Wie fang ich den Röhrensound ein?

[Arkadius]

Hallo,

ich hab mir ja vor ein paar Monaten einen Sunn 300 T - Röhrenamp mitsamt 412er FMC - Box geleistet, was bei Proben und Gigs echt geil kommt. Dann haben wir vor kurzem Mal als Testlauf für die kommenden CD-Aufnahmen zwei Songs aufgenommen - also jeder getrennt, Mikro vor die Box und rein in den Laptop - aber irgendwie war das Signal das ankam längst nicht so geil wie im original. Außerdem musste ich mit dem Laptop vor der Tür aufnehmen, weil es im Raum selber zu laut war und ich nix aus meinen Kopfhörern (Drums und Gitarren) gehört hab - leise klingt der Amp halt nicht so geil.
Also das Problem in kurz: Mein Bass-Sound klingt auf den Aufnahmen viel zu zahm und sanft, er knurrt und kratzt nicht wie im Original.
Gibt es denn da Lösungsansätze wie ich das ändern könnte? Andere Mikroposition? (Bisher war es auf eine einzelne 12er-Membran gerichtet)

Gruß,
Jo

 

[Dr.Sterni]

Hmm... da gäbe es zwei Varianten:

Vielleicht ist das Mikro nicht wirklich soooo geeignet? Oder stand nicht optimal? Oder Ihr habt keinen guten Vorverstärker gehabt? Schlechte oder gar keine Vorverstärker führen oft dazu, dass das aufgenommene Signal deutlich lascher klingt als das Original.

Zweite Möglichkeit: Wie sieht es aus mit dem Amp? Das Signal, welches die Röhre durchlaufen hat, müsste doch auch am Line-Out vorliegen, oder nicht? Sprich: das müsste die Röhren-Färbung doch eigentlich schon haben?!

Wie an anderer Stelle schon mal erwähnt: Ich persönlich nehme solche Signale am liebsten zweigleisig auf. Mikro- und Line-Signal. Kann man perfekt mischen und lässt garantiert (!) den gewünschten druckvollen und "fetten" Sound rausholen.

 

[Dr_Pug]

Hallo, ich möchte mich mal an dieser Stelle einschalten, da ich ein ähnliches Empfinden bezüglich unserer letzten Aufnahmen habe. Spiele nen Vollröhrenamp (Mywatt 200) und finde den Sound Oberklasse. Bei der Aufnahme jedoch finde ich, klingt alles sehr synthetisch. Abnahme war Mikro vor der Box und DI-out des Mywatt. Was kann man machen, um den Sound schmutziger und erdiger zu bekommen, bei gleichzeitig guter Aufnahmequalität? Ich bin technisch sehr sehr unbewandert, sodaß mir die ein oder andere Idee erst gegeben werden muß, bzw. kann sowas nicht wirklich selbst analysieren.

Habe hier mal was zum reinhören:
http://rapidshare.de/files/48018342/Gunslinger_s_Path_Cut.mp3.html

 

[Hobelhai]

Dr. Sterni hat eigentlich schon die gängigen Fehlerquellen gelistet: Mikro, Mikroposition, Preamp, vielleicht noch falsches auspegeln des Signals (zu schlapp). Zur Mikroposition: Wenn Mikro direkt vor der Box, dann sucht Euch den wohlklingendsten der 4 Speaker aus - ja, die klingen tatsächlich alle anders. Ihr bekommt das über ein paar Probeaufnahmen hin. Oder aber Ihr benutzt einen alten Recordingtrick: Bassamp so einstellen, wie Ihr drüber spielen möchtet. Dann Volume voll aufreißen bis es schön rauscht. Jetzt mit einem Ohr am Kabinett langfahren und hören, wo es am schönsten rauscht (haha). Jetzt müßt ihr nur noch versuchen, eine Mikroposition zu finden, die dieses Rauschen am besten einfängt - also ein Mann am Laptop mit Kopfhörern und Jemand, der das Mikro immer ein bischen was verrückt. Das ist aber eigentlich mehr die "Beschallungsvariante". Empfohlene Mikros: Shure SM7b, ElectroVoice RE20, Sennheiser MD421 oder Shure SM57 (in dieser Reihenfolge).
Die "Studiovariante" ist ein Großmembran-Kondenser in 2-3 Meter Abstand vor der Box (+ DI-Signal), tut´s aber nur wirklich bei gut klingenden Räumen.

