Erster Song, erste Krise 😉

[Sheik Yerbouti]

Krisenstimmung hat es deswegen noch nie gegeben.

Bei uns wurden und werden Songs ziemlich durchdacht und ausgearbeitet eingebracht. Damit ist die Urheberfrage klar. Wenn jemand nennenswerte Ideen besiteuert, dann ist es eine Co-Urheberschaft. Wenn ein Song aus einem Jam entsteht, dann ist die jeweilige Besetzung eine Urheber-Gemeinschaft.

Wenn jemand die Band verläßt steht es ihm frei, Songs anderer in eienr neuen Besetzung weiter zu entwickeln. Sollte der unwahrscheinliche Fall eintreten, dass der Song ein Hit wird, dann wird der eigentliche Urheber natürlich angeführt.

 

[DeepThroat]

Aber zum Thema Rechte am Song etc. gibt es hier keine Meinungen?

Doch:

Solange alle die besten Freunde sind und solange es nix zu verteilen gibt, ist alles easy. Wenn tatsächlich Strom fließt oder wenn es Ärger gibt, sieht das völlig anders aus.

Ich würde mich erkundigen 1. bei einem RA, der im Urheberrecht bewandert ist und 2. bei einer Band, die tatsächlich mit eigenen Songs nennenswert Kohle macht.

DT

 

[bassilisk]

Ich sehe die Schwierigkeiten weniger beim "Spielen" des Songs in eine neuen Band: Jeder darf jederzeit jeden Song spielen - ggf. muss der Veranstalter die Aufführung der GEMA melden (muss er sowieso).
Da geht's dann nur drum, wer die Tantiemen einstreicht.

Das Problem ist vielmehr, wenn man in einer neuen Band einen alten Song neu interpretiert: Das kann dann eine "Bearbeitung" sein; der Rechteinhaber muss die Aufführung der Bearbeitung genehmigen, bzw. kann deren Aufführung verbieten.

 

[DeepThroat]

Ich gehe davon aus, dass alle professionellen Bands, die mit Autorenrechten UND mit Geld zu tun haben, bei denen Existenzen plus Familien dranhängen, eine Art Gesellschaftervertrag haben, wie eine Verfassung - wenn sie vernünftig sind und sich Streit ersparen wollen.

Musik ist etwas Schönes und Geld ist es bekanntlich auch. Das sollte auch so bleiben. Auch Ehen mit Vertrag haben nur Vorteile.

DT

 

[Igaihcim]

Wenn man das Gefühl hat der Song wird zum Kassenschlager und man wird reich dadurch, am besten alle Rechte sichern. (kommt vor, wenn auch eher selten)
Wenn es nur ein Song ist wie jeder andere, dann scheiss drauf.
Bei uns in der Band spielen wir tatsächlich einen Song welcher von einem früheren Bandmitglied geschrieben wurde wo er auch sämtliche Rechte besitzt. Gibt dann halt etwas Geld durch Suisa für ihn. Den Basslauf spiele ich nicht wie im original, ich fand den nicht passend und überladen, hat noch nie jemand etwas negatives dazu gesagt.

 

[DeepThroat]

der unwahrscheinliche Fall eintreten, dass der Song ein Hit wird, dann wird der eigentliche Urheber natürlich angeführt.

So, so.

Und wenn angesichts von "Hit" und Kohle sich jemand querlegt?
Bei Geld hört bekanntlich ganz schnell die Freundschaft auf.

DT

 

[EADG]

Wer ärgert sich denn darüber, wenn jemand anderes den eigenen Song spielt? Abgesehen davon, dass es Tantiemen zu kassieren gibt, wenn der Song kommerziell erfolgreich ist, was bei meinen Songs im Übrigen nicht zutrifft, ist es doch schön, dass das eigene Werk zu Gehör gebracht wird. Jedenfalls freue ich mich darüber und es ist mir sogar wirklich auch mal passiert, dass eine andere Band einen Song von uns gecovert hat.

Ich fände es superspannend, zu hören wie jemand anderes meine Lieder interpretiert.

Wir haben beim Kalkwerkfestival mal die Vorgabe gemacht, dass jede Band einen Song einer anderen Band covern und neu interpretieren sollte. Das war sehr interessant für alle Beteiligten.

Wer Songs schreibt, lässt irgendwie die Hosen runter und muss mit Kritik, Lob und im allerbesten Fall mit Covern leben.

 

[EADG]

So, so.

Und wenn angesichts von "Hit" und Kohle sich jemand querlegt?
Bei Geld hört bekanntlich ganz schnell die Freundschaft auf.

