Meine Bässe sind für mich Werkzeuge, mit denen ich Geld verdiene, ganz so wie der Automechaniker auch Werkzeuge braucht. Wobei der Automechaniker wohl kein gutes Beispiel ist, bei den ganzen elektonischen Messgeräten sowie Spezialwerkzeugen, die man heutzutage so braucht. Sagen wir besser, wie ein Metzger. Die Metzger - Werkzeuge haben sich im Laufe der Jahre nur wenig verändert. Gehen wir mal von einem Messer aus.
Ein Metzger kann sich im Discounter ein günstiges Messer kaufen, bei dem der Griff einfach angegossen ist und das aus mittelmässigem Stahl gefertigt ist. Diese Messer kann man auch ohne weiteres einfach mal so mit dem Bandschleifer schärfen. Wenn sie zu weit abgenutzt sind, werden sie weggeworfen.
Er kann in den Haushaltsladen gehen und sich dort ein besseres Messer anschaffen. Die Klinge ist bis in den Griff durchgehend gleich stark, die Griffschalen sind angenietet. Das Messer hat einen besseren Stahl, man kann es ohne Probleme mit ein paar Zügen eines Wetz-Stahles scharf halten. Diese Messer werden so lange benutzt, bis sie bis beinahe zum Rücken durchgeschliffen sind und unsicher werden. Dann wirft man sie weg.
Er kann auch in einen Messerladen gehen, und sich ein Messer aus industriell gefertigtem Damaststahl kaufen. Diese Messer sind schön, langlebig, haben aber bis auf den Stahl die selben Merkmale wie die besseren Haushaltsmesser. Und der ist entscheidend: Das Messer bleibt länger scharf, der Schnitt ist präziser, man arbeitet entspannter und länger, denn man muss nicht so oft abziehen. Diese Messer sind schon recht teuer und halten ein Leben lang.
Er kann einen einheimischen Messerschmied beauftragen, ihm ein Messer nach Seinen Wünschen anzufertigen. Dabei werden von dem Schmied Maschinen eingesetzt, dennoch handelt es sich um ein hochindividuelles Stück Schmiedekunst. Er wird den Stahl mehrfach falten, so dass hunderte von Schichten entstehen, Du hast Mitspracherecht für die Klingenform, kannst Dir das Griffmaterial heraussuchen, u.U. versteinertes Holz oder Mamut-Elfenbein, Dino-Knochen, was es so gibt. Das kostet richtig Geld, wird aber ein Gebrauchsgegenstand bleiben. Dieses Messer ist ebenfalls fürs Leben, hält die Schärfe ewig, Du hast lebenslang Garantie auf das Teil. Es kostet auch ein Stück mehr, aber man kann es sich leisten und wird auch solche Messer wollen, wenn man den Beruf Metzger nicht nur als "Fleischzerteiler" sieht.
Er kann sich aber auch ins Flugzeug setzen und nach Japan fliegen. Dort kann er einen Schmiedemeister aufsuchen und darum bitten, für Wert befunden zu werden, dass ein Messer für Ihn angefertigt wird. Der Meister wird den Stahl aussuchen und wird ihn morgends, exakt bei Sonnenaufgang, erhitzen, da er nur in einem bei Sonnenaufgang nach Westen gelegenen Raum den richtigen Farbton der Glut erkennt. Er wird mit Seinem Gehilfen und verschiedenen Hämmern den Stahl bearbeiten, falten und ausschmieden. Er wird die Form wählen, die seit tausenden von Jahren sich als die Richtige erwiesen hat, und schaut sich die Hände des Kunden genau an, so dass der aus einfachen, aber edlen Materialien gefertigte Griff richtig in der Hand liegt. Wenn das Messer endlich den absolut astronomischen Bedürfnissen des Schmiedes entspricht, kommt es zu einem Meister, der sich auf das Schleifen von Klingen spezialisiert hat. Ohne Schablonen, wie in der Industrie üblich, sondern frei Hand, an einem liegenden Stein, wird er das Messer mit verschiedenen Körnungen so lange schleifen, bis es "eine Wollflocke, die von einem Fluss getragen wird" durchschneidet. Dann nimmt der Schmied das Messer ein letztes Mal in die Hand und stanzt mit feinem Werkzeug sein Zeichen ein.
So ein Messer kostet ein Vermögen. Nur Leute, die das Schneiden wie eine Religion zelebrieren, werden sich so ein Messer kaufen. Sushi-Köche, oder Spitzenköche in einem Drei-Sterne-Restaurant in New York, die das Chateaubriand vor dem Gast tranchieren.
Übertragen auf den Bass heisst das: Jeder kann mit einem Squier oder Ibanez/Yamaha/Samic-Bass spielen. Er hat 4 oder 5 Saiten, einen PU, Stimmvorrichtung, alles, was ein Bass braucht. Es gibt brauchbare Bässe in dieser Preisklasse. Absolut. Viele Leute haben so angefangen. Viele Leute behalten diesen Bass auch, aber wohl eher aus nostalgischen Gründen.
