Auf die Bühne um jeden Preis?

Manchmal kam dabei schon der Gedanke auf, irgendwas wäre "falsch" bei mir, da mir bisher Keiner wirklich verständlich machen konnte, warum er/sie so gerne für/vor "Fremden" auftritt. Ich fühle halt diese "Lust" einfach nicht.
Klingt komisch, ist aber so.

das problem hatte ich auch... bis eben.

auftritte waren bisher immer nur dinge, die der bandleader ausgemacht hat und weil ich halt zur band gehöre, hab ich mir den mist halt angetan. früh zum proberaum hecheln, 7358 kabel zusammenräumen, 18 tonnen quatsch drei treppen runterwuchten und in einen smart puzzeln, 80 kilometer an den arsch der welt fahren und in einer hinterwäldlerkneipe den ganzen krempel wieder aufbauen. dann hat man zwei stunden gewartet, während derer man sich bier und drogen verkniffen hat, um alles noch auf die reihe zu bekommen. endlich kommt der spaß: musik machen, was anderes will ich doch gar nicht. also zwei stunden bei beschissenem, weil ungewohntem sound vor drei hanseln den affen gemacht, temposchwankungen kompensiert, vergessene refrains ohne mit der wimper zu zucken überspielt, soli in völlig neuen tonhöhen improvisiert... und dann, immer noch völlig unterhopft, den scheiß wieder ins auto, 7,43 euro aus dem hut gefischt und brüderlich geteilt, zurück zum proberaum, den scheiß wieder die treppen rauf, ab nach hause, um drei uhr nachts noch einen offenen mäckes suchen und diesen wiederlichen fraß runterwürgen, vier uhr morgens schlafen... und sich fragen, warum man sich für zwei stunden offene probe so fertig macht, wo eine normale probe doch vier stunden dauert, ohne schlepperei auskommt und mit reichlich bier und sportzigaretten aufgebohrt ist.

warum ist das scheiße? weils kein konzept hat. ich hab grade so ne kleine doku über den funk gesehen und dabei ist mir aufgefallen: wenn es mehr wäre als einfach nur schon wieder die selben songs spielen... dann wäre es geil. wenn man ein konzept erarbeitet und dann die früchte dieser arbeit präsentiert, dann würde es für mich auch geil sein.

ein mal hatte ich unseren bandleader so weit, ein anderes konzept zu fahren, jamparts zwischen den songs als überleitung zu machen, nur ne dreiviertelstunde, aber wirklich geil. das wollte ich, da hab ich meinen dickschädel durchgesetzt und mich tierisch drauf gefreut... leider hat uns da dann der drummer sitzen lassen und den gig haben wir mit ziemlicher wut im bauch hinimprovisiert.

aber das war der punkt wo spaß hätte passieren können. danke für dieses zusammentreffen aus film und genau der richtigen frage hier, manchmal weckt so etwas doch wieder verborgene dinge in einem.

wenn man kreativ ist, ist die frage doch immer: wofür? male ich ein bild, um es in einer mappe verschwinden zu lassen? im idealfall sollte ich es mir an die wand hängen, weil es mir gefällt. oder es verschenken um einem lieben menschen eine freude zu machen.
wenn man musik macht, ohne irgendwann im sessel zu sitzen und die platte anzuhören oder auf die bühne danit zu gehen, dann ist das doch wie joggen gehen: man reißt jede woche die gleichen zehn kilometer ab, weil es einem gut tut, wie der arzt versichert hat. aber man würde nie bei olympia mitlaufen, vor den ganzen kameras und zuschauern... warum auch? ich geh joggen, mann. ich hab meine feste runde im wald und ob ich jetzt fünf minuten länger brauch oder nicht ist mir wumpe. das ist joggen und nicht leistungssport.
also: wenn ich im proberaum jede woche die gleichen songs runterreiße wie ne schallplatte und dann die gleiche performance auf der bühne bringe, dann ist das joggen gehen. aber nicht kunst oder kreativität.
 
@alice303: Geiler Aufsatz!:cheer:

Und jetzt ab in die nächste Session wo es eine Chance gibt, Gleichgesinnten zu finden. Danach macht die alte Band auch wieder Spaß. Auf die richtige Mischung kommt es an, wie so oft im Leben...
 
