Zu verkopft, und nun?

hallo geosammler,
wie im thread schon erwähnt: jammen ist eine gute möglichkeit, den auf kontrolle bedachte verstand auszutricksen. zum einen wegen des andauerndem überaschungselementes und zum anderen wegen des erleichterndem gefühls, nix "falsch" zu machen, da es ja keine vorgabe gibt und man sich selber darum weniger "perfektion" schuldet.

die tibeter haben da auch ein interessante meditationsmethode zum einschläfern des allzu häufig kommentierenden und bewertenden verstandes: die überlastung desselben durch fokussierung auf ein große anzahl äußerer signale sowie sonstiger wahrnehmungen solange, bis der ram-speicher sozusagen überlläuft, der verstand aussteigt und damit platz macht für das erleben des "jetzt" - wo das göttliche (und der groove) wohnt, wie manche sagen.

eine passende praxisübung dazu ist, eine (anfangs eher schlichte) drumsequenz laufen zu lassen, dazu zu bassen und gleichzeitig durch den raum zu spazieren, den blick schweifen lassen, mal nachsehen ob staubwischen mal wieder angesagt ist, aus dem fenster gucken was da draußen so abgeht, sogar glotze gucken funktioniert und was gibts eigentlich zum abendessen.... und der ablenkungen mehr. einzige regel: dabei immer weiterspielen, einfach geschehen lassen und nur gelegentlich mal reinhören was da am bass eigentlich bassiert. ich habs probiert. es macht spaß und führt zu interessanten ergebnissen und gefühlslagen!
 
LaFaro schrieb:
So lange die "interessanten Gefühlslagen" nicht zu einer Zerstörung von Instrument und/oder Equipment führen, ist das ein weiterer Ansatz...;-) das ganze aufnehmen wäre vielleicht mal interessant...:o):II
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...das stimmt! aber halt nur wenn das wissen um die aufnahme, den "externen zeugen" nicht wieder den verstand als kontrolleur scharfschaltet - und schon wär das "jetzt" als hilfreiche voraussetzung für groove und microtiming wieder futsch. dann am besten sich selber heimlich aufnehmen :-)

lieber verstand! ich schätze dich als wertvollen mitarbeiter aber nicht als alleinherrscher.
darum entspanne dich und geh auch mal raus zum spielen - ist schönes wetter!

1) musik spielen
2) dann mit der musik rumspielen
oder umgekehrt...
 
Moin! Sorry, bin etwas "late to the party", aber ich möchte auch noch meinen Senf dazugeben:-) - die Ursprungsthese war ja, dass man zu verkopft rangeht - da hilft mir immer der Gedanke an Victor Wooten - seine Philosophie ist ja stark vereinfacht gesagt, sich seinen kindlichen Geist zu bewahren - d.h. es einfach zu tun, anstatt sich groß theoretisch Gedanken zu machen (kein Kind hatte einen Sprachlehrer, sondern hat das Sprechen durchs "Machen" gelernt, durch das Interagieren mit den "Großen") - das heißt konkret auch den Spieltrieb mal kindlich-naiv über die Theorie zu stellen und es laufen zu lassen. Was mir dann noch weiterhilft ist das Hören auf die innere Stimme, vor-sich-hin-summen und das am Bass nachzuspielen (wenn es gut klappt, auch ohne zeitliche Verzögerung).
Um das Thema Groove in den Griff zu bekommen, stelle ich das Metronom so (langsam) ein, dass es vom Feeling so klickt, wie eine Snare-Drum auf 2 und 4 - das ist ein absoluter Gamechanger! Man bekommt dadurch wirklich ein Gefühl für Groove. Übrigens kann ich Euch auch das Buch von Benny Greb ans Herz legen (leider in englisch - effective practicing vor musicians) - da steigt er wirklich super in diese ganzen Themen ein, die uns als Musiker beschäftigen (es würde den Rahmen sprengen, den Inhalt hier wiederzugeben, aber wer Lust hat, kann ja mal googlen - Greb ist einer der profiliertesten Schlagzeuger, der es auch versteht, wahnsinnig lehrreich über Musik zu sprechen - das Buch richtet sich explizit an alle Musiker).
 
Zuletzt bearbeitet:
LowEnd77 schrieb:
das Metronom so (langsam) ein, dass es...........so klickt, wie eine Snare-Drum auf 2 und 4
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Das ist die beste Methode. So penibel arbeiten aber nur sehr wenige Amateure - leider.

Ich habe diverse Musiker kennengelernt, die empfinden das Spielen mit Klick als Zumutung, als Beeinträchtigung ihres künstlerischen Tatendranges.

DT
 
DeepThroat schrieb:
Ich habe diverse Musiker kennengelernt, die empfinden das Spielen mit Klick als Zumutung, als Beeinträchtigung ihres künstlerischen Tatendranges.
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..."Kreativität" ist keine Frage von "Taktgefühl"... - ...und Schwankungen im Tempo sind sicherlich auch tagesformabhängig, nur: ...durch "Üben" kann man das stabilisieren (ich bin übrigens mein eigenes Metronom - aber auch nicht gänzlich fehlerbefreit)...

Allerdings ist bei Studioaufnahmen, gerade, wenn unterschiedliche Instrumente eben nicht zeitgleich aufgenommen werden, ein "Klick" sicher unentbehrlich... - ..."Live mit Klick" hatte ich auch schon, aber nach meinem Empfinden dämpft das dann doch die Atmosphäre schon erheblich...my2cents...