DT

Wenn man so drauf ist, behält man seine "Hits" am besten für sich.

 

[Sheik Yerbouti]

Und wenn angesichts von "Hit" und Kohle sich jemand querlegt?
Bei Geld hört bekanntlich ganz schnell die Freundschaft auf.

Du hast die falschen Freunde und Bandkollegen. Und obendrein ein pessimistisches Weltbild. Natürlich kann man nach dem Prinzip »was kann nicht alles Schreckliches passieren« leben, muss man aber nicht. Man kann durchaus auch Spass am Leben haben.

Da in den vergangenen 40 Jahren keine meiner Musiker-Freundschaften wegen Geld kaputt gegangen ist, gehe ich davon aus, dass das auch in den verbleibenden aktiven Jahren so bleiben wird.

Im übrigen sehen das meine Freund so, wie im Vorpost von EADG beschrieben: Ich habe bespielsweise vor ca. 20 Jahren einen Song eines guten Freundes im Studio mit meiner damaligen Band aufgenommen. Meinen Freund habe ich informiert und er steht auch in den Credits. Hätte der Song Geld gebracht, hätte er nicht durch die Finger geschaut. Ihm hat unsere damalige Interpretation gefallen, er hatte Freude, dass der Song nun auch in passabler Qualität und nicht nur als seine Erinnerung existiert und er war sogar stolz darauf, dass wir einen seiner Kompositionen verwendet haben.

Auf unseren Lead-Sheets stehen Jahreszahl, Lyrics & Music, und das ist jeweils allgemeines Agerement der Band.

 

[Thaddel]

Der Komponist hat 100% komponiert und der Texter hat 100% getextet.

Rechtlich sicher korrekt, faktisch aber eben in einer organisch gewachsenen Band meist deutlich anders. Das fängt bei sehr überschaubaren Beiträgen an: Kleinere Änderungen an einzelnen Harmonien oder Textstellen ergeben sich nahezu immer bei der Band-Umsetzung eines Rohwerks. Vielleicht gelingt Dir aber auch eine Jahrhundert-Basslinie, die alleinigen Songrechte bleiben aber trotzdem bei Page und Plant. Oder Ihr prägt als Band sogar über Jahrzehnte den Signature Sound eines ganzen Genres, und dann kommt der Springsteen doch (zuerst) alleine in die Hall of Fame. Vorhersehen kann man so etwas ganz schlecht.

Und da sage ich: Um dem ganz großen Ärger vorzubeugen, einigt man sich am besten frühzeitig und schriftlich über die Anteile der einzelnen Bandmitglieder an eigenen Songs - auch und gerade bevor richtiges Geld mit Verkäufen und Aufführungen verdient wird und man die kreative Zuarbeit auch finanziell fair abgelten könnte.

apb T.

 

[EADG]

Rechtlich sicher korrekt, faktisch aber eben in einer organisch gewachsenen Band meist deutlich anders.

Natürlich ändern Sängerinnen und Sänger einzelne Worte oder Silben. Der Text ist trotzdem vom Textdichter. Wenn Sängerinnen und Sänger einen Schlenker der Melodie hinzufügen oder weglassen, ist die Melodie immer noch vom Komponisten. In welcher Lage der Guitarhero den komponierten Absus2-Akkord spielt, ist seine Sache. Wenn er meint hie und da mal Arpeggio zu spielen oder einen kleinen Lick, ist der Song immer noch vom Komponisten.

Ich gebe zu, dass ich nicht (mehr) damit rechne, dass meine Kompositionen "durch die Decke gehen" und ich hatte mit meinen Mitmusikerinnen und Mitmusikern auch nie schriftlich fixierte Verträge. Beim Geld bin ich aber auch abseits von Musik mit Geschäftspartnern und Lebenspartnerinnen bislang aber immer einig geblieben, wegen klarer Absprachen und gut ausgesuchten Partnerinnen und Partnern. Vielleicht hatte ich auch Glück. Wenn sich eine Aufnahme richtig gut verkauft, ist die komplette Band sowieso daran beteiligt. Aber erkläre mir mal, warum jemand Tantiemen für einen Song haben möchte, weil er sich eine Basslinie dazu ausgedacht hat oder ein Gitarrensolo? Einen Song zu schreiben ist wesentlich mehr Arbeit als eine Basslinie zu einem harmonischen Ablauf zu finden.

Wohl gemerkt: Es geht nicht um die Situation, in der eine Band gemeinsam einen unfertigen Song fertig stellt.

