grenze entfernt, am anderen westlichen Ende des Landes.
Aber vielen Dank für deine ausführliche Antwort, ich muss den Inhalt mal auf mich wirken lassen... #
Im ersten Moment dachte ich, die Antwort passt ja gar nicht, aber ganz so ist es nicht. Bis zum 60. habe ich weniger als eine handvoll Jahre, aber ich höre die Uhr deutlich ticken. Von drei musikalischen Projekten, an denen ich beteiligt bin, laufen zwei auch richtig gut, aber ich bin da etwas unterfordert. Das liegt an der Art der Musik, meine Stimmen sind ausnotiert und nicht allzu komplex
Und um etwas für mich Herausfordernderes auf die Beine zu stellen, fehlt nach Ende des Arbeitstages vor allem die Energie. Klar ist das eine Kopfsache, ... und ich lebe in der Provinz: Passende Musiker oder Lehrer, die mich motivieren, finde ich hier nicht sehr leicht ...
Wie geschrieben, muss ich deine Antwort mal wirken lassen, dann sehe ich hoffentich Möglichkeiten, die jetzt noch nicht auf meinem Radar sind.
Herzliche Grüße, Peter

 

[Inside-Outside]

dann sehe ich hoffentich Möglichkeiten, die jetzt noch nicht auf meinem Radar sind.
Herzliche Grüße, Peter

Und das ist auch schon die Antwort auf alles. Ich weiss nicht ob man folgendes verallgemeinern kann:
Es gibt immer an der eigenen (musikalischen) Situation Aspekte, mit denen man nicht zufrieden ist. Das Problem ist sehr oft, dass das einen u.U. stresst und das wiederum blockiert neue Ideen, also Ideen, die eine Veränderung erzeugen würden. Ich habe einen Weg gefunden Ideen zu erzeugen.
Dazu mache z.B. folgendes jeden Abend:
Ich nehe mir 10, 15 Minuten Zeit und reflektiere den Tag. Dabei spüre ich Situationen auf, die entweder positiv oder negativ waren. Wenn mir jetzt ein positives Erlebnis in den Sinn kommt - das kann total bedeutungslos erscheinen, vielleicht ein positiv verlaufendes Gespräch mit einem Kunden - dann halte ich für einen Moment dieses Bild der Situation in meinem Kopf. Das erzeugt positiven Affekt und die Folge, quasi im Kielwasser ist ein positver Gedanke dazu, vielleicht eine Idee was ich dem Kunden vorschlagen könnte. Wenn es ein negativer Gedanke ist betrachte ich diesen etwas, versuche bewusst kein Problem zu lösen sondern entspannt Abstand zu halten. Oft ergibt sich dadurch einen neue Betrachtung, oft nicht gleich sondern später. Regelmäßig ausgeführt hat das meinen Kopf in eine merklich kreativere Richtung gebracht.
Was man braucht ist ein partnerschaftlicher Umgang mit seinem Unbewußten, dem, was die Psychologen als das Selbst bezeichnen. Es ist wie in einer guten Beziehung. Man redet über die Dinge, läßt es auf sich wirken und eine Lösung kommt von alleine. Und so ist es auch mit einem selbst. Mit sich selbst gut und geduldig umgehen, nicht auf Ideen drängen, sondern durch Spielen mit den Anforderungen sich Raum geben - bringt für fast alles die Lösung. Und du stehst - finde ich - mit den 3 Projekten doch sehr gut da. Ich vermute, du brauchst nur noch hier und da die richtige Idee und dann rennt das so, wie du dir das vorstellst.
Und die Antworten sind schon in Dir, sie müssen aus dem Unbewußten nur noch hochsteigen.

 

[EADG]

Mit sich selbst gut und geduldig umgehen

...ist das allerwichtigste. Hört sich erstmal egoistisch an, aber wenn man anderen gut und geduldig begegnen möchte, ist das die Voraussetzung. In der Bibel heißt es deshalb auch "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst". -nicht mehr als dich selbst, sondern genau so wie dich selbst. (ich bin übrigens überhaupt nicht religiös, aber gute Gedanken findet man an allen möglichen Orten)

 

[Inside-Outside]

Ja genau, @EADG , wenn meine Sachen laufen und ich zufrieden mit der Welt bin, begegne ich auf jeden Fall andern weniger negativ und bringe weniger Stress in die Welt.

 

[crystalgreen]

Vielleicht geht es @Altair aber auch wie mir nach einer Probe: er ist ausgelastet (mit drei Projekten!). Dann finde ich es natürlich, und würde es nicht bekämpfen, dass sich der Kopf auch eine Pause vom Bassspielen nimmt.

 

[Lila]

Ich übe jeden Tag. Unter der Arbeitswoche 45 Minuten am Abend.
Am Wochenende und freien Tagen minimum 1,5 Stunden. Spiele seit 46 Jahren.
1/3 der Zeit ein Einspielprogramm, 2 DIN A 4 Seiten mit technisch notwendigen Dingen wie Tonleitern, Pentatoniken, Vierklänge, Dreiklänge, Oktaven und Lagenwechsel, also nur Grundlagen und danach feil ich an einem Programm aus 20 Jazzstandards.

