Das Basssolo: (Notwendiges) Übel oder Die Große Befreiung

[8Miles]

Und irgendwann kommt dann der große, besondere Moment des Abends – geliebt, gefürchtet, gehasst: BASSSOLO.

Genießt Ihr die mehr oder weniger Takte lange "große Freiheit"? Fürchtet Ihr sie? Lasst Ihr sie einfach ausfallen?

Ich spiele seit über 50 Jahren Bass und habe ca. 49 Jahre keine Basssoli gespielt. Das hatte unterschiedliche Gründe: Bei Modern Jazz fehlten mir die Ideen oder die Lust: Weshalb noch ein Solo spielen, wo Piano, Gitarre, Gebläse schon soliert haben? Bei Rock/Blues/Funk usw. habe ich meistens im Hintergrund schon meinen Kram gespielt, weshalb dann so ähnlich noch mal solo, gar, horribile dictu, geslapt?

Seit ca. einem Jahr spiele ich Modern Jazz in einem Trio: Gitarre, Saxophon, Bass. Jetzt spiele ich viele Soli und es macht mir großen Spaß: Weil es für mich Neuland ist und eine Herausforderung und weil ich den Raum und die Zeit habe, mich/etwas beim Solieren zu entwickeln.

Wie geht es Euch mit Basssolos und Improvisationen? Lasst uns darüber diskutieren und uns austauschen, z.B. auch mit Beispielen gelungener Soli und Improvisationen.

Keiner Diskussion bedarf dabei: "Jeder wie er mag". Und "Es kommt darauf an".

Ich bin gespannt.

 

[whitewater]

Ich finde, das kommt immer auf den Kontext an, und so wie Du es beschreibst: Wenn der Song es fordert, wenn Du etwas erzählen kannst, dann muss das Solo sein, dann ist es richtig, ist es wichtig und dann wird es gut.
Beim Modern Jazz und Piano, Gitarre, Gebläse haben schon? Muss es denn immer dasselbe Instrument sein? Und auf einmal beim Trio, da braucht es auch Deine Kraft und Inspiration, um die Spannung und die Hörenswerthaltigkeit (wie sagt man das?) über die Strecke aufrecht zu erhalten.

Was ich wichtig finde: Solo kann ein ganz kleines Stückchen sein, wie die letzten 8 Takte von Dark Necessities, bis zu einer viertel Stunde (da muss man dann schon etwas zu sagen haben). Und Bass-Solo heißt nicht, daß die anderen Pause haben. Man kann auch melodisch über den Bandsound arbeiten. Natürlich kann die Paganini-Show für eine kurze Weile interessant sein, da ist es dann ganz egal, ob es in 32tel Läufen ála Bird oder Slap-Gewittern von kingschem Ausmaß läuft, aber das ist dann eher eine Nummer in einer Nummernshow, weniger ein musikalischer Beitrag zu einem Song.
Es gibt Publikum für beide Varianten, kommt eben immer drauf an, was man insgesamt für eine Show aufzieht.
Auch im Rocktrio bzw. BGDV muss nicht jedes melodiöse Zwischenspiel von der Klampfe kommen.
Und ich finde die Erfahrung wichtig, auch als Bassist mal den Fokuspunkt für das Publikum bieten zu müssen, und wenns nur für 16 Takte ist. Das Entertainment mittragen, den Dialog mit dem Publikum, sollte eigentlich für jeden auf der Bühne das wichtigste sein, viel zu oft drückt sich die Ryhtmusgruppe hinter den Frontleuten und Equipment davor weg.

 

[HamburgerJung]

... BGDV ...

Belgischer Germanisten- und Deutschlehrerverband?
Ansonsten volle Zustimmung!

 

[CPerschke]

Hmmm… ich finde auch es muss im Kontexg passen… aber SOLO ist nicht gleich SOLO… wenn (mit Bass odet Posaune) im Rock/Pop ein Solo spiele, dann empfinde ich es oft als „schaut mal, wir haben noch mehr ausser Voc oder Gitarre. Da kann ein Solo ja auch nur eine Melodie sein, und die spielst du bei jedem Gig wieder

In deinem Trio ist ein Solo ja ad hoc komponistische Arbeit und eine komplett andere Liga.

Ersteres geniess ich - mach auch manchmal den Clown/Entertainer - was halt gerade gut unterhält.

Zweiteres, bin ich auch mal nervöser, weils dann doch auch auf das was du spielst ankommt.

Aber ich mag beides, und: du bist Musiker… und egal welches Instrument du spielst, Kreativität sollt Wert sein gehört zu werden. Ich unterscheide nicht zwischen Bass/Drums/Git/Sax/… Solo… nur zwischen Solos die Musik machen und welche die noch üben

 

[licorice]

Ich selber spiele ja Gitarre als Erstinstrument und so wäre es mir eigentlich ein Leichtes auch auf dem Bass rumzufuddeln (wie es auch viele Gitarristen tun). Aber so lange ich keinen Jazz spiele sehe ich keine Notwendigkeit das zu tun, der Reiz des Bassspielens liegt für im im Rhythmus und in der Bewegung, die man in die Band bekommt.

