Meine Vorbehalte waren sehr groß... siehe mein Posting weiter vorne. Hätte ich das Gerät nicht wirklich supersupergünstig bekommen (gebraucht gekauft, 4 Monate alt, wie neu), hätte ich wohl nicht gekauft, aber da wäre mir auch was entgangen.
Erste Eindrücke:
Am Anfang hat mich der Klang zunachst nicht so geflasht im direkten Vergleich gegen mein Analogboard. Letzeres klang für mich frischer, authentischer. Nachdem dann alles richtig eingestellt war (Eingangsimpedanz, In/out-Level etc.) und die ersten Sounds etwas angepasst waren, wurde es richtig gut. War vom Klang dann zunehmend sehr positiv überrascht, die Werkspresets darf man halt wirklich nicht als Maßstab nehmen. Ich denke, rein vom Klang gesehen ist die Differenz zu analogen Geräten in der Praxis vernachlässigbar, diese Differenz wird durch die vielfältigen Möglichkeiten weitaus mehr als ausgeglichen. Ich habe allerdings vor allem die Amps, Zerren, Comps und EQs sowie IRs getestet, die Modulationen/Delays vernachlässig, die kommen bei mir kaum zum Einsatz.
Es gibt einen hörbaren positiven Unterschied des HX z. B. zu den Zooms, die ich gut kenne, die sehr ordentlich sind, aber nicht ans Helix herankommen. Hinsichtlich der Programmierung am PC muss man erst mal lernen, dass die einstellbaren Parameter mit den Regelwegen analoger Potis nichts zu tun haben. Manche Parameter wirken sich klang kaum aus, andere absolut drastisch. Da gilt es noch vieles zu entdecken. Dieses Gerät wird sicher nicht langweilig, aber man muss auch Spaß daran haben, sich damit ausgiebig zu beschäftigen: dann wird man sicher entlohnt.
Was mir nach einer Zeit auch sehr positiv aufgefallen ist -- auch bei extremeren Einstellungen hat das HX einen sehr guten Geräuschspannungsabstand, zum ersten Mal fiel mir unangenehm auf, dass mein Analogboard bei extremere Einstellungen im direkten Vergleich durchaus nicht ganz rauschfrei ist.
Der größte Nachteil ist und bleibt halt doch der fehlende direkte Zugriff auf die Parameter, gerade wenn man live spontan eingreifen muß und das meist, wenn es ohnehin hektisch auf der Bühne zugeht und alles schnell gehen muss. Man wird im Laufe der Zeit sicher seine universellen Standardpresets finden und optimieren, aber fehlende direkte Zugriff ist eindeutig eine Einschränkung, aber das ist ja nichts HX-spezifisches...
Für die Anpassung an die spezifischen Bedingungen auf der Bühne und der Notwendigkeit, da schnell mal was anpassen zu müssen, kann man ja analoge Pedale im Setup lassen, die das erlauben. Vielleicht auch solche, die sich nicht ohne weiteres 1:1 auf dem HX abbilden lassen. Wenn das Teil bei mir bleibt - und danach sieht es aus - wird dann eben nicht mein einziges Pedal sein, allerdings würde mein Board kleiner und kompakter.
Aber genau dafür ist das Ding ja auch gedacht, nicht als Ersatz für alles (obwohl denkbar). Genau dieses Konzept- ein sehr kompaktes Format und die Möglichkeit, auf einige wenige analoge Pedale nicht verzichten zu müssen, finde ich absolut hervorragend. Bei den größeren Helix Boards stellt sich ja eher die digitale Frage nach dem entweder-oder, genau deshalb würde ich mir kein größeres Helix kaufen.
Also zusammengefaßt:
++ Klangqualität - sehr gut, viel besser als erwartet, sehr nah an den analogen Vorbildern, sehr geringe Latenz, (tolles Klangpotential, was die Werkspresets leider nicht wiederspiegeln)
++ Editor - am PC sehr einfach und transparent
++ sehr viele Geräteeinstellungen sind parametrisierbar/konfigurierbar, auch das interne Routing ist gut gelöst
++ Anschlussmöglichkeiten, auch sehr gut als USB-Interface zu nutzen, leider fehlt ein XLR, immerhin aber TRS-Klinke, und FS-Anschlüsse und externe Pedal-Einbindung!
+ Bedienung - am Gerät halt ein Kompromiß, bedingt durch die Kompaktheit, aber schlüssig gelöst, man lernt das schnell
+ DSP - 6 Blöcke sind etwas knapp (8 wären schon deutlich besser), die Parameter aber völlig ausreichend (kein Vergleich mit Kemper & Co, und das ist auch gut so)
+ Formfaktor/Größe - passt sogar in einen Basskoffer
o Werkspresets - (Menge und Einstellungen), das geht besser (selber tweaken) und es dürfen speziell für Basser noch ein paar Amps, Effekte und IRs mehr sein...
o Display hätte noch 2-3 cm breiter sein dürfen
o Kopfhörer mit guten Wirkungsgrad sind angeraten
o Gerät erwärmt sich leicht, aber bei der geballten DSP Power auf so engem Raum wohl auch kein Wunder
Ingesamt: sehr großes klangliches Potential auf sehr hohem Niveau, aber Hand anlegen muss man schon selber. Das Konzept ist gerade für Bassisten ideal, finde ich.
Was eine tolle Sache wäre - ein HX Stomp "Bass Edition" - also mit ein paar Dutzend interessanter, top programmierter Bass-Presets. Von Line6 wird das wohl nicht kommen, da müssen sicher die HX Basser mal ihre Lieblingspresets in ein gemeinsames Netz-Laufwerk werfen... aber das wär echt was! Wenn beim nächsten Update noch mehr interessante Amps, PEQs, Comp-Modelle seitens Line6 hinzukommen, wäre dagegen auch nichts einzuwenden. Da hat ZOOM - die ja mit dem B3n und dem MS60b spezielle Bass Versionen anbieten - mehr Fantasie.
Bis jetzt gefällt mir das kleine schwarze. Der aufgerufene Preis ist angesichts des Gebotenen gerechtfertigt finde ich. Die vielen Möglichkeiten der Einbindung als USB-Interface sind ein interessanter Bonus, wobei ich die Qualität hier natürlich noch nicht testen konnte.
Morgen gehts weiter mit dem Testen. Dazu noch ein Tipp: unbedingt über die Anlage testen, über Kopfhörer ist das nicht repräsentativ!
