Da fällt mir noch was Hübsches ein...
Es war Ende der 80er-Jahre, als ich bei einer Band eingestiegen bin, die dann später "BBC" hieß (Big, Bad, Curious). Als ich die erste Probe mitgespielt habe, dachte ich "hier wirste nicht alt. Noch ne Querflöte und die klingen sie Ougenweide", werd die noch kennt. Das war eine "Alternativ-Rock - Band", so mit Flöten und Lauten und so. Nicht mein Fall. Und BBC klang trotz drei, nee, damals noch zwei Klampfern, nem tighten Drummer und einem Keyboarder, der sein Instrument wirklich sparsam einzusetzen wusste, eben recht schlapp. Nur eigene Nummern, Potential war vorhanden.
Innerhalb kurzer Zeit wurde durch den Einsatz von Rhytmik, durch bessere Zusammenarbeit von Drums und Bass und der scheinbar schon länger vorhandenen Lust der Gitarristen an etwas "dichterem" Sound doch etwas sehr rockiges draus. Das passiert mit Bands, bei denen ich einsteige: Nach kurzer Zeit klingt man "härter", das ist scheinbar eines meiner Talente.
Anfang der 90er ging dann der alte Sänger, ein klasse Typ mit Charisma und guter Vocalist, zum Studium. Somit war er nicht mehr verfügbar.
Wir suchten einen neuen Vocalisten, und plötzlich kommt einer der zwei Gitarristen mit nem Kumpel daher, der früher mal mit ihm in einer Schülerband gespielt hat. OK, der Mann war nicht schlecht, wir haben alle Nummern mit Ihm eingeprobt, und irgendwann folgte der erste Gig. Etwas sehr kleines, vielleicht 50 zahlende Gäste, und die Venue war gestopft voll. OK, erste Nummer. Wir spielen und spielen, und als der Vocalist einsetzen soll, passiert....nichts. Wir schauen Ihn an, er schaut an die Decke, Blackout oder so was. Wie spielen die erste Strophe ohne Sänger, der Rhytmus-Gitarrist und zweiter Sänger schiebt Ihm den Text zu, er schaut den Text an, Sein Einsatz..... Wieder nichts, wieder steht der Mann da und schaut nur zur Decke.
OK, der Rhytmus-Gitarrist übernimmt den Part des Sängers, der "Neue" verzupft sich schamesrot nach Backstage. Nach dem Gig ein Gespräch: "Ja, tut mir leid, ich war irgendwie komplett blockiert, kommt nicht wieder vor". Gut, 2. Chance da "Freund eines Gitarristen".
Unser PA-Verleih hatte ca 2 Wochen später einen ganz entspannten Gig für uns, bei einer Hochzeit in einer Autowerkstatt, etwa 100 Gäste. Das Tanzen wurde mit DJ abgedeckt, dann wir gegen später. Als alles aufgebaut war, erklärt der Sänger, dass er keine Lust hätte, mit uns aufzutreten. Er hätte nicht gedacht, dass er öffentlich auftreten müsse, als er den Part als Sänger übernommen hatte.
Die Gitarristen versuchten noch, Ihn umzustimmen, ich aber befürchtete eine "Blockade" wie beim vorherigen Gig und habe mal auf Verdacht unseren alten Sänger angerufen. Tatsächlich war er für das Wochenende zuhause. Sofort erklärte er sich bereit, einzuspringen. Ich habe meinen Jungs erst mal nichts erzählt, der "Vocalist" meinte nach den Überredungsversuchen der Gitarristen, er würde jetzt gehen und ging auch. Gott sei Dank.
Der Rhytmusgitarrist meinte: "OK, dann singe eben ich wieder". Als dann aber nach ca. ner halben Stunde unser alter Sänger auftauchte, war das erstens ein grosses Hallo, und zweitens eine echte Erleichterung. OK, der Zeitpunkt rückte näher, und wir fingen an.
Bei der ca. dritten Nummer tippt mir plötzlich der Sänger auf die Schulter, mit entsetztem Gesichtsausdruck - und komplett Blutüberströmt!
Er hatte sich ne Flasche Bier gegriffen, den Kolben aufgerissen und nicht bemerkt, dass der Rand abgeprochen war. Beim ersten schwungvollen Ansetzen hatte er sich die Unterlippe böse aufgeschnitten, das Blut lief nur so. Ich schaute auch kurz, gab Ihm ein Tempo, und weiter gings. Keine Gnade!
Der Mann sah aus! Das Blut lief die ganze Brust 'runter, es sah wegen der Riesenmenge Blut eher nach nem Special Effekt aus als nach ner Wunde am Mund. Niemand hat geglaubt, dass man so bluten kann, wegen nem Schnitt an der Lippe. Es war auch nicht sehr tief und musste nicht mal genäht werden.
Bis heute ist nicht alles Blut aus dem Korb von dem SM 58, das der Sänger damals benutzt hat, raus gegangen. Zwar benutze ich es nicht mehr für Gesang, aber ich habe immer ein Andenken an den Tag, wenn ich meinen Koffer mit meinem Kleinzeug aufmache.
Weitere seltsame Gegebenheiten und rätselhafte Ereignisse von und mit und ohne Lemony Snickett kommen bald nach.
