Das alte Thema: Gage oder was ist die Musik wert?

[EADG]

Einschätzung

Ich meinte einen mir bekannten Hochschullehrer und da liege ich mit meiner Einschätzung richtig.


Edit zum Thema freischaffende Künstler:
Bohème (Aussprache: [boˈɛːm]) ist ein historischer und literarischer Topos des 19. Jahrhunderts, der das Milieu großstädtischer junger Künstler und Intellektueller – insbesondere solcher des Pariser Quartier Latin – in einen Kontext von Armut, Hunger, Wertschätzung der Freundschaft, Idealisierung der Kunst und Geringschätzung des Geldes stellt. (Wikipedia)

Vielleicht ist es eine gute Idee, den Beruf des Künstlers nur in einer Lebensphase auszuüben, abzuwarten, wie es sich entwickelt um dann zwischen Plan A und Plan B zu entscheiden. Eine Karriere an der Hochschule macht man nur, wenn man richtig gut ist. Da muss man am Anfang, wie bei vielen gut bezahlten Berufen, mit schlecht dotierten Stellen vorlieb nehmen. Das geht nur, wenn man jung ist. Ich finde das nicht unbedingt richtig, aber es ist einfach so.

Den Spruch: "Da verdient ja jeder Handwerker mehr!" würde ich gerne um die beiden Worte "mit Recht" ergänzen. Wenn dir der Heizungsbauer nächste Woche wieder eine warme Wohnung ermöglicht, ist das einfach mehr wert, als wenn ein Musiklehrer dir oder deinem Kind ein Weihnachtslied beigebracht hat. "Ich habe aber doch studiert" bedeutet nicht, dass man automatisch den Anspruch auf ein höheres Gehalt hat. Das gilt für vielleicht Ingenieursstudiengänge aber sicher nicht für Musik oder Kunst.

 

[EADG]

Gerade gefunden, noch nicht mal eine Minute gesucht:

 

[TheBass]

Tarifgruppe TVÖD 9a sind netto 1969 Euro. Für einen Akademikerjob eher lächerlich, für viele Musiker schon ein Traumgehalt, zumal fest und Krisensicher und man ja zusätzlich noch Konzerte machen kann.

 

[EADG]

@TheBass : nicht brutto und netto verwechseln die suchen auch keine Akademiker. Heißt der akademische Abschluss Diplom-Konzert-Gitarrist?

 

[TheBass]

@TheBass : nicht brutto und netto verwechseln die suchen auch keine Akademiker. Heißt der akademische Abschluss Diplom-Konzert-Gitarrist?

Du hast recht. Hab's korrigiert.

Für einen Bachelor bzw. FH-Studium muss man aber studieren.

 

[EADG]

Für einen Bachelor bzw. FH-Studium muss man aber studieren.

Ja, aber eine FH ist keine Akademie. Ich klinge jetzt elitär, merke ich gerade, bin ich aber nicht. Ich bin auch kein Akademiker und habe an einer FH studiert. Die Fachhochschulen wurden unter Anderem eingeführt, um das deutsche Hochschulsystem zu demokratisieren. Das heißt für mich aber nicht, dass Fachhochschulabsolventen jetzt den gleichen elitären Anspruch gegenüber "nicht studierten" erheben sollten.


Edit: Ich finde, ein Gehalt sollte die Notwendigkeit der Tätigkeit, den körperlichen und geistigen Einsatz, den Aufwand der Ausbildung sowie Angebot und Nachfrage honorieren. Demnach sollten Pflegekräfte weitaus besser bezahlt werden als im Moment oder die medizinische Leitung einer Klinik sollte besser bezahlt werden als das Management. Auch wenn der Manager in Harvard studiert hat.

 

[aBaxxi]

Den Spruch: "Da verdient ja jeder Handwerker mehr!" würde ich gerne um die beiden Worte "mit Recht" ergänzen.

Krasser Spruch und was für eine Geringschätzung von Hände Arbeit und dem Wissen um die nötigen Zusammenhänge.

Aber auch: die Menschwerdung beginnt mit der Kulturleistung des Homo Sapiens. Nicht anhand der Werkzeuge.

 

[EADG]

die Menschwerdung beginnt mit der Kulturleistung des Homo Sapiens. Nicht anhand der Werkzeuge.

Kulturleistung und Werkzeuggebrauch kann man bezüglich der Menschwerdung nicht trennen. Das geht Hand in Hand. Ohne Farben herzustellen, kann man nicht malen, ohne Instrumente keine Musik machen. Ausnahme: Die bei hier Bassic manchmal unterschätzte Fähigkeit, zu singen.

 

[Melkor]

Wenn ich schaue was andere nach Studium verdiene.. da komme ich nicht ran. Ist mir aber egal, ich bin glücklich. Ich habe mein Hobby als Jugendlicher zum Beruf gemacht und stehe jeden Tag auf und freue mich Bass zu spielen (ok fast jeden...). Das kann mir keiner bezahlen, dafür gibt es kein Preisschild.