Ich schreibe alles aus, dadurch bekommt es für mich so einen "klassischen Rahmen". Ich schreibe immer ein paar Takte, übe die dann und so wachsen die Stücke über die Zeit. Das macht richtig Spaß mit Metronom das zu üben, Fingersätze zu entwickeln, manchmal wieder was umzuschreiben, dann auch nur über die Stücke zu Playalongs zu jammen.

Ich habe seit 5 Jahren keinerlei Projekte, brauche aber so ein straffes Programm weil ich in den letzten Jahren ganz langsam gemerkt habe, dass ich anfange die Lust am Bass spielen zu verlieren. Dadurch ist das Basspielen nach der Arbeit wie das Eintauchen in eine andere Welt geworden. Im Grunde lebe ich für mich 2 Identitäten, in der einen bin ich Musiker in der anderen Programmierer.

finde toll, was du geschrieben hast, auch die beiträge danach - habe aber auch gedacht, du klingst wie ein gitarrist

 

[Inside-Outside]

habe aber auch gedacht, du klingst wie ein gitarrist

Oder wie ein Bürokrat

 

[Lyons]

Anfangs täglich, jetzt nach 2,5 Jahren eher 4… 5 mal über die 7-Tagewoche. Dass ich keinen Bock mehr hatte, kam noch nicht vor, bei mir ist es eher, dass ich nach eine langen Arbeitstag keine Traute mehr hab, mich noch aufzuraffen. Auch fühle ich mich nach 2,5 Jahren immer noch als Anfänger, obwohl ich viel gelernt habe. Donnerstag habe ich meinen ersten echten Kontakt zu einer Band, die einen Bassisten sucht. Werd sehen, ob ich hineinpasse und mich gut verstehe - und ob die anderen zu der Erkenntnis komme, dass das was werden könnte, oder ob sie mich nochmal 5 Jahre üben schicken. Am meisten motiviert mich tatsächlich bisher, wenn ich Musik höre, denke ‚wow, was für eine geile Basslinie - ooh und der Sound!‘ dann komme ich leicht ins Üben. Wenn ich mal da stehe, und den Bass umgehängt hab, dann hab ich schon Freude dran und und die Zeit verfliegt.

 

[EADG]

Donnerstag habe ich meinen ersten echten Kontakt zu einer Band

Ich drück dir die Daumen

 

[Lyons]

Ich drück dir die Daumen

Danke Dir! Bis jetzt bin ich komischerweise noch tiefenentspannt. Aber was soll ich auch machen, muss halt hin, kennenlernen und mal was spielen, dann sehen wir schon. Die Mucke, die die machen, gefällt mir jedenfalls, die spielen eigene Sachen. Das finde ich mega.

 

[goldbass]

Danke Dir! Bis jetzt bin ich komischerweise noch tiefenentspannt. Aber was soll ich auch machen, muss halt hin, kennenlernen und mal was spielen, dann sehen wir schon. Die Mucke, die die machen, gefällt mir jedenfalls, die spielen eigene Sachen. Das finde ich mega.

Musik machen ist Fehler machen - wenn man nichts riskiert ist es fad aber sicher. Das wird schon. Hauptsache die Leute da sind nett.

 

[EADG]

Ich drück dir und der Band die Daumen, dass ihr einfach Spaß zusammen habt. Darum geht's doch beim Spielen.

 

[Slidemaster Dee]

Donnerstag habe ich meinen ersten echten Kontakt zu einer Band, die einen Bassisten sucht.

Boah, super! Ich drück dir die Daumen, dass das cool wird und es passt. Mach dir keinen Kopf und genieß es, dann wird das schon werden.

 

[fmm]

Donnerstag habe ich meinen ersten echten Kontakt zu einer Band, die einen Bassisten sucht.

Prima. Dann "hau rein, is´Tango" und habe Spass. Auch ich drück´Dir die Daumen.

 

[Bass_Zicke]

... ich drück mal mit , such ja auch noch eine passende band .

üben : im schnitt halbe bis dreiviertel stunde täglich ..... so grob gerechnet .

 

[Mad Jazz Morales]

Ich versuche, jeden Tag den Bass in die Hand zu nehmen und zu spielen. Üben muss ich erst noch/wieder lernen. Den @Toemy erreiche ich nie nich was Disziplin etc.angeht, aber muss ja auch nicht. Aber seine Historie ist sehr interessant, also der kleine Teil den er hier offenbart hat. Mich belastet das Aus von Svennä/Morales/Simon mental viel mehr, als mir lieb ist. Und das blockiert beim Spielen, beim Denken, beim Dingsen und auch sonst! Aber nach einem ganz tiefen Tief vor ein paar Wochen geht es jetzt ab und zu wieder bergauf, zumindest, was die Kreativität angeht. Übefelder gibt es zuhauf, die ich langsam versuche zu ordnen und noch langsamer versuche, sie zu räumen.
@crystalgreen - Du hast anscheinend noch nie eine guten Lehrer gehabt. Bei einem solchen lernst Du nämlich nie nichts für den, sonder der lehrt Dich was DU willst!

 

[Inside-Outside]

Weiß nicht ob ich das Bassspielen so ernst nehmen würde, wenn ich eine Stimme hätte die powermäßig an Rio Reiser errinnert .... .... Schöne Sachen auf deinem Soundcloud-Account, @Mad Jazz Morales