Kurz gesagt: Ich habe auf den Zirkus keine Lust mehr. Heute war es eine Ausnahme, war früh zu Ende. Aber das Gerödel und spät Heimkommen... Nö, ich steige aus...
Aus 45 Jahren Band- und Auftrittserfahrung sage ich: hälst Du nicht durch. Mach mal ein Auszeit, u.U. auch für länger, aber irgendwann packt's Dich wieder.
Kann man denn nicht Musikmachen, Band und live giggen voneinander trennen? Mich stört immer dieses Absolute. "Ich hör jetzt auf!" "Boah, verkauf bloß deinen Krempel nicht!"
Für meinen Teil z.B. kann ich jedenfalls behaupten, dass Livegigs mich ganz sicher nicht mehr mehr packen werden.
Hab jetzt auch 40 Jahre Erfahrung abseits, vor, auf und hinter der Bühne. Alleine zuhause rumdudeln, Studio, Proberaum, Sessions, sporadische Livegigs, Tour, seine Kunst, sich selbst präsentieren oder Prostitution als hired gun,...das sind für mich alles völlig unterschiedliche Konzepte. Und da ist die Motivation jeweils unterschiedlich stark ausgeprägt. Und nur weil man keinen Bock mehr auf ne feste Band oder giggen hat, heißt das doch nicht, dass man Musik komplett drangibt, seinen Krempel verbimmelt und ins Kloster geht.
Live giggen fand ich ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr wirklich prickelnd. Und ich hab früh angefangen. Mit 12 schon die ersten Gigs, stadtbekannte Teenieband, später in Abibands div. Jahrgänge, dann div. Bands mit eigenem oder gecovertem Material. Privatfeiern, Stadtfeste, noch später dann kleine Touren oder regelmäßige Weekendgigs. Rock'n Roll, New Wave, Blues, Country, Funk, Cover oder Eigenes,...Der Arbeitsaufwand, Schlepperei, Gurkerei usw ging mir dabei schon immer auf den Keks, weil der Aufwand meist in schlechter Relation zu den 1-2 Stündchen Spaß auf der Bühne oder oft in noch schlechterer Relation zur erzielten Gage stand. In ganz jungen Jahren wars noch geil, da hat man gerne geschleppt. Alles war neu, man hatte zumindest in seinem und angrenzenden Jahrgängen einen gewissen lokalen Bekanntheitsgrad, die Mädels haben einen angeschmachtet, geile Zeit
. Welcher (post)pubertierende Halbstarke fände das nicht geil? Man war jung, hat noch davon geträumt Rockstar zu werden und brauchte kein Geld.
Heute brauche ich das überhaupt nicht mehr. Ich brauche keine Bestätigung, keinen Applaus und auch kein Publikum mehr, das mir sagt, wie geil meine Mucke oder Sound ist. Ich mache Mucke für mich, gerne mit anderen, aber nicht für andere. Mucke machen ist für mich Ausgleich, Meditation, Konzentration, treffen mit Kumpels. Von daher schleppe ich meinen Krempel gerne zu Sessions, weil mich da evtl. neues erwartet, oder ins Studio, weil man dort kreativ sein kann und später ein Produkt hat. Schleppe aber ungern zu Gigs auf irgendwelchen "Laufkundschaft"-Stadtfesten, Privatfeiern, Kneipengigs oder Festivals mit 20 Minuten Slot. Brauche ich alles schon lange nicht mehr. Und zum reinen Geldverdienen sitze ich lieber festangestellt mit netten Kollegen 9to5 im Büro, als mir Livestress anzutun.
Niemals aber würde ich den Bass komplett an den Nagel hängen! Unmöglich, da dürfte man mir vermutlich eher ein Ei abschneiden, als dass ich das Bassen drangäbe. Spiele täglich für mich zuhause, jamme wöchentlich. Bin wie viele hier gear nerd. Und Studio fand ich immer geil.
Kenne aber auch Kollegen, bei denen das komplett anders gewichtet ist. Die am liebsten nur giggen würden, am besten ohne die regelmäßig nervenden Proben. Und die Studiojobs hassen, weil sie lieber live die Sau rauslassen und den Song voller Energie runterrotzen, als aufm Hocker in irgendeiner tageslichtfreien, muffigen Regie Take 27 perfekt einzudübeln.
Was ich sagen will: Eigene Erfahrungen und Vorlieben müssen nicht immer auf andere übertragbar sein. Und es mag sogar Menschen geben, die die Musik komplett drangeben und dem keine Träne nachweinen. Die all ihr Zeug verbimmeln und nicht zurückschauen.
