Ich bin, beruflich bedingt sehr häufig in Frankreich und kenne die dortigen Verhältnisse relativ gut. Natürlich weiß ich, daß gerade das zentralistische System dort einen enormen Postenwildwuchs generiert, der noch deutlich schlimmer als in Deutschland ist. Das ist auch eines der Probleme, an dem Frankreich, eigentlich schon seit Jahrzehnten kränkelt und einfach nicht in den Griff bekommt. Das sollte man ganz sicher nicht nach Deutschland exportieren.
Andererseits ist gerade das französische Schul- und Erziehungssystem schon mal einen Blick zu unseren Nachbarn wert. Ganztagesschule 8-18 Uhr ? Kein Problem ! Bei uns ein Ding der absoluten Unmöglichkeit. Als alleinerziehender, vollzeitberufstätiger Vater kann ich meine französischen Kollegen da nur beneiden. Kindergarten ist dort spätestens ab dem 2.Lebensjahr eine Selbstverständlichkeit und zwar bis abends 18Uhr ! Ein berufliche Auszeit von mehreren Jahren zur Kindererziehung ist dort nahezu unbekannt. Die Eltern können dort schon nach wenigen Monaten wieder beruflich einsteigen und werden dafür auch vom Rest der Gesellschaft nicht zu unverantwortlichen Rabeneltern degradiert. Da könnte man sich doch mal fragen, warum die französische Geburten- bzw. Elternquote soviel höher als in Deutschalnd ist ...
Ich kann Dir in den meisten Punkten zustimmen, doch möchte ich meine Erfahrungen und Sichtweise hinzufügen. Nicht konträr, sondern komplementär.
Ich lebe seit über 10 Jahren in Frankreich, habe 2 shculpflichtige Kinder und bin seit ca 3 Jahren geschieden mit wochenweiser Sorgepflicht für die 2, also 50% alleinerziehend.
Postenwildwuchs:extrem in Frankreich, doch in den letzten Jahren noch stärker in den Kommunen und Départements als auf nationaler Ebene.
In meinem kleinen DOrf von 1500 EInwohnern haben wir mehr als 10 kommunale Beamte. Das kostet!!!!
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist natürlich viel besser hier. Ich sehe aber auch die Kehrseite.
Beispiel Grundschule Grossraum Paris:
morgens von 8 bis 9 in die Kinderbetreuung, 9.00-16.45 Schule, 16.45 - 18.00 Nachbetreuung, und dann kommt der Kindersitter und betreut weiter bis 19.30 bis die Eltern heimkommen. Hausaufgaben werden irgendwann auch noch nach der Schule gemacht.
Dann kommt noch Klavierunterricht, Sport etc dazu. Natürlich gehts auf dem Land etwas cooler zu, aber das Prinzip bleibt.
SPielen unter der Woche?? Kaum Zeit dazu.
Dann kommen die Sommerferien: 2 Monate. Wenn man da keine Grosseltern oder Familie hat die die Kids mal nehmen kann wird das sehr lang und mit diversen Feriencamps auch recht teuer.
Und wenn man als Familie im Grossraum Paris lebt, hat man äusserst selten die Wahl, ob beide Elternteile arbeiten wollen. Die Lebenskosten sind so hoch, da MUSS man.
