Ron Carter über E-Bassisten

[gubi]

many thanks to Jonas Lohse:
"""
Also - ein E-Bassist, der Jazz spielt - für mich geht das irgendwie nicht zusammen. Der Sound ist nicht perkussiv genug; die Töne sind so lang, da ist es schwer für diese Jungs, den Puls so zu artikulieren wie es ein Kontrabass macht. Und die meisten dieser Jungs spielen eine Million Töne, wenn ihr Solo dran ist. Ich nenne das „eine Schlange im Gras“ – sie bleiben erst im Hintergrund und erledigen nur das Minimum, und wenn sie dann als Solist im Scheinwerferlicht stehen, wirkt es, als wären sie gerade erst zum Gig erschienen. Das stört mich ein wenig an dieser Mentalität. Aber es gibt auch einige tolle E-Bassisten: ich habe letzte Nacht gerade Victor Bailey mit der Billy Cobham Band gehört. Mann, der hörte sich schon gut an. Er hat ein gutes Jazz-Konzept, gute Intonation und und guten Sound, und es war einfach wunderbar. Ich mag auch Chuck Raney, Marcus Miller, und Anthony Jackson. Von denen würde ich mir auch Platten anhören.“ "
http://www.kontrabassblog.de/?p=30

 

[Hozzy]

Was will uns diese Werbesendung sagen? [ooo]

 

[stebbele]

Ich denke, man kann Ron Carter (seinem Baujahr entsprechend) eine gewisse Verschlossenheit gegenüber allem Neuen unterstellen; korrigiert mich, wenn es nicht stimmt.

Ich sags mal so: Hätt' ich mein Lebenlang nur Kontrabässe gespielt, hätte ich vermutlich auch was gegen E-Bässe: Beim Jazz, beim Funk, beim Rock und bei allem anderen auch

Andererseits: Ich spiel ja auch nur Jazz-Bässe und schau auf alle anderen herab *duck und renn*

 

[Hozzy]

Meinst Du etwa "Anti-Griffbrett-Onanie" []

 

[Uli Heinzler]

Na da sagt er doch wirklich nette Sachen über E bassisten finde ich.

 

[Reggaebass]

Mir fällt hierzu spontan ein, dass manche Profi-Musiker, sicher nicht nur Bassisten, irgendwann einfach eine gewisse Distanziertheit zu ihrem Instrument entwickeln. Ein mir bekannter Profi (E-/Kontrabass) sagte mir einmal wörtlich: "Ich interessiere mich für alle Musiker, nur nicht für Bassisten!" Das mag hier vielleicht auch so sein.

 

[bauschi]

Zitatch interessiere mich für alle Musiker, nur nicht für Bassisten!

dem ist nix hinzuzufügen!

bauschi

 

[Bronco]

Aber Ron Carter hat in den 70ern selbst eine ganze Menge E-Bass gespielt ?!?

 

[FaceOfTheBass]

Zitat:Original erstellt von: Bronco

Aber Ron Carter hat in den 70ern selbst eine ganze Menge E-Bass gespielt ?!?

hat er !
war aber nicht sein ding. deswegen spielt er cello und kontrabass.
.... und das richtig gut.

gruss fob

 

[Soulfinger]

Oisdann:

1. Carter ist in der Tat ein Gigant. Was er mit dem Miles Davis Quintett aufgeführt hat, ist heute noch Maßstab.

2. Das Solo-Statement hat was für sich. Allerdings ist Carter selber nicht grade ein begnadeter Solist IMHO.

3. Wer in den 70ern auf zwei von drei CTI-Scheiben Muzak eingespielt hat, sollte sich nicht so weit aus dem Fenster lehnen. []

Aber jedem seine Meinung. Meine: E-Bass im Jazz ist geil!

