Hohes Gericht, werte Jury,
gleich einem Melkschemel fußt meine Argumentation auf drei Füßen (Zitat Dr. Sheldon Cooper, Anm. d. Red.) und ich werde Ihnen schlüssig darlegen, warum der Hauptgewinn an mich gehen muss.
1. Im Gegensatz zu vielen meiner Mitbewerber, denen das Alter scheinbar schwer mitgespielt zu haben scheint, fühle ich mich gesund und könnte auch problemlos noch mit meiner 8x10er Box durch die Lande karren. Genau an diesem Punkt setzt meine Argumentation an: Bei jemandem, der klein, schwächlich oder kränkelnd wirkt, sagt sich der geneigte Betrachter nur voll Mitleid: „Sieh an,... hat auch schon seine besten Jahre hinter sich,... muss er nen kleinen Verstärker und ne kleine Box spielen,... der Ärmste...“. Jeder würde meinen, die Wahl des Amps sei lediglich eine Reaktion auf die widrigen Umstände. Bei mir hingegen würde jeder nur denken: „Wenn sogar dieser Brocken von einem Bassisten, der zweifellos ohne große Mühe seinen Kühlschrank mit auf Tour nehmen könnte, so einen kleinen Verstärker spielt, dann muss dieses Teil ja qualitativ unglaublich gut sein.“ Dies wiederum hätte zur Folge, dass das Interesse sämtlicher Bassisten vor Ort und in naher Zukunft auch weltweit (hierauf wird in Punkt zwei noch näher eingegangen, Anm. d. Red.) – geweckt wäre und diese umgehend Verstärker der Marke Ashdown ordern würden. Schließlich wäre der Ruhm dieser Marke so groß, dass selbst die Foo Fighters, als bisherige Vorzeige-Endorser, devot darum betteln würden, artig ihre Verstärkerchen bezahlen zu dürfen. Auf die pekuniäre Bedeutung dieses Umstandes muss wohl nicht weiter hingewiesen werden.
2. Des Weiteren bin ich der Meinung, dass ihr als „die größte deutschsprachige Bassplattform“ eine Verantwortung für ein aussterbendes Gewerbe habt. Die Prognosen, welche mir auf dem letzten Rummel von der südosteuropäischen Wahrsagerin bezüglich meiner musikalischen Zukunft gemacht wurden, waren sehr vielversprechend. Sie und ihre Kristallkugel waren einhellig der Meinung, dass ich in spätestens fünf Jahren musikmäßig so richtig durchstarten werde und dann unzählige „Jobs“ (wie der Covermucker ja gern sagt, Anm. d. Red.) haben werde. Da ich dann natürlich für jede Club-/Bühnengröße das richtige Equipment benötige um den optimalen Sound zu haben, führt am Ashdown kein Weg vorbei. Sollte ich den Amp nicht gewinnen, wird meine Musikkarriere aller Voraussicht nach nicht wirklich durch die Decke gehen, da meine diffizilen Soundanforderungen nur von einem Ashdown Little Bastard 550 adäquat wiedergegeben werden können. Scheitert also meine Karriere, straft ihr damit oben genannte Wahrsagerin Lügen, was mich wiederum für immer von derartigen Etablissements fernhalten würde und damit der internationalen Vereinigung aller Wahrsager und Medien einen weiteren Kunden entzieht. Dies würde zum weiteren Abstieg dieses Berufszweigs führen und das kann und darf nicht euer Ziel sein!
3. Drittens und letztens lebe ich als alter Pfadfinder selbstverständlich getreu dem Motto: „Jeden Tag eine gute Tat.“ Dass der kleine Amp im Moment zusammen mit der Box so völlig ungeliebt und ungespielt in einem kalten, womöglich unbeleuchteten Lager ausharren muss, rührt mein gutes und großmütiges Herz derartig, dass ich beschlossen habe, den kleinen Bastard zu adoptieren und bei mir aufzunehmen. Hier würde er zusammen mit anderen Verstärkern in einem trockenen, tageslichtbeschienenen und wohl beheizten freundlichen Zimmer artgerecht gehalten. Er hätte dort Umgang mit Gleichartigen, würde regelmäßig gespielt und bekäme von mir als altem Pädagogenfuchs so viel Förderung wie möglich aber auch so viel Freiraum wie nötig. Und wer weiß, vielleicht würde aus dem Little Bastard unter meiner Erziehung und Fürsorge ja eines schönen Tages ein Big Bastard.
Hohes Gericht, werte Jury, nachdem dies nun alles umfassend dargelegt wurde, plädiere ich an Ihr Herz und Ihren Verstand: Zum Wohle aller, geben Sie mir den Amp.
Danke, Amen, Halleluja