@alice303 + @all:
Dein Beitrag unter #223 reizt mich unter verschiedenen von Dir angesprochenen Facetten (aus meiner höchstpersönlichen Sicht) zu antworten:
- warum tue ich mir das als absoluter Hobby-/Amateur-Mukker an, für einen unserer wenigen ca. 4-Stunden-Gigs im nahen Umkreis gleichwohl rund 12 Stunden on the road zu sein, jede Menge Equipment hin und her zu schleppen samt kompletten Abbau (Proberaum), Aufbau bei Gig-Location, anschließendem Abbau und zu guter letzt total müde und geschafft im Proberaum alles halbwegs wieder aufzubauen (wir haben eine Untermietband, die über unsere PA spielen)???
- im Vorfeld noch die notwendige Pressearbeit etc. erledigen....
- mit Sicherheit nicht wegen der "üppigen" Gage!!!

ALSO: ICH für meinen Teilbereich registriere sehr wohl den Unterschied zwischen einer Probe (heutige Probe lief sehr gut und mit deutlich reduzierter (angenehmer) Lautstärke, nachdem wir uns im Proberaum komplett neu positioniert haben und soundmäßig entsprechend neu orientieren mussten und nun "unseren Sound"/angemessene Lautstärke wieder gefunden haben. Manche würden vlt. neudeutsch formulieren: das war eine "saugeile Probe".......

Das ist aber alles schön und gut - aber mir fehlt da etwas, was ich absolut nicht missen möchte! Gelegentliche Gigs mit allem Drum und Dran!

Unser Senior (Drummer/Leadsänger, 72 J.) würde am liebsten überhaupt nicht proben ("ich kann alles, wozu proben????). Zugegebenermaßen macht er tatsächlich (bei Gigs) auch die wenigsten Fehler! Ich kann ihn glücklicherweise doch überzeugen/motivieren, dass wir doch ein paar wenige Proben im Jahr durchführen.

Er gigt ab und zu noch mit seiner früheren Band (die schon seit den frühen Siebzigern besteht); seit mindestens 10 Jahren hat die Band nicht mehr geprobt. Sie spielen nur noch live und haben ihre Fangemeinde. Und es läuft beachtlich!!! Es kommen zwar keine neue Songs dazu, aber sie haben immer noch ein reichliches Repertoire!

Aus dieser erlebten Erfahrung bzw. an der ich teilhaben durfte wird mir ziemlich deutlich, dass man sich im HOBBY-Bereich so ziemlich alles vorstellen kann, was einen "musikalisch befriedigt". Die einen wollen ausschließlich proben und nicht aus dem Proberaum rauskommen, den anderen ist der mit Gigs verbundene Arbeits-/Zeitaufwand zu immens, andere wollen lieber mehr oder ausschließlich giggen und kaum proben, andere möchten gute Homestudioaufnahmen produzieren......
Das muss schon jeder selbst herausfinden, was seine (musikalische) "GLÜCKSEELIGKEIT" vermutlich hervorruft.......... Und das kann sich im Laufe der Jahre (mitunter mehrmals) ändern!!!
 
Zuletzt bearbeitet:
kompletten Abbau (Proberaum), Aufbau bei Gig-Location, anschließendem Abbau und zu guter letzt total müde und geschafft im Proberaum alles halbwegs wieder aufzubauen

Wir haben mit meiner verschiedenen Bands schon ewig eine Anlage für den Proberaum und eine (modulare) Anlage für Auftritte. Ich hätte sonnst längst aufgegeben!
Wir haben lieber Geld dafür ausgegeben als für noch ein weiteres Instrument, das zu Hause an die Wand hängt..
 
Die einen wollen ausschließlich proben und nicht aus dem Proberaum rauskommen, den anderen ist der mit Gigs verbundene Arbeits-/Zeitaufwand zu immens, andere wollen lieber mehr oder ausschließlich giggen und kaum proben, andere möchten gute Homestudioaufnahmen produzieren...

ich will nicht proben. ich will musik machen. und der quotient "musik machen/gesamtaufwand" ist bei ner session oder probe noch am höchsten, bei einem gig am niedrigsten. um einen gig geil finden zu können, muß also richtig was passieren.
adrenalin kommt vor publikum nicht mehr und bedröhnt geh ich im seltensten fall auf die bühne. reichtümer kommen nicht bei rum. die pussy-problematik ist auch nur rock-mythos trotz daß ich der hübscheste in der band bin, zudem bin ich vergeben und das 90% der zeit sogar glücklich...
also warum soll ich auf die bühne? das kickt nur, wenn es etwas besonderes gibt.
 


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