Ein befreundeter Bassist spielte auf Gigs wirklich sehr fetzige, rhythmische und passende Soli, sofern man sie ihm spontan zuwies.
Wenn man vorher ausgemacht hat dass er bei einem bestimmten Song ein Solo hat, hat er seine Soli vorher geübt und der Zauber auf Gigs ging verloren. Da waren seine Soli einfach nur stinklangweilig.

 

[whitewater]

Belgischer Germanisten- und Deutschlehrerverband?

Trio plus Gesang bass, gitte, drums, vox

 

[Mad Jazz Morales]

Ich versuche immer so viel und so laut zu spielen, dass ein Solo gar nicht mehr ins Gewicht fällt…

 

[basso navo]

... BGDV ...

Belgischer Germanisten- und Deutschlehrerverband?

Was ist das denn jetzt?

 

[basso navo]

Sorry, schon wieder nicht alles gelesen und nicht aufgepasst.

 

[f_luxus]

Moin, ich finde es durchaus erstrebenswert gut solieren zu können.
Das heißt ja nicht dass man es ständig tun muss.

 

[kadauz]

In unserem Rock Trio (Drums, Gitarre, Bass) + Gesang hab ich innerhalb der Songs schon sehr viel Raum, da unser Gitarrist kein Brett fährt. Aber wir haben einen Encore Song, bei dem jeder einen kleinen Solopart quasi als Vorstellung der Band hat. Da fidel ich immer spontan paar Takte was zusammen und gut. Mehr brauch ich aber auch nicht.

 

[EADG]

Ich finde, das schwierigste beim solieren ist es, etwas zu

erzählen

Die allermeisten erzählen, wie fleißig sie geübt haben und welche technischen Kabinettstückchen sie beherrschen, was ich auf Dauer ziemlich uninteressant finde.

Die Solistinnen und Solisten, die mich am allermeisten beeindrucken, schaffen es, mit den ersten Tönen schon zu sagen "Hallo, ich erzähle euch jetzt mal was". Spielen die paar Töne und basteln dann was schönes daraus.

Wenn mir auf einer Session ein Solo zugeschoben wird und mir spontan nichts einfällt, habe ich mich schon damit gerettet, irgendwas zu zitieren und das weiter zu stricken. Der Saxophonist bei Carolyn Mas' sittin in the dark macht das genau so und genehmigt sich erstmal einen Tequila. Das genannte Stück ist ja ein Paradebeispiel für Soli von verschiedenen Instrumenten in einer Rocknummer, wobei ich persönlich das Basssolo (unmittelbar vor dem Saxophonsolo) völlig belanglos und beliebig finde. Da hilft auch kein dicker Daumen.

 

[LaFaro]

Ich finde diese "übliche" Einteilung und "Solo" und "Begleitung" an sich schon ziemlich merkwürdig und obsolet... spannende Musik entsteht dann, wenn Musiker:innen miteinander spielen und kommunizieren und jede einzelne Stimme für sich ein "Solo" ist, das zu den anderen p(b)asst. Da kommt es für mich weder auf die Tonhöhe noch die Zahl der Noten pro Sekunde an, sondern viel mehr auf den Kontext. Richard Bona hat das mal sinngemäß in einem Interview gesagt, als er nach den Unterschieden zwischen "afrikanischer" und europäischer/us-amerikanischer" aktueller Musik gesagt. Seine Beschreibung lief darauf hinaus, dass jede "Stimme" in der afrikanischen Musik für sich allein genommen schon ein "Solo" war, das spannend und hörenswert ist. Aber ähnliches gilt auch für viele Stücke z.B. von Bach oder anderen (vor allem "vor-klassischen") Komponist:innen in der europäischen Musikgeschichte... wenn man sich mal umschaut, ist diese oben genannte "Einteilung" jedenfalls kein Muss und wie gesagt für mich auch nicht wirklich erstrebenswert...

 

[EADG]

diese "übliche" Einteilung und "Solo" und "Begleitung" an sich schon ziemlich merkwürdig und obsolet... spannende Musik entsteht dann, wenn Musiker:innen miteinander spielen und kommunizieren und jede einzelne Stimme für sich ein "Solo" ist

Ich weiß nicht... Solo bedeutet, dass eine Stimme besonders hervor gehoben ist, eigentlich sogar, dass sie alleine ist, nämlich "solo".

