Noch ein erster (und einziger) Gig. Um die Jahrtausendwende spielte ich in zwei Bands. Die erste war eine solide Jazzband, die andere war ... tja, was eigentlich? Man könnte es vielleicht ein „Projekt“ nennen. Wir waren zu dritt (voc, g, b + Drumcomputer), und ich war da eigentlich nur eingestiegen, weil ich mit dem Gitarristen befreundet war.
Die Songs, so war ursprünglich abgesprochen, sollte der Sänger schreiben. Aber das ließ er lieber bleiben, er improvisierte stattdessen nur irgendwelche Silben ins Mikro. Der Gitarrist war sowieso wenig an konventionellen Songs interessiert, er fummelte lieber an seinem Line 6-POD (das war damals gerade der letzte Schrei) herum, um möglichst brachiale Sounds zu erzeugen. Für mich lief es meist darauf hinaus, zum durchgängigen Beat des Drumcomputers auf einem Akkord herumzuzupfen – Changes hätte man ja zumindest grob absprechen müssen. Auf diese Weise bekamen wir ein paar ganz nette Beats und Sounds zusammen, aber Struktur, geschweige denn ein Song war nicht dabei. Das Ganze war, um es mal nachsichtig auszudrücken, noch höchst unfertig. Trotzdem verkündete der Sänger eines Tages, dass er einen Gig für uns klargemacht hätte. Der Wahnsinnige.
Ich äußerte zwar massive Bedenken, aber wie heißt es so schön: Mitgefangen, mitgehangen. Wir benannten uns kurzerhand „Zollstock“ und performten unser schräges Gedöns tatsächlich in einer Kneipe in der Kölner Südstadt. Es kam, wie es kommen musste: Der Sänger brüllte mit großer Geste seine Dada-Texte ins Mikrofon, der Gitarrist ließ seine Tele krawallen, und ich dröhnte dazu auf einem Akkord herum. Mag sein, dass der Anfang unserer „Stücke“ hin und wieder ganz interessant klang, aber was danach kam, war der reine Müll. Und einen vernünftigen Schluss gab’s sowieso nicht, den hätte man ja festlegen müssen.
Ich hab verdrängt, wie das Publikum reagiert hat. Sie haben uns zumindest nicht gelyncht. Aber wie auch immer: Ich hatte mich bei dem Gig extrem unwohl gefühlt und kehrte Zollstock kurz darauf den Rücken. Soviel ich weiß, sind auch keine weiteren Auftritte mehr dazu gekommen. Was wohl eine vernünftige Entscheidung war.
