Perspektive für Berufsmusiker nach Corona: Auftrittsverbote für Amateure?

[f_luxus]

Noch ein Gedanke zum ursprünglichen Thema: Was haben professionelle Musiker davon, wenn Amateure nicht spielen? Höhere Gagen? Mehr Auftritte? Mit Sicherheit nicht.

Es gibt ein sehr interessantes psychologisches Phänomen: Menschen nehmen eher persönliche Nachteile in Kauf als dass sie jemand anderem einen Vorteil gönnen. Und ich glaube, dass die besagte Schnapsidee genau auf diesem Mist gewachsen ist. "Wenn wir zurückstecken, sollen andere ebenfalls zurückstecken." Mehr kann ich in dem Vorschlag nicht erkennen. Er ist kleinlich.

Gut beobachtet!

 

[EADG]

Wenn ich in einer Coverband bei privaten Feiern eine Rechnung verlange guckt mich der ein oder andere Bandleader schräg an um nur ein Beispiel zu nennen.

Wieso? Du brauchst doch keine Rechnung. Du könntest dem Veranstalter eine schreiben. Die Einnahmen kannst du auch so beim Finanzamt angeben, was du eigentlich ja auch musst.

 

[f_luxus]

Wieso? Du brauchst doch keine Rechnung. Du könntest dem Veranstalter eine schreiben. Die Einnahmen kannst du auch so beim Finanzamt angeben, was du eigentlich ja auch musst.

Der Veranstalter ist Onkel Jürgen zum 60. oder Hannes und Stefanie zur Hochzeit.
So läuft das idR nicht.

 

[EADG]

Der Veranstalter ist Onkel Jürgen zum 60. oder Hannes und Stefanie zur Hochzeit.
So läuft das idR nicht.

Wieso? Onkel Jürgen hat für eine Musikdarbietung zum 60. Geburtstag an f_luxus 200,- Euro bezahlt. Wieso solltest du das beim Finanzamt nicht angeben können?

Edit: Was die anderen Musiker machen spielt dabei doch keine Rolle.

Noch ne Edit: Denkst du, dass zum Beispiel das Catering für Onkel Jürgens 60sten oder Stefanies und Hannes' Hochzeit schwarz läuft? Glaube ich nicht.

 

[whitewater]

Der Veranstalter ist Onkel Jürgen zum 60. oder Hannes und Stefanie zur Hochzeit.
So läuft das idR nicht.

Da bräuchte es ein einfaches Modell für private Veranstaltungen, ähnlich wie für geringfügige Beschäftigung im Haushalt.

Aber unter uns, ich glaube, von den nicht gezahlten Steuern auf schwatte Mucke bei Privatparties könnte unser Staat vielleicht eine Kita 3 Tage lang aufhalten. Da gibt es anderswo mehr zu holen. Und auch wenn Gerechtigkeit ja nicht relativ ist, Verhältnismässigkeit schon.

 

[II-V-I]

Versteh ich auch nicht, dem Onkel Jürgen entsteht ja als Zahler kein Mehraufwand/Mehrkosten

 

[5Bässer]

Krankenkassen werden bei uns staatlich überwacht und reguliert (ähnlich wie Banken und Versicherungen), ebenso müssen sie punkto Datenschutz relativ strenge Bedingungen einhalten. Eventim oder auch die komische Firma hinter unserer Impfplattform unterstehen nicht solch strengen Regeln.

Ich bin aber aufgrund meines Berufs eher auf der vorsichtigen und kritischen Seite, was Datenschutz angeht.

Das ist doch durch die Realität schon überholt. Die Bundesregierung ja bereits 2020 durch ein neues Patientenakten-Gesetz den Datenschutz ausgehebelt. In der Akte sollen alle relevanten Patientendaten gespeichert werden. Spahn will der gewinnorientierten Gesundheitswirtschaft die geschützten Daten von 73 Millionen zur Verfügung stellen. Dieser Eindruck erschließt sich aus einer Verordnung zur Neufassung der Datentransparenzverordnung. Ein Widerspruchsrecht auf die Speicherung der Patientendaten gibt es nicht mehr. Und es ist durchaus interessant, wie Spahn mit der Gesundheitsbranche verbandelt ist und welche Interessen er hat. Da sollte jeder selber nachforschen. Ich hab das gemacht, möchte das aber hier nicht posten.

 

[Ray Mahogany]

Da bräuchte es ein einfaches Modell für private Veranstaltungen, ähnlich wie für geringfügige Beschäftigung im Haushalt.

Du erstellt ne Rechnung und gibst die Einnahmen aus Kleingewerbe in Deiner Steuererklärung an.
So geht das schon immer.

 

[whitewater]

Du erstellt ne Rechnung und gibst die Einnahmen aus Kleingewerbe in Deiner Steuererklärung an.
So geht das schon immer.

Sorry, ihr habt recht, das ganze Gewese mit Versicherung e.a. entfällt ja, bzw. ist unabhängig von Onkel Jürgen.