P.:-):bier:
 
DeepThroat schrieb:
Ich habe diverse Musiker kennengelernt, die empfinden das Spielen mit Klick als Zumutung, als Beeinträchtigung ihres künstlerischen Tatendranges.
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Interessanterweise haben es solche Kollegen meist auch nicht geschafft, mich auf andere Weise mit ihrer herausragenden Musikalität und Kreativität zu beeindrucken 😉

Ob es DEN Königsweg gibt, wage ich zu bezweifeln. Es gibt intuitive ebenso wie analytisch-verkopfte Musiker, die toll musizieren. Nur kann nicht jeder jeden Weg optimal beschreiten.

Wo ich mich zu 100% anschließe, ist die Aussage, am besten lernt man das richtige Feeling in einer Band. Andere Musiker haben an der einen oder anderen Stelle vielleicht das bessere Gespür und lassen dich wissen, was sich an welcher Stelle gut oder weniger gut anfühlt. Du "substituierst" dein weniger ausgeprägtes Gefühl durch das Gefühl der Mitmusiker, lernst dabei aber im Ergebnis auch, wo's langgeht.
 
DeepThroat schrieb:
ch habe diverse Musiker kennengelernt, die empfinden das Spielen mit Klick als Zumutung, als Beeinträchtigung ihres künstlerischen Tatendranges.
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Was?? Aber ein Drummer sollte auch als Kind in einen Zaubertrank mit Metronomen gefallen sein... Ein Metronom ist doch nur ein sehr fauler aufs wesentliche reduzierter Drummer :-)
Spontan würde ich meinen, dass diese Musiker sich es einfach gut reden wollen, dass sie einfach ein scheiß Timing haben. Wenn ich was nicht kann, wirds zu Kunst. ;-)
Schade dass 99% aller Bassparts/Gigs eine Rolle des Bassisten etwaaas anders sehen.
 
fernandes schrieb:
Es ist wie es ist, entweder man hat es oder nicht, lernen kann man es nicht. Viele Afrikaner haben es im Blut, wir Langnasen tun uns da schwer.
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Das ist, mit Verlaub, Blödsinn. Viele Afrikaner kommen aus Kulturen, die von Musik mit anspruchsvollen Rhythmen geprägt ist und wo der Tanz ein fixer Bestandteil des Alltags ist. Das Rhythmusgefühl liegt nicht im Blut, das wurde von frühester Kindheit an gelernt. Genauso kannst du es auch mit weniger Pigmenten in der Haut lernen, einen geilen Groove zu liefern. Der eine schneller, der andere langsamer. Wenn deine Eltern daheim natürlich nur Volks-, und Marschmusik sowie Klassik gehört haben und du erst in der Pubertät den Funk entdeckt hast, bist du mit der Entwicklung deines Grooves natürlich 10-15 Jahre hinter einem, der mit Acid Jazz oder westafrikanischer Polyrhythmik aufgewachsen ist.
 

Demoaufnahmen im Studio mit meiner damaligen (wirklich guten) Soulband:

Nach einer halben Stunde mit Klick war der Drummer komplett genervt, weil es permanent aus dem Ruder lief :stars:

Dann weiter ohne Klick - es sind super Aufnahmen geworden :nix:
Die Aufnahmen liefen erst nach dem 16 Takt leicht raus.... was Soll's?
Das Feeling der Band war da, Und DAS ist meiner Meinung nach die Hauptsache.
Ok, der Drummer war schon Klasse (Spitzname Machine). Und kein Mensch hat was von Timingschwankungen gemerkt...

Ich lehne mich gerne an einen guten Drummer an, und manchmal habe ich den Eindruck, das ein Klick das Gemeinsame Feeling negativ beeinflusst . :gruebel:
Das gilt vielleicht nicht für Vollprofis aber für den guten Hobbyisten könnte man mal darüber nachdenken...
 
Ich bin ein ewiger Anfänger und gehe oft zu verkopft an die Sache ran, weil sich vieles noch nicht verfestigt hat. Eine schöne Übung, die mir gegen die Verkopftheit hilft, ist nur eine Note zu spielen. Klingt langweilig, aber man entwickelt ein Gespür für Rhythmus und ist am Ende des Tages erstaunt was alles nur mit einer Note möglich ist.
 
ganje schrieb:
Ich bin ein ewiger Anfänger und gehe oft zu verkopft an die Sache ran, weil sich vieles noch nicht verfestigt hat. Eine schöne Übung, die mir gegen die Verkopftheit hilft, ist nur eine Note zu spielen. Klingt langweilig, aber man entwickelt ein Gespür für Rhythmus und ist am Ende des Tages erstaunt was alles nur mit einer Note möglich ist.
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Exakt, schau dir mal "Modern Reading Text in 4/4" von Louis Bellson an. Ich habe noch nie so viele E in einem Buch gesehen (es ist die einzige Note, die vorkommt).
 
Zwei Anmerkungen:
1) Groove ist nicht gleich Groove.
2) es fängt beim Hören an

zu 1)
Es macht einen himmelweiten Unterschied, welche Stilistik man spielen möchte. Der Groove von 70er Funk ist ein anderer als der einer 00er Nu Metal Band als der einer 2020er SingerSongerWriterin. Zwischen diesen Welten zu wandern ist spannend aber sicherlich nicht einfach.

Zu 2)
Garbage in, garbage out. Man kann etwas nur überzeugend spielen (OUT), wenn man es auch als Hörer absorbiert hat (IN). Hier gilt wie überall in der Musik: Wiederholung rulez.
 
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