Sex & Drugs & Rock'n Roll

[EADG]

Okay, ich habe den reißerischen Titel gewählt, damit möglichst viele hier reinlesen. Eigentlich wollte ich Sex & Drugs & Rock'n Roll schreiben weil viele hier ja über 50 sind. Falsch gelacht jetzt. Ich meine damit, dass man mit 50 über Sex alles weiß, was man wissen sollte. Die Drugs möchte ich vielleicht auf legale Drogen beschränken, damit die Diskussion nicht in den Katakomben landet. Man muss immer dran denken: Es lesen ja auch Kinder mit.

Angeregt vom thread "wo stellt ihr eure Getränke ab" und einigen Beiträgen in meinem Senf mache ich mir gerade Gedanken um Musizieren und Alkoholkonsum. Ich möchte um Gottes Willen Alkohol nicht verharmlosen. Ich kenne mehrere (zum Glück) trockene Alkoholiker. Ich möchte aber auch nicht auf die "Ich lass jetzt alles bleiben, was meinen Körper schadet"-Schiene aufspringen. Drogen gehören zur menschlichen Kultur seit sehr langer Zeit dazu und werden genau wie die Musik benutzt, um Bewusstseinszustände zu ändern.

Ich beobachte in meinem Umfeld und hier dabei verschiedene Ansichten.

Auf der einen Seite die "Ich will feiern"-Fraktion, die Musik und Alkohol benutzen, um -ich sag mal ganz einfach- Party zu machen.

Auf der anderen Seite die Musiker, die sagen "unter Alkoholeinfluss kann ich das, was ich da spielen soll, nicht mehr spielen. Deshalb lasse ich es bleiben."

Beide Ansichten haben ihre Berechtigung, finde ich. Ich denke als Berufsmusiker bei den Berliner Philharmonikern ist es ein Kündigungsgrund, wenn man falsch spielt, weil man besoffen ist. Genau so wie bei der HR3 Big Band oder der Bordkapelle auf dem Traumschiff.

Auf der anderen Seite haben sehr viele großartige Jazzmusiker exzessiven Umgang mit Rauschmitteln gehabt. Das hat sich in der Rockmusik fortgeführt. Beim Reggae wird Rauschmittelkonsum in gewisser Weise sogar überhöht. Gesund ist das natürlich nicht. Aber bei einem Gig, bei dem getrunken und geraucht werden kann, fühle ich mich persönlich wohler, als auf einer Veranstaltung bei der ich mir vorkomme wie in einer frisch gelüfteten Instensivstation.

Ich spiele ja auch nicht als Berufsmusiker. Das ist vielleicht der Unterschied. Für mich ist Musik Freizeitvergnügen. Wer mir da mein Bier verbieten will, stößt auf Widerstand. Natürlich ist es immer eine Abwägung. Ich will mich nicht blamieren und halte den Konsum beim Gig in Grenzen, wobei ich je nach Anlass auch noch mal differenziere. Es gibt Gigs, nach denen ich kein Auto mehr fahre.

Ich habe den Eindruck, dass es aber auch viele Musikerinnen und Musiker gibt, die ihre Musik sehr ernst nehmen und einen sportlichen Ehrgeiz an den Tag legen, anspruchsvolle Musik in möglichst guter Qualität zu spielen. Da passt Alkohol nicht wirklich hin.

Für mich ist Musik in erster Linie Party und kein Sport. Ich sehe das nicht so ernst. Man kann ruhig mal einen falschen Ton spielen, auch unter Rauschmitteleinfluss. Man muss nur wissen, wann man aufhören sollte. Entweder mit der Musik oder den Rauschmitteln.


PS: Ich habe gerade nochmal über die falschen Töne nachgedacht. Wenn einer rhythmisch daneben liegt, bin ich wesentlich intoleranter. Komisch, oder?

 

[allerbässt]

Als Instrumentalist mag das alles leicht(!) angeschiggert noch gehen.
Nur als SängerIn gehts definitiv nicht.

 

[EADG]

Ich poste hier mal die beiden:



Da kann man nicht sagen, dass die Performance gelitten hat. Beide haben ihren Alkoholkonsum aber mit dem Leben bezahlt, genauso wie Jimi Hendrix. Gibt es ein besseres Argument gegen Alkoholkonsum?