 

[chuckrainy]

widerspricht sich irgendwie, zuerst eine grundsätzliche aussage über e bass im jazz und dann mag er doch einige
hört sich an wie: frauen sind alle doof aber ich mag dolly buster und und und

 

[Volvic]

Ich finde er hat Recht. Es ist einfach auch eine Tatsache, dass ca. 95% aller E-Bassisten nicht besonders viel Ahnung von Musik im Ganzen haben (siehe auch: die heil'gen Schriften des Jeff Berlin ), sprich sie können meistens über ihre geachtelten 4 Grundtöne oder den geslappten Grundton plus gepluckte Oktave nicht hinausschauen.
Dazu kommt, dass sich ein E-Bass in den allermeisten Fällen halt relativ elektrisch/künstlich anhört, und dementsprechend auch irgendwie scheisse zu Piano, Drums, Bläser passt, weil er eben keine "Akustische Kultur" im Sinne eines Kontrabasses hat. Jaco hatte zB eine Kultur in seinem Sound, finde ich, der war authentisch. Joe Zawinul hat ihn ja auch nach dem Hören seiner Demo gefragt "Hey Kid, do you play electric bass too?" (Hab letztens Victor Bailey live gesehen und muss sagen, der hat sowas in der Art auch)
Und Jazz als Selbstdarstellung und Griffbrettgewichse... Wenn man den Soli nicht folgen kann und sie nicht versteht, dann ist es leicht so etwas zu behaupten. "Ich kann das Buch nicht lesen, weil es in Portugisisch ist... muss ein Scheiss Buch sein!"

Keith Jarrett spielt ja sogar aus Prinzip nicht mit E-Bassisten zusammen, für den ist das gar kein Instrument... Ich finde, man sollte mal drüber nachdenken, warum solche Leute überhaupt auf solche Gedanken kommen und wer daran schuld ist. Die bösen arroganten Jazz Musiker, oder die 100.000 beschissenen Grundton-Achtler, die sich "Musiker" nennen (und solche radikalen Ansichten vielleicht sogar provozieren!? (Ich kann datt auch nich beantworten)

 

[corvette$$]

Ich bin ziemlich gerne E-Bassist [^]

Ob mit oder ohne "akustische Kultur" und auch ist mein Musikalischesverständnis weit von dem Können eines Jazzkontrabassisten enntfernt.

Und doch
glaube ich das ich mit meinem Bassspiel Leute gut unterhalten kann.

Das ist im übrigen (neben dem Spass für mich selbst) einer der wichtigsten Dinge wenn ich Bass spiele.

Soviel zu dem Thema von einem der nur ein mittelmäßiger Bassist ist. []

 

[Oli Wan]

nur so viel: wer sauber grundton-achtel spielen kann ist in jedem fall ein besserer bassist als einer, der jeden song mit seinem pentatonik-genudel kaputt kriegt...reine selbstbefriedigung.
e-und a-bass sind unterschiedliche instrumente in unterschiedlichem song-kontext einzusetzen, wenn richtig eingesetzt = gut, wenn nicht = schlecht.
arroganz steht übrigens keinem musiker gut zu gesicht, das verschliesst das gehör..[]

 

[Volvic]

Der kleine Unterschied ist ja der, dass wenn ich vor einen E-Bass ein Mikrofon stelle, ich da ja nur einen Scheiss mit anfangen kann. Versteht mich nicht falsch, ich spiel ja selbst viel mehr und lieber E-Bass als Kontrabass, ich meine nur, das elektrische Instrument hat es schwer gegen ein Akustisches anzukommen, was den Klang betrifft, jetzt mal von der Qualität des Geräusches her gesehen. Ich glaube, jemand der vollkommen in diesem Klangkonzept drinsteckt (wie Ron Carter), sprich Luft/Holz/Ton von akustischen Instrumenten, bei denen man um jeden Ton kämpfen muss (anders beim E-Bass, der ja im Vergleich zum KB ein eher simples Instrument ist), für denjenigen kann so ein E-Bass ziemlich gruselig wirken. In sofern versteh ich Ron. Ich selbst spiel E-Bass, gerade weil er elektrisch klingt. Wenn ich das nicht will, spiel ich KB.
Und eine hohe Ton-Kultur beim E-Bass kommt ja nicht nur aus der reinen Verstärker Technik, ich meinte eher die Hände.
Und ich glaube, die Mär vom arroganten Jazzer entsteht generell dadurch, dass sich Jazz- und Rock/Pop/Funk-Musiker nicht gegenseitig verstehen. Die Rocker verstehen die extrem hohen instrumentalen Anforderungen des Jazz nicht, und die Jazzer verstehen nicht, dass man mit (nur z.B.) 3 Power-Chords 1000e Leute zum Jubeln bringen kann (jetzt ganz generell gesagt), und beides hat seine Berechtigung.
Und man muss das auch relativieren, ich glaube nicht, dass Ron Carter damit schon zufrieden ist, wenn er "mit seinem Bassspiel die Leute gut unterhalten kann", da is jeder anders.
Aber das gehört ja jetzt nicht mehr zum Thema.