Ich finde eher die Wertung "die Tollen spielen Soli" und die anderen machen "nur Begleitung" falsch. Wenn ich ein Solo oder eine Singstimme, die ja immer ein "Solo" ist, begleite, versuche ich es wirklich zu begleiten. Das bedeutet, dass ich darauf eingehe, was im Solo gespielt wird. Gute Basslinien gehen zum Beispiel auch auf den Text ein und unterstreichen dessen Bedeutung.

Für mich ist Musik immer Kommunikation und natürlich versuche ich meine Stimme immer so interessant wie möglich zu gestalten. Dazu gehört auch, zuzuhören, sich entsprechend zurück zu halten, wenn andere was zu sagen haben und nicht immer dazwischen zu quatschen.

 

[Mudskipper]

Ich bin ein ziemlich schlechter Solist und mache das auf der Bühne auch nur ein mal im Set und da ist es auch strukturell ein Teil des Songs geworden und eher kurzweilig und simpel, bisschen (geplantes)Pentatonik-Geeumel mit Octave Up und Zerre drauf aber im Fluss des Songs. Soundscapes mit einer Tonne Effekten machen ist da mehr mein „Solo“ , habe ich aber aktuell die falsche Band zu bzw werfe das da nur hier und da mal für Sekunden ein wenn es passt.
Soli müssen mich entweder emotional fesseln oder auch mal technisch beeindrucken, wenn sie in dem Fall kurz und gut strukturiert sind. Wenn Skalen ohne Punkt und Komma rumgenudelt werden finde ich das sofort öde, egal auf welchem Instrument. Das sollte schon eine Geschichte erzählen.

 

[LaFaro]

Ich weiß nicht... Solo bedeutet, dass eine Stimme besonders hervor gehoben ist, eigentlich sogar, dass sie alleine ist, nämlich "solo".

Vielleicht habe ich das nicht klar genug ausgedrückt... es geht (für mich) nicht (oder weniger) um "hervor gehoben" und im Gegensatz dazu "zurück gesetzt", sondern (eher) um das "Gesamtbild"... wenn man ein Solo weglässt und da fehlt dann was, dann finde ich das eher nicht spannend... wenn man das "Solo" weglässt und es entsteht ein "anderes Stück", was aber ebenso spannend ist, dann gefällt mir das..

 

[Lohmannski]

Was ich immer super finde, ist ne Erzählung/Variation über die Melodielinie - das nimmt mich meistens mit. Sowohl beim selber spielen, als auch bei anderen...no matter which Instrument!

 

[Hen]

Ich bin kein großer Fan von Bass-Soli, zumindest nicht wenn ich diese spielen soll/muss. Gibt aber einige sehr tolle Bassisten die das richtig gut können, denen ich auch gerne zuhören. Im Jazzkontext finde ich es ok den einen oder anderen Chorus mal zu solieren, mir würden aber alle 3-4 Stücke eines reichen, mehr nutzt sich in meinen Ohren zu schnell ab.

Grüße Hen

 

[claudio]

Ich bin kein großer Fan von Bass-Soli, zumindest nicht wenn ich diese spielen soll/muss. Gibt aber einige sehr tolle Bassisten die das richtig gut können, denen ich auch gerne zuhören. Im Jazzkontext finde ich es ok den einen oder anderen Chorus mal zu solieren, mir würden aber alle 3-4 Stücke eines reichen, mehr nutzt sich in meinen Ohren zu schnell ab.

Grüße Hen

kommt wie immer darauf an. Im Jazzduo oder -trio nehme ich mir auch gerne mal und auch mal öfter Raum, wenn ich - wie hier vorher Andere ausgeführt haben - dazu etwas zu erzählen habe. Das ist dann normalerweise eben nicht in der obligaten Bluesnummer, da kommt mir nur noch selten etwas Gutes in den Sinn ohne einfach Phrasen zu dreschen. Da spiele ich dann lieber das Anfangs- oder Schlussthema mit oder ohne Variation.

Aber schöne Nummern mit Modal Interchanges mag ich zum Solieren sehr.

 

[claudio]

Nachtrag: In meinem pseudo solo Projekt spiele und recorde ich Soli ausschliesslich auf Bass und Synthesizer. Die restlichen Instrumente (Klavier, Rhodes, Gitte, Drums) spiele ich schlichtweg zu schlecht, als dass ich da ein glaubhaftes Solo aufnehmen könnte (schon nur bei einer Gitarrenbegleitstimme benötige ich so viele Takes und Punches, das wäre im Solokontext peinlich). Begleitstimmen auf Tasteninstrumenten gehen recht flüssig, aber Soli - nee

Bringe ich aber eine meine selbstgeschriebnen Nummern in eine Band, ersetze ich meine eigenen (Bass-)Soli gerne durch welche von Mitmusikern und ihren Instrumenten, das macht Allen mehr Spass und ist oft musikalisch auch sinnvoller.