Bei den genannten handelt es sich aber um absolute Ausnahmen. Sowohl was die Musik angeht, als auch den Konsum. Wobei man nicht vergessen darf, dass die vielleicht 3 oder 4 Gigs in der Woche hatten, über Jahre. Da bekommt man schlechte Angewohnheiten, weil auch das soziale Umfeld fehlt.

Ich habe zum Glück in jungen Jahren keine Welttourneen gemacht. Könnte gut sein, dass ich nicht mehr am Leben wäre.

 

[Slidemaster Dee]

Ich hab keinen Bock mehr, Bands zu sehen, die rotzvoll sind. Und deshalb möchte ich meinem Publikum auch nicht mehr zumuten, mich rotzvoll zu sehen.

 

[EADG]

Ich hab keinen Bock mehr, Bands zu sehen, die rotzvoll sind. Und deshalb möchte ich meinem Publikum auch nicht mehr zumuten, mich rotzvoll zu sehen.

Aber zwischen rotzvoll und ausschießlich Wasser vor und während des Gigs gibt es ja noch Abstufungen.

Es muss dem Publikum zuzumuten sein. Wenn eine Band voll ist und das Publikum nüchtern, stimmt was mit dem Ying und Yang nicht. Ich finde, es geht darum, sich nicht zu blamieren. Aber Exzesse können auch Spaß machen. Das ist eigentlich gar nicht so einfach, so richtig gemeinsam mit dem Publikum eine Party steigen zu lassen. Ich gebe zu: Es funktioniert nüchterner eher als betrunkener. Ich spreche dabei nicht von einem Vollrausch, bei dem man die A-Saite nicht mehr findet.

 

[claudio]

Ciao @EADG

mir stellt sich die Frage oft nicht (mehr), da ich seit einem Erlebnis im Jahre 1995 aus Prinzip mit 0.0 Auto fahre und an Gigs sehr oft mit dem Auto unterwegs bin. Aber wenn ich nicht fahren muss, was zwar selten vorkommt, dann genehmige ich mir zum Essen gerne ein Bier oder ein Glas Wein, passe aber auf, solange ich noch musizieren soll, dass mein Pegel tief genug ist dass ich nicht beeinträchtigt bin. Wenn ich übernachten kann, dann trinke ich aber gerne in Gesellschaft - nach dem Musizieren.

Gruss
claudio

 

[MauMau]

Es muss dem Publikum zuzumuten sein. Wenn eine Band voll ist und das Publikum nüchtern, stimmt was mit dem Ying und Yang nicht.

Seh ich auch so. Oder, um mit dem Motto einer von mir hochgeschätzten Bänd zu sprechen: "The more you drink, the better we are!"
Der Bassist dieser Combo spielt einige Lichtjahre über meinem Können. Bei einem Gig hat er bei einem Song den Refrain nur mit Hammer-ons gespielt und währenddessen mit der rechten eine Halbe ge-ext...!
...und alles mördertight bis zum letzten Ton!

 

[EADG]

Ich weiß, dass ich mich dabei im Reich der Unvernunft befinde. Ich schildere mal eine kleine Begebenheit. Bei nem Gig in Koblenz hat nach uns eine ziemlich gute ziemlich junge Band gespielt, der das Publikum aus der Hand gefressen hat. Ein Besucher reichte dem Gitarristen eine Flasche Bier, die der geext hat und darauf mit der leeren Flasche ein Bottleneck, oder besser Bottlesolo auf seiner Gitarre gespielt hat. Der Saal hat gekocht. Ich war hin und weg... und vielleicht auch ein bisschen traurig, weil ich gespürt habe, dass ich zu alt für so was bin. Ich glaube, so richtige schöne Exzesse gehen nur weit unter 30. Dabei fallen mir gerade meine trockenen Alkoholikerfreunde ein und die, die nicht mehr leben. Unbefangene Exzesse gehen irgendwann einfach nicht mehr.

 

[triona]

Man muss immer dran denken: Es lesen ja auch Kinder mit.

Die kennen wahrscheinlich mehr Drogen als wir Alten.

Man muss nur wissen, wann man aufhören sollte. Entweder mit der Musik oder den Rauschmitteln.

Das ist wohl der Knackpunkt.

PS: Ich habe gerade nochmal über die falschen Töne nachgedacht. Wenn einer rhythmisch daneben liegt, bin ich wesentlich intoleranter. Komisch, oder?