Dafür für das Teilen deiner Erfahrungen.

Ich bin eigentlich auch sehr froh, von einem anderen Job leben zu können und Musik nur als Hobby zu betreiben.
Dann kann ich in der kleinen Sparte tun und lassen was ich will, und mache bei Gigs eine Handvoll Leute glücklich die mit dem musikalischen Mainstream nix anfangen können.

Ich wollte nochmal zu dem Punkt "was andere nach dem Studium verdienen" sagen:
Das einige sehr sehr gut mit nem Studium verdienen ist ein Survivorship Bias. Grob geschätzt würde ich sagen dass vielleicht 10% nach dem Studium sehr gut verdienen, aber der Großteil, auch innerhalb eines MINT-Studiengangs, nach dem Studium zwar gut verdient, aber mit einer Ausbildung vielleicht genau so gut verdient hätte.
Der sogenannte "Fachkräftemangel" beschreibt nicht den Mangel an Fachkräften sondern den Mangel an viel zu vielen Fachkräften um die Gehälter ordentlich nach unten drücken zu können.

 

[aBaxxi]

Was wir hier an unserer Diskussion seher schön sehen, sind die erbitterten Verteilungskämpfe deren Geist unsere Gesellschaft durchzieht. Wir taxieren zu viel und wertschätzen zu wenig. Ist nicht Zeichen von großer Kultur und widerspiegelt die geringe Achtung die der Kultur im Allgemeinen so entgegengebracht wird. Am deutlichsten sichtbar an den verspannten und übelgelaunten Gesichtern, die einem unterwegs in Massen begegnen. Und anhand der Fernsehfilme, die zwar ästhetisch stylisch inszeniert aber menschlich hohl und langweilig daher kommen. Mainstream halt.

 

[EADG]

Was wir hier an unserer Diskussion seher schön sehen, sind die erbitterten Verteilungskämpfe deren Geist unsere Gesellschaft durchzieht. Wir taxieren zu viel und wertschätzen zu wenig. Ist nicht Zeichen von großer Kultur und widerspiegelt die geringe Achtung die der Kultur im Allgemeinen so entgegengebracht wird. Am deutlichsten sichtbar an den verspannten und übelgelaunten Gesichtern, die einem unterwegs in Massen begegnen. Und anhand der Fernsehfilme, die zwar ästhetisch stylisch inszeniert aber menschlich hohl und langweilig daher kommen. Mainstream halt.

Ich sehe das gar nicht so verbittert. Kultur wird in unserer Gesellschaft wertgeschätzt. Ich finde es völlig okay, wenn ich mit meinen Steuern Opernhäuser, Theater oder Museen mitfinanziere. Ich finanziere auch gerne die WDR-Bigband oder das HR-Sinfonieorchester mit meinen Rundfunkbeiträgen mit. Vor Ort gab es dieses Jahr 1200 Jahrfeier der Gemeinde mit Festival oder das "Aufwind-Festival", beide ebenfalls unterstützt durch diverse Kulturfonds der Länder, des Bundes und der EU.

Ich denke, dass unsere Gesellschaft mit Sicherheit keine ideale Gesellschaft ist, aber ich widerspreche immer wieder gerne diesen Aussagen, wie schlimm bei uns doch alles ist. Die Wahrnehmung der verspannten übelgelaunten Gesichter ist immer auch eine aktive Wahrnehmung. Das heißt es liegt auch immer am Wahrnehmenden, was wahrgenommen wird. Der Mainstream ist gar nicht so verachtenswert.

 

[Gast83234]

Am deutlichsten sichtbar an den verspannten und übelgelaunten Gesichtern, die einem unterwegs in Massen begegnen.

As it cries in the forest so it cries back. Dennoch stimme ich dir ein bischen zu: Es gelingt nicht immer, alles schön zu reden und mit Hilfe des eigenen Optimismus zum Guten zu wenden. Aber die Dauerschlechtmacherei ist dann doch auf Dauer nur für Magengeschwüre gut.

Bleiben wir bei den Fakten: Deutschland leistet sich viel Kultur und pumpt auch 'ne Menge Kohle da rein. Immer noch, wenn auch weniger als vor 30 Jahren. Und bis die durch Corona bedingte Tendenz, nicht mehr so gerne raus zu gehen und sich ins Getümmel zu stürzen, wieder umgedreht wird, vergehen nochmal 30 Jahre. Es wird im Kulturbereich zu weiteren Einsparungen kommen.

Die Bullen suchen einen studierten Gitarristen, FH oder Bätschelohr ist denen egal, wenn ersiees was kann.TVÖdehm ist nicht die Welt in Stufe 9, zumal München der Präsenzort sein soll. Stundenlang im Bus, um irgendwo ein Feuerwehrgerätehaus mit dem Horst-Wessel-Lied einzuweihen (o.k., man nimmt heute was anderes ...) muss man allerdings wollen. Für mich wäre das nichts, ich kann aber auch nicht gut Gitarre.