 

[Dr.Sterni]

Um ehrlich zu sein: Letzteres habe ich noch nie probiert. Das Problem daran müsste sein, dass man einfach zu viel Raumsound hat, die Latenzen doch ein bissl zu hoch sein könnten (je nach Abstand) und nicht genug Direktschall auf das Mikro trifft, der in Wirklichkeit für den "Druck" des Signals zuständig ist. Das menschliche Ohr hört ja anders, als ein Mikro etwas einfängt.

Aber trotzdem ein interessanter Ansatz! Warum also nicht? Meckern darf man erst, wenn man's ausprobiert hat und konkret etwas festgestellt hat, was nicht geklappt hat bzw. einem nicht gefallen hat. Hat das schonmal jemand so gemacht?

 

[Hobelhai]

Beide Ansätze zielen darauf ab, den Sound, den der/die Bassmann/frau (oder Gitarrist) hört und auf dem er/sie am Besten groovt, einzufangen. Den Trick mit dem Rauschen wende ich gerne bei Livemitschnitten an und der funktioniert auch meist ganz gut - Ausnahmen gibts immer und man braucht auch ein bischen Experimentierwille und ein gutes akustisches Gedächtnis (man muß sich den Klang des Rauschens merken) dafür. Das Kondenser im Raum ist eigentlich einfacher, weil die Idee dahinter steht, die TheBass formuliert hat: Das Signal einzufangen, das auch der Musikant hört. Kein Bassist oder Gitarrist spielt mit dem Ohr am Amp! Aber: Hier braucht´s nen guten Raumklang.

 

[Hobelhai]

Sorry, wollte auch noch was zu den Latenzen sagen: Mit diesen hat man tatsächlich zu kämpfen bei Variante 2, je nach Mikroposition so zwischen 5 und 12 ms. Jedes besere Sequenzerprogramm bietet einen (manuellen) Latenzausgleich, den muß man dann gegebenenfalls bemühen, ganz besonders wenn man zusätzlich noch das DI-Signal mit aufnimmt.
@Dr_Pug: Hab mir Eure Demo angehört und finde den Basssound eigentlich recht gut. Das Einzige, was stört, ist der Kompressor, der ist leider vollkommen daneben, in jeder (Spiel-)Pause hört man ihn deutlich pumpen und das Rauschen nach vorne holen.

 

[Arkadius]

Nur eine kurze Frage zwischendurch: Der Preamp ist in meinem Fall dann die Soundkarte, oder wie?

 

[Dr_Pug]

Ah, ok, danke Hobelhai. Das mit der Kompression wäre mir jetzt nicht so aufgefallen, ich höre da (zumindest am Anfang) immer den Snareteppich, der sich hochschaukelt. Also weniger Kompression vom Techniker einfordern?

 

[Hobelhai]

Haha, was ein Fauxpas, Du hast recht, es ist hauptsächlich der Snareteppich. (Pumpt trotzdem irgendwie?) Das bekommt man leicht weg durch stummschalten an den entsprechenden Stellen. Trotzdem gefällt mir der Sound noch gut, der knarzt doch schon ganz nett, dein Bass.

 

[Dr_Pug]

Um das Thema etwas weiterzutreiben, was meint ihr, lohnt sich die Übertragung der Master auf Band und dann wieder auf den PC, um die sog. "Bandsättigung" bzw. "Bandkomprimierung" zu erhalten, wenn man eh so bissl den Vintagesound sucht und Vintageequipment am Start hat? Wie groß wäre der Unterschied (gerade in Bezug zu meinen Aufnahmen)?

 

[Hobelhai]

Da kann ich Dir leider nicht weiterhelfen, hab nur noch son olles Pioneer Tapedeck hier rumstehen, nehme da aber nicht mit auf. Ich denke, das hängt von Eurem Equipment ab, aber einen Versuch ist es ja allemal wert.

 

[Dr.Sterni]

!!!!

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