Meine Begründung, aufgrund von allgemeiner Erfahrung, sowohl als Musikerin, als auch als Zuhörerin:

Einen falschen Ton hört man oft nicht gleich. Und wenn doch, dann hat man ihm meist bald wieder vergessen, wenn es denn nicht dauernd vorkommt, und wenn es sich nicht gerade um sehr krasse Mißtöne an hervorgehobener Stelle handelt (*).

Wenn aber eine oder einer neben dem Rhythmus liegt - oder mehrere oder alle womöglich noch in unterschiedlicher Weise, dann kann das die Grundlagen eines Musikstücks zerstören. Da stolpert man dann - nicht nur beim Tanzen, sondern auch schon beim bloßen Zuhören.


*) Hier ein Beispiel, was ich damit meine:
Bei einem Konzert des Erzgebirgischen Sinfonieorchesters in Aue - es war ein Stück von Mozart, also nichts, wo große Dissonanzen vorkommen. Da kam eine Stelle vor, wo die Querflöten praktisch alleine und ziemlich laut einen Höhepunkt spielen mußten. (Ich glaube, das könnte sogar ein Akkord gewesen sein.)

Und ausgerechnet an dieser Stelle haben sich alle 3 ganz fürchterlich verpfiffen. Ich glaube, ich war da nicht die Einzige, die da zusammen gezuckt ist. Und die Damen werden sich wahrscheinlich furchtbar dafür geschämt haben.


liebe grüße
triona

 

[EADG]

Wenn aber eine oder einer neben dem Rhythmus liegt - oder mehrere oder alle womöglich noch in unterschiedlicher Weise, dann kann das die Grundlagen eines Musikstücks zerstören.

Stimmt. Doch keine komische Intoleranz meinerseits. Danke für die Erklärung

 

[triona]

Ein Besucher reichte dem Gitarristen eine Flasche Bier, die der geext hat und darauf mit der leeren Flasche ein Bottleneck, oder besser Bottlesolo auf seiner Gitarre gespielt hat.

Der hatte sein Solo dann aber auch schon fertig gespielt, bevor die Wirkung Wirkung des Alkohols einsetzte.


Ein Gegenbeispiel, das ein Bekannter von mir in diesem Zusammenhang öfters wiedergibt - ich war da selber nicht dabei:

William Clarke, ein Ausnahme-Mundharmonikaspieler des Blues, aus USA und seinerzeit nur selten in Europa auf der Bühne. Er war bekanntermaßen ein schwerer Alkoholiker. Mittlerweile ist er verstorben an den Folgen seines übermäßigen Alkoholverzehrs.

Bei seinem letzten Konzert in DE (bei einem Festival) vor seinem Tod war er schon vor dem Auftritt so zu, daß die Veranstalter nach wenigen Stücken das Konzert abbrechen mußten, weil das nicht mehr zumutbar war, was da geboten wurde. Das war dann eine große Enttäuschung für die Anhänger.


liebe grüße
triona

 

[EADG]

Bei seinem letzten Konzert in DE (bei einem Festival) vor seinem Tod war er schon vor dem Auftritt so zu, daß die Veranstalter nach wenigen Stücken das Konzert abbrechen mußten, weil das nicht mehr zumutbar war, was da geboten wurde. Das war dann eine große Enttäuschung für die Anhänger.

Ich mochte die Pogues und Shane McGowan immer sehr. Shane McGowan gehört zu meinen liebsten Songschreibern. Aber ich habe damals auch Konzerte gesehen, bei denen Shane irgendwann hilflos auf dem Schlagzeugpodest gesessen hat und Spider Stacy hat den Gesangspart übernommen. Wenn ich mir manche Interviews auf youtube anschaue, tut es mir sehr leid um ihn. Ich will und kann da kein Urteil fällen. Ich habe in meinem Senf mal geschrieben, dass es eher die Sensiblen sind, die in der Welt nicht gut klar- und durch Drogen umkommen.

 

[triona]

Harald Juhnke in seinen letzten Jahren ist ein weiteres abschreckendes Beispiel.

 

[FFMBasser]

PS: Ich habe gerade nochmal über die falschen Töne nachgedacht. Wenn einer rhythmisch daneben liegt, bin ich wesentlich intoleranter. Komisch, oder?