 

[whitewater]

Das ist doch durch die Realität schon überholt. Die Bundesregierung ja bereits 2020 durch ein neues Patientenakten-Gesetz den Datenschutz ausgehebelt. In der Akte sollen alle relevanten Patientendaten gespeichert werden. Spahn will der gewinnorientierten Gesundheitswirtschaft die geschützten Daten von 73 Millionen zur Verfügung stellen. Dieser Eindruck erschließt sich aus einer Verordnung zur Neufassung der Datentransparenzverordnung. Ein Widerspruchsrecht auf die Speicherung der Patientendaten gibt es nicht mehr. Und es ist durchaus interessant, wie Spahn mit der Gesundheitsbranche verbandelt ist und welche Interessen er hat. Da sollte jeder selber nachforschen. Ich hab das gemacht, möchte das aber hier nicht posten.

Ein Minister, der im Thema steckt? Wäre ja mal was. Ok, Fr. Klöckner war mal Weinkönigin.

 

[BassPapa]

Veranstaltungen nur für Geimpfte ware ja bereits in der öffentlichen Diskussion.

Ja, die neue Zwei-Klassen Gesellschaft. Befürchte ich auch.

Macht auch Sinn!

Nicht wirklich. Aber dazu gibt es einen anderen Thread und sollte hier nicht diskutiert werden.

 

[claudio]

Ciao @5Bässer

oha, das ist zum Glück in der Schweiz noch nicht so. Ob das so bleibt, weiss ich allerdings auch nicht.

Gruss
claudio

 

[beate]

Der Veranstalter ist Onkel Jürgen zum 60. oder Hannes und Stefanie zur Hochzeit.
So läuft das idR nicht.

Schreib ne Quittung und gut is. In der Buchhaltung befindet sich wie gewohnt der Durchschlag, und der wird korrekt verbucht. Dann bist DU auf der sicheren Seite.

 

[ffetzer]

Noch ein Gedanke zum ursprünglichen Thema: Was haben professionelle Musiker davon, wenn Amateure nicht spielen? Höhere Gagen? Mehr Auftritte? Mit Sicherheit nicht.

Warum nicht? Jemand, der nicht auf das Geld angewiesen ist, lässt sich eher auf Freibier als Gage herunterhandeln, als jemand, der davon eine Familie ernähren muss. Die Verhandlungsposition ist einfach eine andere. Nichtsdestotrotz glaube ich, dass es nach Corona genügend Möglichkeiten geben wird, dass jeder ein Stück vom Kuchen abbekommen wird. Die Gesellschaft dürstet nach Kultur.

Ich hatte mal eine ähnliche Situation im (professionellen) Rettungsdienst: Die Ehrenamtlichen waren dort auch immer Zielscheibe solcher Diskussionen, da sie einerseits nur am Wochenende arbeiten konnten (und damit den Hauptamtlichen, die am Wochenende arbeiten wollten, den Zuschlag "geklaut" haben) und andererseits einen nicht unerheblichen Teil der Arbeitsleistung (ca. 10-20% der normalen Schichtarbeit im Kreis) erbracht haben. Das bedeutet auch eine geringere Nachfrage am Arbeitsmarkt, da man offene Stellen mit günstigeren Ehrenamtlichen stopfen konnte. Ich kann die Diskussion also durchaus nachvollziehen.

 

[4low]

Alles Quatsch!
Man muss schon mit den richtigen Feindbildern arbeiten: also, nach Corona:

AUFTRITTSVERBOT FÜR „DJs“!
LEBENSLÄNGLICH!

... dann gibt‘s wieder genug Gigs für alle!

 

[claudio]

Alles Quatsch!
Man muss schon mit den richtigen Feindbildern arbeiten: also, nach Corona:

AUFTRITTSVERBOT FÜR „DJs“!
LEBENSLÄNGLICH!

... dann gibt‘s wieder genug Gigs für alle!

• "last night the DJ saved my life"
• "murder on the dancefloor"
• "hey mr. DJ keep playin' this song for me"

 

[whitewater]

Warum nicht? Jemand, der nicht auf das Geld angewiesen ist, lässt sich eher auf Freibier als Gage herunterhandeln, als jemand, der davon eine Familie ernähren muss. Die Verhandlungsposition ist einfach eine andere. Nichtsdestotrotz glaube ich, dass es nach Corona genügend Möglichkeiten geben wird, dass jeder ein Stück vom Kuchen abbekommen wird. Die Gesellschaft dürstet nach Kultur.

Ich hatte mal eine ähnliche Situation im (professionellen) Rettungsdienst: Die Ehrenamtlichen waren dort auch immer Zielscheibe solcher Diskussionen, da sie einerseits nur am Wochenende arbeiten konnten (und damit den Hauptamtlichen, die am Wochenende arbeiten wollten, den Zuschlag "geklaut" haben) und andererseits einen nicht unerheblichen Teil der Arbeitsleistung (ca. 10-20% der normalen Schichtarbeit im Kreis) erbracht haben. Das bedeutet auch eine geringere Nachfrage am Arbeitsmarkt, da man offene Stellen mit günstigeren Ehrenamtlichen stopfen konnte. Ich kann die Diskussion also durchaus nachvollziehen.