Edit:

Und noch ganz kurz, was der Ron da über die Perkusivität und den Puls des E-Basses im Vergleich zum KB sagt... datt is ja einfach Tatsachenbericht, keine Beleidigung.

 

[Soulfinger]

Zitat:Original erstellt von: rumblebird

In meiner Wahrnehmung ist die Verkopfung des Jazz ausgegangen von europäischen Jazzern. Könnte was mit dieser unsäglichen E- und U-Diskussion zu tun haben.

Hm. Ich würde sagen, dass die "Verkopfung" des Jazz, wenn man das schon so sehen will (auch Kopfmusik unterhält, halt mehr das Hirn als den Hintern []), mit dem Bebop begonnen hat. Die Bopper haben sich ganz bewusst vom Mainstream abgegrenzt und ihre Musik als Kunstform deklariert und nicht als Tanzmusik.

 

[Volvic]

Ich meinte damit eher, dass sich Ron Carter wahrscheinlich höhere Ziele steckt, als "Ich spiel einfach gern Bass. Punkt." Nicht so profan, sonst wär er ja auch nicht Ron Carter. Da sind ja schon noch ein paar mehr Einflüsse in dem Kopf, siehe "der perfekte Klang, die perfekte Time, Komposition, Solo", datt is ja ein wie Kontrabass-Leistungssportler. Das obige Zitat ist da etwas "zu wenig", nur so. Aber das is ja jetz auch Korintenkackerei von mir

Und das mit dem Verständnis... weiß ich nich, ich hör halt nur viele Leute sagen "Jazz ist nur Gefrickel, Solos sind nur Selbstzweck, da gehts nur um Technik-Demonstrationen, Jazz Soli sind einfach nur schnelle komplexe Tonleitern etc." Und das sagen viele Leute, weil sie da technisch und im Kopf einfach überhaupt nicht mitkommen, glaub ich, aus Trotz.
Ein Popper wird das über "Rock im allgemeinen" eher nicht sagen, denk ich.

 

[Oli Wan]

zwischenfrage: wohin stellt mich das denn dann mit einem akustikbass...?
und jeden, der komplizierte jazz-bass-linien einfach nicht hören mag, als nicht-verstehenden zu bezeichnen ist ein wenig einfach, nicht? so ein richtiges totschlag-argument, das ist unsinn.

ron carter ist einer der besten bassisten überhaupt, keine frage, es gibt auch jazz der mir sehr gut gefällt, auch keine frage, ich mag auch kb, sicherlich keine frage (mein neues bass-projekt geht stark in die richtung..)
aber auch ein kann durchaus perkussiv klingen, zb. mit flatwounds und entsprechend gespielt, kein problem.

ich glaube, es ist einfach die ausdrucksweise, wenn denn das zitat auch richtig übersetzt wurde aus dem englischen! wenn so etwas die meinung eines einzelnen ist, unbenommen, mich stören nur immer diese sätze, die als allgemeingültig hingestellt werden, dass fördert meiner meinung nach auf jeden fall dieses "arrogante jazzer" vorurteil.
um mal wieder allem vorzugreifen, was zur zeit anscheinend im forum nötig ist: dieses ist kein persönlicher angriff und nicht als solcher mißzuverstehen! es stellt den versuch dar, die eigene meinung zu artikulieren und auch für sich selbst schlüssig zu argumentieren, konstruktiv.