Ich glaube es war Victor Wooten, kann aber auch jemand anderes gewesen sein, der in einen Video gesagt hat dass wir generell darauf anders Reagieren. Solange der Rhythmus läuft stören falsche Töne sehr wenig. Wenn der Rhythmus auseinanderfällt helfen auch keine "richtigen" Noten, das merkt jedes Kind sofort.

 

[win311]

praktisch alleine und ziemlich laut einen Höhepunkt spielen mußten.

Mozart? War das nicht in Harry & Sally

Das was ich am Bass spielen kann, geht nur bis zum 2. Bier. Trinke ich weiter kommen deutlich hörbare Fehler...
...Schade eigentlich, Musik und Bier gehören für mich irgendwie zusammen. Im Proberaum trinken wir aber nur alkoholfreies weil jeder hinterher noch fahren muss.

 

[@RT]

Vor Auftritten mach ich sehr langsam mit Alkohol. Vielleicht ein Bierchen für den Geschmack, zum locker werden aber das war's.

Bei unserem Keller-Festival letztes Wochenende hab ich auch noch die anderen Bands gemischt. Da bleib ich lieber klar im Kopp.
Da geht's dann in erster Linie um meinen Anspruch an mich selbst das möglichst gut zu machen.

Danach, bei der Open Mic Night hieß es dann aber " hoch die Tassen".

Da waren dann aber auch fast alle knülle.
Party halt, da geht das schon.

 

[Chuck]

Bei unserem Keller-Festival letztes Wochenende hab ich auch noch die anderen Bands gemischt. Da bleib ich lieber klar im Kopp.
Da geht's dann in erster Linie um meinen Anspruch an mich selbst das möglichst gut zu machen.

Da muß ich wieder an den "Mixer" denken, den ich mal erlebt hab. Das war im Harz, wo wir einen Urlaub in Verbindung mit einem Familientreffen gemacht hatten. Geboten wurde ein "Großer Heimatabend" mit Musik, Gesang, Trachten etc. Diesem Herrn war langweilig und er ließ sich von der Dorfjugend mit Bier beliefern. Als die Veranstaltung lief blieb das Mikrofon während eines Solovortrags stumm. Erst als das Lied fast zu Ende war hat mans ihm gesagt und er hat den Regler hochgeschoben.

 

[Stratitis]

Ich poste hier mal die beiden:



Da kann man nicht sagen, dass die Performance gelitten hat. Beide haben ihren Alkoholkonsum aber mit dem Leben bezahlt, genauso wie Jimi Hendrix. Gibt es ein besseres Argument gegen Alkoholkonsum?

Bei den genannten handelt es sich aber um absolute Ausnahmen. Sowohl was die Musik angeht, als auch den Konsum. Wobei man nicht vergessen darf, dass die vielleicht 3 oder 4 Gigs in der Woche hatten, über Jahre. Da bekommt man schlechte Angewohnheiten, weil auch das soziale Umfeld fehlt.

Ich habe zum Glück in jungen Jahren keine Welttourneen gemacht. Könnte gut sein, dass ich nicht mehr am Leben wäre.

Bei Janis Joplin hatte ich eher den Eindruck, dass der Leadgitarrist hackedicht war. Sie war..... wie immer...

 

[EADG]

Da muß ich wieder an den "Mixer" denken, den ich mal erlebt hab. Das war im Harz, wo wir einen Urlaub in Verbindung mit einem Familientreffen gemacht hatten. Geboten wurde ein "Großer Heimatabend" mit Musik, Gesang, Trachten etc. Diesem Herrn war langweilig und er ließ sich von der Dorfjugend mit Bier beliefern. Als die Veranstaltung lief blieb das Mikrofon während eines Solovortrags stumm. Erst als das Lied fast zu Ende war hat mans ihm gesagt und er hat den Regler hochgeschoben.

Da wird dann aber Minderung beim Preis eingefordert.

 

[Chuck]

Da wird dann aber Minderung beim Preis eingefordert.

Der Eintritt war frei, der Mixer wohl Mitglied beim Heimatverein. Den haben sie wohl da hingesetzt, damit er aus dem Weg ist. Wie bei der Freiwilligen Feuerwehr: Da stellen sie den, den sie sonst zu nix brauchen können, zum Verkehrsregeln ab.