...Wenn man aber anfängt Moslems und Christen zu trennen, muss man dann nicht auch Schiiten und Sunniten trennen? Und was macht man mit Jesiden, Hindus, Sikhs und Buddhisten?
... man darf halt nicht vergessen, dass unser Bild vom Islam durch die Medien recht verzerrt geprägt wird... wir sprechen hier von einer Weltreligion, und wenn alle Mitglieder dieser Glaubensgemeinschaft blutrünstige Fundamentalisten wären, dann würden wir uns hier wohl schon lange nicht mehr so austauschen... die meisten Moslems leben ihren Glauben nicht anders als wir hier unsere Christentum leben... der Eine mehr, der Andere weniger... und den meisten tut man Unrecht, wenn man sie auf ihre Religionszugehörigkeit reduziert...
Aber ich habe selbst erlebt, wie Menschen auf beiden Seiten über ihren Schatten springen können, und viele Probleme entpuppen sich bei näherer Betrachtung eigentlich als Missverständnisse... Beispiel: ein pakistanischer Freund (übrigens voll integriert in Führungsposition in einem DAX-Konzern) hat mir neulich erklärt, dass es viele Moslems als "zu intim" empfinden, einer Frau die Hand zu geben... das hat nichts mit mangelndem Respekt zu tun, sondern mit gewissen gesellschaftlichen Grenzen und Normen, die wir natürlich auch haben: wenn wir z. B. (als Mann) in einem fahrenden Bus versehentlich einer Frau an die Brust greifen, dann ist uns das sehr peinlich, obwohl ganz offensichtlich die Handlung ohne jegliche sexuelle Motivation abgelaufen ist... einfach weil wir so erzogen sind - das "macht man halt nicht"... wenn wir nun in einem Land ankommen, in dem es üblich ist, einer Frau zur Begrüssung an die Möpse zu langen, dann hätten wir damit ein Problem, oder? Und zwar nicht weil wir Frauen als minderwertig empfinden würden... eher im Gegenteil - für uns wäre das eher ein Zeichen von Respekt und dafür brauche ich nicht mal gläubiger Christ sein... ich sag jetzt nicht, dass es so war - aber vor diesem Hintergrund liegt es im Bereich des Vorstellbaren, dass der Imam aus diesem Grund Frau Klöckner mitgeteilt hat, dass er ihr als Frau nicht die Hand geben wird... in den Medien wird das - auch durch Frau Klöckner - zum Eklat hochgepuscht, anstatt dass man aufeinander zugeht und sich von beiden Seiten erklärt...
Es ist einfach sehr schwer, aus gesellschaftlichen Normen auszubrechen, und dafür muss man nicht radikal sein: immer wenn ich in Asien bin fühle ich mich unhöflich, wenn ich asiatischen Geschäftspartnern nicht die Hand gebe... obwohl das eigentlich erst recht ein Zeichen des Respekts und der Höflichkeit ist... viele Asiaten springen selbst über ihren Schatten und bieten mir ihre Hand, weil sie auch meine Seite verstehen... und manchmal kann man sogar gemeinsam über sich selbst lachen...
Ich wehre mich deshalb so gegen Abziehbildchen und Klischess - weil wir dank ihnen meinen, wir hätten den Anderen verstanden und glauben, dann nicht mit ihm darüber sprechen zu müssen...
Und natürlich ist das Miteinander in den Flüchtlingsunterkünften schwierig und konfliktbeladen - weil Menschen aus unterschiedlichen Kulturen in Extremsituationen auf engem Raum in einem fremden Land ohne gemeinsame Sprache miteinander auskommen müssen... und das schafft nicht jeder... schlimm aber ist so...
Ich bin ganz bei basshole, dass eine Trennung hier eher kontraproduktiv wäre... mein Vorschlag wäre, Asylanten, die schon länger im Land sind, mehr einzubeziehen. Bei uns vor Ort leben die unterschiedlichsten Kulturen in der Unterkunft zusammen (knapp 30 Menschen)... das hat auch nicht von Anfang an geklappt, aber die haben sich zusammengerauft und sind heute eine enge Zweckgemeinschaft... die haben halt gelernt, bei den Anderen nachzufragen, wenn sie etwas nicht verstehen oder ihnen etwas komplett widersinning oder respektlos erscheint...
Ich würde mir wünschen, dass die - gerne auch gegen Bezahlung - ihren frisch angekommenen Landsleuten in den Massenunterkünften und Erstaufnahmen diese Erfahrungen weitergeben...
... aber "Leute wie ich" sind halt eben nur naive Blümchenschwenker...