Ich bin auch kein Akademiker und habe an einer FH studiert.

Ich an einer MuHo mit Diplom als Abschluss. Beim Arbeitslosenamt wurde ich immer als Akademiker eingestuft. Was denn jetzt?

 

[EADG]

Beim Arbeitslosenamt wurde ich immer als Akademiker eingestuft

Na dann wird es wohl so sein.

 

[Gast83234]

ch bin auch kein Akademiker und habe an einer FH studiert.

Doch, bist du. Alles ab Bachelor aufwärts wird in Deutschland "akademischer Grad" genannt, die so Benannten sind also Akademiker. Der Akademiker muss keinesfalls eine Akademie besucht haben. Im Gegenteil: Akademien sind per Definition noch nicht mal zwingend Hochschulen, Unis oder Fachhochschulen. Du kannst morgen z.B. eine Bassakademie eröffnen und dich selbst zum Präsidenten ernennen. Akademische Grade verteilen darfst du allerdings nicht.

Is unterm Strich aber auch alles Latte!

 

[EADG]

Is unterm Strich aber auch alles Latte!

Da stimmt der Akademiker in mir zu.

 

[bassfritsch]

Das stimmt. Ich werfe in den Hut als Zuhörer immer das rein, was ich als Eintritt für angemessen halte, meistens 10 bis 15 Euro. Mörtschendeisingkram kauf ich weniger gern. CDs sind für mich meistens uninteressant und mit Band-T-shirts laufe ich nicht rum.

Pay to play ist ein Geschäftsmodell für Clubs auf dem absteigenden Ast. Entweder können die gute Bands engagieren oder sie sollten es bleiben lassen.

Das ist sehr löblich und leider nicht die Regel. Ich organisiere zwei Sessions im Raum Stuttgart mit und bei beiden lassen die Betreiber der Location den Hut rumgehen, eine kleine Spende für die Stammband, Fahrgeld. Da sind sehr oft Münzen drin, auch viel Rotgeld und auch ausländische Währungen, z.B. türkische Lira oder tschechische Kronen...

 

[EADG]

Rotgeld und auch ausländische Währungen, z.B. türkische Lira oder tschechische Kronen

Würde ich schlicht zurückgeben und sagen, dass kein Einwerfzwang besteht.

 

[Basspekoe]

Der sogenannte "Fachkräftemangel" beschreibt nicht den Mangel an Fachkräften sondern den Mangel an viel zu vielen Fachkräften um die Gehälter ordentlich nach unten drücken zu können.

Leider falsch. Es gibt den Fachkräftemangel tatsächlich.
Ich habe oft mit Ausschreibungen und Bewerbungen zu tun und selbst für einen guten Job mit 80.000,- bis 100.000,- Gehalt bekommst du gerade eine Handvoll Bewerbungen...
Mittlerweile werden Kopfprämien auf alles möglichen Stellen bezahlt und potentielle Bewerber können sich ihren Arbeitgeber aussuchen, nicht umgekehrt wie es früher mal war...

Was auch völlig falsch gelaufen ist, dass Jahrzehnte lang behauptet wurde, im Handwerk wird wenig verdient. Deshalb wollten alle "was besseres" werden und unbedingt studieren. Nun mangelt es derbe an guten Handwerkern, insbesondere den etwas besser ausgebildeten. Einen E-Meister aus der Industrie kannst du mittlerweile mit Gold aufwiegen. Und dem sein Gehalt hätten manche Ingenieure gerne. Wenn der E-Meister dann auch noch Schicht arbeiten sollte... aber das wollt ihr jetzt hier nicht hören.

On Topic:
In den 90ern hab ich mit eigener Musik mehr Geld verdient, als heute mit Coverprojekten. Musik ist nichts mehr wert. Es kauft ja auch niemand mehr Platten/CDs....
Als Musiker kommt man sich in Sachen Bezahlung immer wie ein Bettler vor. Es sei denn, Musik für Besoffene auf Sauffesten, da wird noch bezahlt...

 

[f_luxus]

Tarifgruppe TVÖD 9a sind netto 1969 Euro. Für einen Akademikerjob eher lächerlich, für viele Musiker schon ein Traumgehalt, zumal fest und Krisensicher und man ja zusätzlich noch Konzerte machen kann.

Akademiker sind 9b

 

[f_luxus]

@TheBass : nicht brutto und netto verwechseln die suchen auch keine Akademiker. Heißt der akademische Abschluss Diplom-Konzert-Gitarrist?

Das Musikstudium kann man auch mit einem Master abschließen und früher gab es Diplom Konzertreife mit dem Instrument Gitarre tatsächlich.
Wassn hier für ein Stammtischgespräch...?