 

[crystalgreen]

Das Problem ist vielmehr, wenn man in einer neuen Band einen alten Song neu interpretiert: Das kann dann eine "Bearbeitung" sein; der Rechteinhaber muss die Aufführung der Bearbeitung genehmigen, bzw. kann deren Aufführung verbieten.

Könntest Du das noch mal erklären, warum muss der Rechteinhaber die Aufführung oder das Covern seines Songs nicht genehmigen, aber wenn man es verändert?

 

[EADG]

Könntest Du das noch mal erklären, warum muss der Rechteinhaber die Aufführung oder das Covern seines Songs nicht genehmigen, aber wenn man es verändert?

Weil das veränderte Werk , die Bearbeitung dann seinerseits ebenfalls geschützt ist. Zum Beispiel eine Übersetzung. Eine Bearbeitung muss man sich vom Rechteinhaber genehmigen lassen. Man hat dann aber auch die Urheberrechte an der Bearbeitung, beispielsweiser der Übersetzung. Bei musikalischen Neuinterpretationen sind die Grenzen, ob die Neuinterpretation schützenswert ist, offensichtlich fließend.

§ 3 UrhG - Einzelnorm

 

[bassilisk]

In den 70ern gab es mal einen Schlager: "Wer hat mein Lied so zerstört?"
Interessant war Reinhard Mey <> Dieter Thomas Kuhn zum Lied "Über den Wolken": In einem Interview meinte R.M., er könne die Interpretation leider nicht verhindern, nähme die Tantiemen aber als "Schmerzensgeld ".

Die Übergänge zwischen Interpretation und Bearbeitung sind fließend; das Stichwort dazu heißt "Schöpfungshöhe".

Ich für mich sehe das Thema auch locker.
Aber es gibt hier mehrere Themen zu Bandauflösungen im Streit, wo ein ehemaliges Mitglied den anderen die Aufführung "seiner" Songs verbieten wollte.

 

[EADG]

Songs verbieten

geht zum Glück nicht.

 

[bassilisk]

Äääh...
viel unvollständiger und sinnentleerender kann man meinen Satz nicht zitieren.

 

[EADG]

Uns wurde mal die Veröffentlichung einer deutschen Version von "Marrakesh Express" von den Rechteinhabern untersagt wegen Verharmlosung von Rauschmitteln.

 

[Sheik Yerbouti]

Es gibt Alternativen...

 

[EADG]

Es gibt Alternativen...

Muss man aber selbst schreiben

 

[Thaddel]

Einen Song zu schreiben ist wesentlich mehr Arbeit als eine Basslinie zu einem harmonischen Ablauf zu finden.

Wohl gemerkt: Es geht nicht um die Situation, in der eine Band gemeinsam einen unfertigen Song fertig stellt.

Hier sind halt die Übergänge fließend: Wann ist ein Song fertig geschrieben? Wenn wie bei einer klassischen Oper die komplette Partitur für alle Musiker und Sänger nebst vollständigem Text vorliegt und alle streng nach Blatt abspielen/-singen? Und wann ist ein Song noch unfertig? So eine Home Demo, solo an der Wanderklampfe, aus ein paar Akkordfolgen mit Textgerüst ist in meinen Ohren bisweilen noch sehr holprig anzuhören und hat relativ wenig mit dem full-Band Endergebnis zu tun...

Darum geht's mir aber eigentlich gar nicht. Wichtig ist m. E. nur, dass sich alle einig sind, welchen Beitrag die Einzelnen leisten. Schreibender und Band sollten die gleiche Einschätzung darüber haben, ob eine Co-Autorenschaft vorliegt oder nicht. Streit kann es ja nur dann geben, wenn es unterschiedliche Ansichten darüber gibt, wenn jemand seine Meinung ändert u./o. das Thema gar nicht erst kommuniziert wurde.
All das ließe sich einfach und zuverlässig durch eine Verschriftlichung vermeiden.

Beim Geld bin ich aber auch abseits von Musik mit Geschäftspartnern und Lebenspartnerinnen bislang aber immer einig geblieben, wegen klarer Absprachen und gut ausgesuchten Partnerinnen und Partnern. Vielleicht hatte ich auch Glück.

Ich fahre ja z. B. auch seit 30 Jahren unfallfrei. Nur sagt das gar nichts darüber aus, wie sicher ich gefahren bin, ob meine Fahrweise für andere oder die Allgemeinheit empfohlen werden sollte oder ob ich mir nicht schon morgen wünsche, einen schweren Unfall durch anderes Verhalten vermieden zu haben.

apb T.