Gestern ist ein JB-75MN bei mir eingezogen! Als Bastelprojekt, dachte ich. Nu sitz ich hier und weiß kaum, was ich daran pimpen soll. Und ich hatte soviel vor. Entlacken, Korpus chambern, shapen, beizen, Hardware komplett swappen usw. usf. Und dann kommt der Karton, man rechnet mit besserer Hertiecaster-Qualität und macht sich kaum Hoffnung, dass der Hobel den eigenen Ansprüchen gerecht werden kann. Aber was dann aus der Folie gepellt vor mir liegt, macht einem dann doch große Augen. Bin jedenfalls schwer begeistert von dem Hobel!
Da bekannt ist, dass die HB oft sackschwer sind, bat ich das T-Team ein möglichst leichtes Paket rauszusuchen. Man schrieb freundlich retour, dass man diesen Selektionsservice nurmehr im Customshop ohne Aufpreis anbieten könne, da diese Anfragen mittlerweile so oft kämen, dass sonst das Logistikteam überfordert würde. Kann ich absolut nachvollziehen, bei der mittlerweile vollautomatisierten Kommissionierung und der Zahl der Pakete, die dort täglich abgefertigt werden, wäre das tatsächlich Custom Shop Service für einen Billigheimer. Wenn da jeder käme,... Also Kirche im Dorf und sich überrraschen lassen hieß die Devise.
Es kam engmaserige Esche, 3 Teile, (natürlich) schwer, aber schön gefügt. Klaro, kein AAAAA aber gleichmäßig und nicht zu unruhig. Gefällt. Die Halstasche ist mal sowas von ultimativ perfekt gefräst, Respekt! Bünde sind natürlich nicht poliert, aber die Bundkanten sind immerhin angenehm verrundet. Es ist noch keine superultraflache Saitenlage möglich, dafür müssten die Bünde nochmal in Meisterhände. Aber doch wenigstens Fenderstandard, also absolut im grünen Bereich. Dazu ein Kunststoffbinding, dass fast als Ebenholz durchgehen könnte. Ist außerdem nicht so dick und kommt somit dezenter, als bei den Fender, die doch eher nach Plastik aussehen. Apropos Plastik: Die Sattelkerben sind sauber auf bequeme Höhe gefeilt. Erstmal kein Handlungsbedarf, evtl. die Sattelschultern etwas runden, fertig.
Die Bridge taugt auch, ist ein Blechwinkel, allerdings mit sogar besserer, da etwas massiverer Anmutung, als das Original. Kommt mit Messingreitern. Alle Saiten laufen perfekt über die Polepieces, selbst das Pickguard scheint auf 1000el mm genau gefräst zu sein, echt krass. Das E-Fach ist frei von Schleifstaub o.ä. und ordentlich verdrahtet. Etwas viel Kabelreserve innen, aber besser zu lang, als zu kurz. Bei den Potis merkt man dann, wo u.a. gespart wurde, aber alles funzt einwandfrei.
Die Roswell Singlecoils klingen erstaunlich gut, so wie auch die gesamte Konstruktion mit mächtigen 5,3kg, die sich aber angenehm hängen lassen. Keine Kopflast trotz dünnem Nylongurt, top! Und trotz der einspuligen Abnehmer, halten sich Einstreuungen/Nebengeräusche selbst im Solobetrieb überraschend zurück. Da hab ich schon deutlich schlimmere Volksempfänger in Jazzbässen gehört. Ein typischer, klarer 70´s Jazzbass-Sound mit ordentlich Punch, aber auch Knurr. Drückt herrlich, der Ton kommt schnell in die Hufe, macht Spaß! Vielleicht insgesamt etwas mächtig in den Hochmitten/Höhen, aber man hat eine Tonblende und die flammneuen D'Addarios verlieren ja auch bald an übermäßiger Präsenz.
Aus dem Karton genommen, musste ich zunächst den etwas überspannten Halsstab lockern, Saitenlage runter, Stimmen, fertig. Spielbar wäre er für einen Rookie allerdings nicht aus dem Karton gekommen. Überspannter Hals eben, Schepperorgie. Oktave hingegen war bereits annähernd perfekt justiert, ebenso waren die PU-Höhen korrekt angepasst.
Folgendes werde ich akut angehen:
Mechaniken: tauschen gegen Schaller 70,-
E-Fach: mit Kupferfolie schirmen, Controlplate mit CTS, Switchcraft und Orange Drop ausrüsten 25,-
Bünde: polieren 0,-
Sattel: gegen Knochen tauschen: 10,-
Gesamtkosten für den fertigen Pimp wären dann 270,- inkl. Bass! Selbst wenn dann doch noch iwann neue PU anklopfen sollten, läge man bei max. 450,- Für einen spitzenmäßiges J-Derivat, das sich m.E. gegen deutlich(!) teurere Geräte behaupten kann. Dafür bekommt man nichtmal auf dem Gebrauchtmarkt vergleichbare Qualität. Und da soll einer sagen, modden lohnt sich finanziell nicht.
Und wenn ich mal totale Langeweile habe:
Hals: abschleifen und evtl. etwas flacher shapen. Mehr modern C, statt C. Nicht viel, nur einen Hauch. Als Vorlage soll mein alter Ibanez Roadstar-Hals dienen, den ich mir mal selber nachgearbeitet habe und der (m)ein absoluter Handschmeichler und Referenzhals ist. Außerdem würde ich die Headstock-Form minimal ändern. Dann den Hals beizen und ölen, heißt Kopfplatte farblich an den Korpus angleichen, individuelles Decal draufpappen, ebenso die Halsrückseite dunkler und edler beizen und dann alles ölen, so dass die Maser und die leichte Riegelung des Halses mehr hervortritt und das Holz noch besser gegen Feuchte geschützt ist. Kostet bis auf etwas Schleifpapier, Leinöl und Farbe nix.
Fazit: Bin immer noch ungläubig, wie HB diese Qualität für das wenige Geld liefern kann und frage mich, wo der Haken an dem Teil ist. Ob sich vielleicht das Holz verzieht oder der Leim sich auflöst? Wenn nicht: Ein Bass fürs Leben! Viele schreiben "Guter Bass fürs Geld". Ich sage: ein guter Bass völlig unabhängig vom Preis! Ein absolut erwachsenes Instrument mit sehr guter Verarbeitung der Holzbasis, das mir in vieler Hinsicht besser gefällt als z.B. ein Sire V7 oder Mex oder sogar viele US-Jazzys, die ich den Händen hatte. Preis-Leistung 11 von 10 Punkten! Der Marcus Miller V7 galt damals schon als der Preisleistungsknaller und war trotzdem noch 3x so teuer. Schwer ist der Harley B. zwar, aber das waren etliche echte 70er Fender oder Rays auch. Und ich spiele eh viel im Sitzen. Ein bißchen Hardware gegen hochwertiges tauschen und für insgesamt nichtmal 300 Öcken haste ein professionelles Gerät, das sich hinter keinem anderen Jazzy verstecken muss. Ich bin echt geflasht! Und wenn man dann noch ein paar Euro für den Meister in die Hand nimmt und den Bünden noch den letzten Feinschliff gönnt, spielt man auch da in der oberen Liga mit!
To be continued!
Foddos:
