7/4 Takte, krumme Takte, wie empfindet ihr die?

[f_luxus]

Nach den ganzen virtuosen und phantastischen Musikern bringe ich einfach mal einen Kontrast hier rein. Ein Kompositionsversuch von mir, bei dem ich mich an außergewöhnlichen Taktkombinationen versuche. Das Notenprogramm spielt es ein bisschen sehr eckig ab und die Akkorde "kling-klang-klongen" einfach so rein, weil ich keine Ahnung habe und zu faul war, das zu arrangieren:

Das erinnert mich daran dass ich mal mit einem türkischen Sas Spieler türkische Lieder zu spielen. Dashat echt Spaß gemacht, war aber aufgrund der vielen ungraden Takte auch eine echte Herrausforderung. Am Ende blieb mir nur mich an den Melodien zu orientieren.

 

[EADG]

Am Ende blieb mir nur mich an den Melodien zu orientieren

Takt und Melodie bedingen sich doch einander, beziehungsweise entstehen eine aus dem anderen. Melodie ohne Takt oder Takt ohne Melodie erscheint mir sinnlos.

 

[beate]

Melodie ohne Takt oder Takt ohne Melodie erscheint mir sinnlos.

Und was ist mit Minimal Music?

 

[EADG]

Minimal Music musste ich jetzt erstmal nachlesen. Ich kenne Phillip Glass und zum Beispiel seine Filmmusik zu Konaanisquatsi. Wobei ich da eindeutige Melodien und auch Rhythmen erkenne, wenn auch sehr einfach und repetitiv, aber das ist ja auch glaube ich der Sinn, dass die Musik dadurch irgendwie hypnotisch wirkt.

Vieles, was hier vorgestellt wird finde ich anstrengend zu hören, wobei das nicht abwertend gemeint ist, aber ich kann so etwas nicht nebenbei hören, sondern ich muss mich dabei konzentrieren, wenn hören möchte, was die Musiker spielen.

Persönlich höre ich am liebsten Musik, um mich von ihr davontragen zu lassen. Dieses "akademische Hören" kann ich nicht wirklich genießen.

 

[f_luxus]

Und was ist mit Minimal Music?

Die ist ja nicht unbedingt ohne Takt und Melodie. Soundscaping geht da schon eher in die Richtung. Für die Mehrheit ist die sog. "neue Musik" ja auch schwer erträglich.

 

[Gast78085]

Ich mag krumme Takte. Das ist einer der Gründe, warum meine Ex-Band und ich getrennte Wege gehen. Denn der Drummer hat sich - obwohl er es kann - geweigert, was anderes als 4/4 zu spielen. Der eine Gitarrist kam mal mit nem Riff, das sich geweigert hat, in 4/4 zu passen. Ich habs ausgezählt und es waren 5/8. Hätte ich gerne verwendet, aber nein, es mußte unbedingt so lange verbogen werden, bis es in 4/4 gepaßt hat.

Meine momentan einzige Band haben wir bewußt ohne solche Einschränkungen begonnen. Die Songs entstehen beim Jammen. Und welche Taktarten das sind, ergibt sich halt. Manchmal sind sie gerade, manchmal auch nicht.
Unseren Drummer, mit dem ich in einer früheren Band schon zusammen gespielt hatte, konnte ich mit "Hast Du Bock auf krumme Takte und schräge Harmonien? Ich hab da was neues am Start." für die Band begeistern.

 

[Gilberg]

Ich habe bei krummen Takten gemischte Gefühle.
Bei Überleitungen empfinde ich sie oft als genial, weil sie da etwas reibend wirken können und Spannung erzeugen. Als Beispiel fällt mir gerade nur Colosseums "Take me back to Doomsday" ein, wo vorm Refrain 12/8 eingeschoben werden. Und auch nur weil das zum Frühstück lief.
Im Bereich Psychedelic- und Stonerrock wird sich finde ich auch oft songdienlich krummer Takte bedient. Da kann man manchmal richtig schön durch den Song torkeln und fühlt sich trotz der schönen Klänge nie so richtig geborgen - trippy halt.
Albern wird's meiner Meinung nach, wenn das z.B. bei Progrock/Metal zum Sport wird und da absichtlich die Rythmen verbogen werden - einfach weil mans kann.
Sobald ich beim hören oder spielen den kompletten Song mitzählen muss um ihn zu raffen, vergeht mir der Spaß, aber ein komplettes Konzert in 4/4 halte ich auch nicht aus.

 

[EADG]

wenn das z.B. bei Progrock/Metal zum Sport wird

Jepp! Ich kann mit Metal nicht viel anfangen, weil ich oft den Eindruck habe, dass die Musik zum Sport wird.

einfach weil mans kann

Furchtbar! Ob bei Jazz oder Metal oder sonstwo.

Sobald ich beim hören oder spielen den kompletten Song mitzählen muss um ihn zu raffen, vergeht mir der Spaß, aber ein komplettes Konzert in 4/4 halte ich auch nicht aus.

Ich stehe ja drauf, wenn die vertrackten Takte ganz harmlos daherkommen und kein Schild "ACHTUNG JETZT WIRD ES ANSPRUCHSVOLL" auf der Stirn kleben haben.

Aber ein Komplettes Konzert in 4/4 geht schon, kommt auf die Musik an.

 

[Gilberg]

wenn die vertrackten Takte ganz harmlos daherkommen

und man irgendwann denkt, hier stimmt doch irgendwas nicht

 

[Freak on Bass]

und man irgendwann denkt, hier stimmt doch irgendwas nicht

Wenn das der Fall ist, hat der Komponist alles richtig gemacht.
Du findest nen Song geil, aber du merkt irgendwas ist anders an dem Rhythmus...zählst nach...ah das ist ja n 5/4 Takt...geil

 

[Gilberg]

Das macht's in der Umsetzung umso schwieriger. Ich habe mich am Wochenende mit einer potentiellen Mitmusikerin getroffen und es hat direkt "gefunkt". Wir haben einen Text von ihr dierekt in Songstruktur gepackt. Wegen des Themas -ungewollt verliebt sein und nur noch daran zu denken - schrie es geradezu nach Rastlosigkeit und danach, an einer Stelle zwei Beats wegzulassen. Ich glaube, das fühlt man an der Stelle auch irgendwie intuitiv und es fiele den Zuhörenden gar nicht auf aber wenn der innere Clicktrack erstmal auf 4/4 eingehakt ist, ist das total schwierig. Gerade, wenn's heißt, du sollst mitsingen.
@EADG hat ja schon geschrieben, dass er das mit "inneren Tänzen" bewältigt. Ich denke mir bei sowas stumme Worte um die Schläge bis zur nächsten 1 abzupassen.
Gibt's da noch andere Strategien? Rythmen und Taktwechsel sind meine Achillesferse und dann heißt es meist durchexerzieren, bis zum Rückwärtsessen...

 

[Gast78085]

Hier noch was zum Thema, das mir der YT Algorithmus grad emfohlen hat:

 

[EggHead]

Wenn's groovt und man nicht sofort merkt, dass da "was anders" ist finde ich das großes Kino. Schönes Besipiel: Basslinie von Pink Floyd's "Money". Man macht sich keine Gedanken, ob das jetzt grade oder krumm oder sonstwie mathematisch komplex ist - es groovt auf ne coole Art und Weise und das hat absolut was. Wenn ich sowas spiele und nicht mehr mitzählen muss - Ziel erreicht
Hier noch ein klasse Video zum Thema vom großartigen Herrn Greb

 

[Cadfael]

Ich hatte mal ein Songbuch von Kate Bush.
Wuthering Heights besteht zwar aus 2/4, 3/4, 4/4 Takten, aber die wechseln so oft und schnell, dass das "alles sein kann".
Zählt mal mit...



Und da fällt mir noch "White Room" ein. Ich habe unserem damaligen Drummer versucht zu erklären, dass das Intro ein 5/4 Takt ist, der beim letzten Schlag in einen 4/4 Takt über geht. Leider war ich nicht erfolgreich...

 

[alice d.]

Ich zähl einfach bis vier und dann flieg ich raus.

Das Leben kann so einfach sein.

 

[Gast78085]

Kannst auch bis 7 zählen. Dann biste den anderen schon ein Stück voraus.

 

[EADG]

Hier noch was zum Thema, das mir der YT Algorithmus grad emfohlen hat:

Interessant: "I still dont't feel that" sagt der drummer... Mir gings ja darum, wie man diese Takte empfindet. Für mich ist das 4/4 + 3/4 also ebenfalls dieser "eine Viertel zu früh- Effekt"

Edit: Die Nummer hat aber "ich bin ein ungerader Takt" auf der Stirn stehen.

 

[EADG]

Wuthering Heights

ist eine so wunderbare Nummer, dass ich noch nie darauf gekommen bin mitzuzählen, obwohl es mir immer klar war, dass das kein gerades Stück sein kann.

 

[EADG]

Ich zähl einfach bis vier und dann flieg ich raus.

Das Leben kann so einfach sein.

Rausfliegen oder Abheben. Das ist hier die Frage.

 

[whitewater]

Ich würde das nicht so dogmatisch sehen, bzw. vom Stück abhängig machen. Auch "gerade" Takte können ja in Teile zerfallen.
Stell Dir einen Rythmus aus zwei punktierten und einer normalen viertel vor. Hört sich an, wie zwei dreier und ein zweier. Ist aber ein strunznormaler vierer. Oder doch schief? Oder dieses Teil tada tada tada takeda ...also 2,2,2,3 achtel. Ist das ein stumpfer triolischer 3viertel?
Dagegen ist Money doch ein fliessender gerader Takt. Und bei all you need is love..musste ich jetzt erstmal nachschlagen, was da krumm sein soll, würde aber peinlicherweise zugeben müssen, daß ich die 3er verlängert hätte, wenn ichs jetzt aus dem Kopf hätte spielen müssen.