Nicht ganz vergleichbar. Das folgende ist nicht perfekt trennscharf, aber über alles, meine ich, schon zutreffend. Wer das Geld nicht hat, Pros ordentlich zu bezahlen, wird statt Amateuren halt 'ne Musikbox, nen Alleinunterhalter, Dj oder einfach seine Spotify Liste dudeln lassen.
Wer für die typischen Amateurgagen spielt, nur halt 20 Jobs im Monat statt 1-2, ist damit imho noch kein Profi, denn damit kommt er nicht langfristig über die Runden und bildet eben auch keine Rücklagen. Wer einen Profi will/braucht wird ihn auch zahlen. Weil es sich lohnt.
Was den Markt kaputtmacht sind genau die "Semiprofis" halbschwarz, ganzschwarz arbeitenden, denen noch die Eltern oder der Partner Hütte, Heizung und was zu beissen sicherstellt, die was geht an der Steuer vorbei machen und dann eben neben den 10-20 Amateurjobs im Monat auch Profijobs annehmen, für Preise von denen man nicht seriös seinen Lebensunterhalt bestreiten kann.
Oder im Kontext des Fadens: nicht die Amateure sind das Problem.......

 

[Tieftonsucher]

@ffetzer
Deinen Ansatz sehe ich durchaus differenzierter. Hier benutzt ein Arbeitgeber freiwillige beziehungsweise preiswertere Leistungen um reguläre Arbeitsplätze damit zu füllen. Das läuft unter Gewinnpptimierung. Als Betriebsrat sehe ich ständig diese Themen. Wie Arbeitgeber durch Leihrbeit, Praktikanten oder Verlagerungen in „Niedrigkostenstandorte„ Gewinnmaximierung betreiben. Hier wird allzu oft auch mit der Angst der Arbeitnehmer gespielt. Man versucht Löhne und Gehälter nach unten zu drücken. Immer mit dem Hinweis andere könnten es doch billiger machen.
Wir als Musiker sollten uns hier nicht auseinander dividieren lassen und solidarisch zusammen stehen. Auch glaube ich nicht, dass von außen gesehen, unbedingt zwischen Berufs und Hobbymusikern unterschieden wird. Und jeder will gern wieder auf die Bühne. Nur sollte man sich bewusst sein wie viel man wert ist. Also sich nicht unter Wert verkaufen und dadurch eine Gagenspirale nach unten erzeugen. Natürlich muss auch ein Veranstalter überleben. Also leben und leben lassen.
Und durch das veränderte Konsumverhalten über die Jahrzehnte hinweg, stecken sowohl die Profis wie auch die Hobbymusiker untere der gleichen Decke, natürlich jeder in seiner Liga.

 

[TomW]

• "last night the DJ saved my life"
• "murder on the dancefloor"
• "hey mr. DJ keep playin' this song for me"

The Smiths - "Panic" (1986)

".... Burn down the disco
Hang the blessed DJ
Because the music that they constantly play
It says nothing to me about my life
...
Hang the DJ, hang the DJ, hang the DJ
Hang the DJ, hang the DJ, hang the DJ
Hang the DJ,…"

 

[II-V-I]

Gagenspirale nach unten

wie oben schon mal jemand schrieb: Bei vielen kleinen Venues ist es üblich auf Hut zu spielen, und das muss nichts Schlechtes sein. Nur ist es dem Publikum egal, ob die Darbietenden ihren Lebensunterhalt mit Musik verdienen oder nicht, sofern das Dargebotene den Erwartungen entspricht. Diese kleinen Gigs sind nicht die "Fleischtöpfe".

Es geht hier wohl eher um unregelmäßige Engagements wie Firmenfeiern, Hochzeiten, Tanzveranstaltungen etc, wo eben eine Festgage vereinbart wird, ggf. mit Bonuszahlungen (für Überziehen etc). Ich kenn die Preise nicht, weil ich das schon lange nicht mehr mache, aber das wird auch heute noch vierstellig sein.

Da bin ich durchaus der Meinung, dass diese Veranstaltungen was für die Hauptberufler* sind. Clubs, Bars, Kneipen, Stadtfest, Kirmes, Festivals da gehören (auch) die Amateure hin, gemeinsam mit den Pros.

Aber wenn der Firmenchef anstelle der Profi-Band vom letzten Jahr jetzt die Spaßkapelle vom Neffen bucht, die das dann auch noch für ein fünftel des Preises macht ... schwierig.

Der Grimm der Berufsmusiker richtet sich ja sicherlich nicht gegen Amateurbands, die versuchen mit ihren Eigenkompositionen eine Bühne zu bekommen.


*ich meine mit "Hauptberufler" hier die Musiker, die das als Handwerk betreiben. Beruf ordentlich gelernt (Ausbildung/Selbstbildung), Musik anderer Leute spielen für Geld.