(einige hier wissen, warum ich das so klar machen möchte..)

 

[Twinbay]

Will aja als Forum-Greenhorn nicht in Eure Zwischenmenschlichkeiten eindringen, aber für mich ist Ron Carters Aussage:

1. Der E-Bass-Sound ist nicht "passend" für Jazz.

2. Viele E-Bassisten im Jazz begleiten uninspiriert und lassen dann beim Solo "die Sau raus".

3. Das ist nur seine Meinung und außerdem gibt's auch Ausnahmen.

Zu 1.: Das klingt schon etwas koservativ, finde ich. Aber gerade, weil er selber auch schon genug E-Bass gespielt hat, ist es ja keine grundsätzliche Verteuflung dess EBasses im Jazz. Aber haben wir nicht alle solche Meinungen darüber, was gut klingt und passt, und was nicht? Ein Ron Carter muss für mich nicht unbedingt alles gut finden.

Zu 2.: Leider habe ich gerade gestern ein "Fast" -Besipiel gesehen: Eine Fernseh-Aufnahme von Lonnie Plaxico mit Cassandra Wilson. Ich mag ihn als Kontrabassisten sehr gerne! Dann aber greift er irgendwann zum E-Bass -bei einem Song, den er auch gut mit KBass begleiten könnte- und spielt bei dieser BALLADE einen solches Frickelsolo erster Kajüte, so dass sich mir die Fußnägel aufrollten.... Ich liebe aber weiterhin den EBass im Jazz und auch Lonnie Plaxico!

Zu 3.: Das ist natürlich ein Diskussionskiller, aber er hat eben keine Universal-Aussage gemacht.
Also ich finde die Aussagen -etwa im Vergleich zu Wynton Marsalis' Aussagen zu modernen Jazz- eher harmlos und persönlich.

Übrigens finde ich, dass sowohl Jazz- als auch Pop/Rock-Basssoli Ihre schlimmen Auswüchse haben: Beim Jazz die, dass ein "Uneingeweihter" weder rythmisch noch harminisch oder formell (heißt das so? "Die Form betreffend") noch hinterherkommt, weil alteriert Quintolen über eine 13-taktige 9/8-Nummer gespielt werden, oder so. Bei Rock etc. ist öfter das Abledern von Licks und Tricks und technischen Selbstdarstellungen. Die hat aber noch den Vorteil, dass man wie im Zirkus staunen kann, was es alles so gibt. Ist aber musikalisch -wie ich finde (muss man das hier immer betonen?)- keine Bereicherung. Uff.

 

[Volvic]

Ihr seht mich schockiert und rhetorisch völlig in den Schatten gestellt Ich wusste nicht, dass man hier in der wissenschaftlichen Korrektheit eines Immanuel Kant formulieren muss. Ich hab auch irgendwie den Faden verloren, der sich hier zu Beginn... äh, ja, entlangfädelte.
Ich glaub, ich bin auch wieder auf die "Jeff Berlin-Schiene" geraten, Pardon. Ich wollte nicht allgemeingültig klingen, oder irgendwelche Schubladen öffnen.

Aber ich versuch nochmal ein Fazit zu machen: Ich find, die meisten E-Bassisten klingen scheisse beim Jazz. Und viele Bassisten hassen "Frickler" (wie sie sie nennen, aber ich mein jetzt mal nur sehr technische Spieler) nur, weil sie das selber nicht können. Das ist jetzt einfach mal eine psychologische Behauptung von mir, keine Ahnung, obs stimmmt, würd ja keiner zugeben.
Aber, Oli, du hast recht "Mag ich nicht=Versteh ich net" is ein bisschen zu einfach, ich ziehe zurück.

Und die Sache mit dem Akustik-Bass. Is'n doofes Instrument, gehört hinters Bühnenportal rechts