Oder man macht sich mehr Mühe und sucht sich ein wirklich gutes Exemplar aus. Dazu gehört etwas Erfahrung, vielleicht sogar etwas handwerkliches Geschick, und man kann einen gut verarbeiteten günstigen Bass, gut eingestellt, absolut brauchbar spielen. Mit viel Glück kann man hier schon das Instrument fürs Leben finden. Hier finden wir die Squiers, die günstigeren Fender, Sterling by EB, ESP, Yamaha, Ibanez, you name it.
Oder wir gehen in einen Musikladen, teilen dem fachlich kompetenten Verkäufer unsere Vorstellungen mit und lassen uns eine Auswahl von Fenders, Sandbergs, hochpreisige Ibanez, Shadowsky, was weiss ich, vorlegen. Hier haben wir eine grosse Auswahl, und jeder Bass, der uns vorgeführt wird, hat Substanz und eine gewisse Qualität, der wir uns sicher sein können.Wir suchen uns den besten aus und haben ein Instrument fürs Leben - mit etwas Glück. Die Palette ist natürlich weiter, ich zähle auch z.B. Warwick, Musicman, Zon, Lakeland, Carvin und Maruszik-Instrumente dazu. Wenn wir in dieser Klasse ein gutes Instrument finden, haben wir das, was ich als Profi-Instrument bezeichnen möchte - und wir werden in dieser Klasse ein sehr gutes Instrument finden. Das kostet etwas mehr als die Standart-Massen-Stangenware, es sind auch etwas besser verarbeitete Instrumente, aber die Bässe sind bezahlbar, wenn man etwas spart. Oder schon Geld mit der Musik verdient. Bitte nicht beleidigt sein, wenn ich die von einem anderen Member favorisierte Marke nicht genannt habe.
Oder wir gehen zu einem einheimischen Bassbauer. Der hört sich genau an, was wir wollen, sucht mit uns das passende Holz und die anderen Komponenten aus, und baut ein gutes, hochindividuelles Instrument, das auf den Kunden zugeschnitten ist. Das kann ein Workhorse sein, oder etwas edleres, je nach Kundenwunsch / Luthier. Auf alle Fälle wird das Ergebnis gespielt werden, denn jemand, der sich so einen Bass bauen lässt, will ihn auch benutzen.
Carl Thompson, Ken Smith, Ritter, das sind unter einigen Anderen die Namen, die dem "Werkzeug Bass" den religiösen Vibe verleihen, so wie der japanische Schmiedemeister. Man muss einen Anspruch an sich selbst und seine Fähigkeiten als Bassist haben, um solche Bässe zu kaufen. Man muß tief in die Tasche langen, um sich das gönnen zu können. Man macht auch nicht unbedingt Heavy Metal oder Punk mit solch einem Instrument. Diese Instrumente sind für den Künstler im Musiker, der wohl auch auf einem passend eingestellten Instrument der unteren Klasse gut klingt und groovt, aber eben einen anderen Anspruch hat.
Ich sehe die "Kleinen" Bassbauer / Luthier so wie eine Auto-Veredelungsschmiede. Wer mit einem vom Grunde auf guten Wagen ein gutes Stück Individualität einhauchen will, der geht zu EMG und wie sie alle heissen. Wer ein individuelles Workhorse haben will, der lässt sich einen von Kristall, Bassline , Tino Tedesco oder Oli bauen.
Wenn ich mich damit nicht beschäftigen möchte, mich nicht so sehr damit auseinandersetzen will, dann kann ich mir gleich einen Phaeton kaufen, einen Bentley, Mieserotti, was weiss ich. Da werde ich ein Fahrzeug bekommen, dass dem zugegebenermaßen sehr hohen Qualitätsanspruch des Herstellers entspricht. Dieser Anspruch ist so hoch, dass auch ich als Kunde keine Wünsche mehr äussern möchte. Ich meine, wer sich einen Maybach kauft, will keinen Porsche haben. Denn bestimmt hat er schon einen. Jetzt will er einen Wagen, in dem er von einem Chauffeur gefahren wird, um auf dem Weg zur Vorstandssitzung die Unterlagen durchzugehen. Der Kunde hat klare Vorstellungen, zu was er den Wagen benutzen will.
Die "Edelbässe", die ich kenne, waren imho alle aus übertrieben "gutem" Tonholz. Das Holz war schön anzusehen, aber zu hart. Es resonierte nicht richtig und musste durch eine aktive Elektronik unterstützt werden. Ich empfinde meine Instrumente, die ich besitze, alle als gute Instrumente. Im Prinzip sagt das ja jeder von Seinem Bass / Bässen. Das mag mit daran liegen, dass man sich im Laufe der Zeit an gewisse Mucken seines Instruments gewöhnt.
Oder ist jeder Squier hier im Forum eine verkappte Stradivari?
Also, einfache Antwort auf die Thread-Frage:
Ja! Wenn Du den Anspruch hast, dann ganz klar ja. Es liegt nicht am Musiker, sondern an der Herangehensweise.
