Jetzt muss ich mal 2 kleine Begebenheiten aus meinem Leben erzählen, bei denen es um Ressentiments, Migranten und Überraschungen geht.
Ich habe mein Büro in Karlsruhe im Stadtteil Südstadt, ein buntes Viertel mit großem Migrationsanteil. Hier ist immer was los, im Guten wie im Schlechten - schöne Stadtteilfeste mit Musik aus aller Herren Länder, hupende Autokonvois nach jedem WM-Spiel (eine Nation gewinnt immer) bis hin zu Krawallen und Drogeneskapaden auf dem Quartiersplatz. Kurzum, mir gefällt es hier. Mein Büro liegt im EG zur Straße mit großem Schaufenster und außer meinen Kunden schwappt mir auch immer wieder das Leben von der Straße auf die Fußmatte.
Vor gut drei Jahren in der Vorweihnachtszeit kam Freitag Nachmittags ein Italiener zu mir herein mit der Bitte um Hilfe. Er habe seinen Geldbeutel verloren und müsse dringend am nächsten Montag nach Stuttgart ins Konsulat für seinen neuen Pass. Er habe kein Geld mehr für die Fahrkarte, könne mir aber alles zurückzahlen, wenn er den neuen Pass habe und seine Bankkarte wieder beantragen könne, usw. Die Geschichte war genau so, wie ich sie erwartet habe, und geglaubt habe ich sie auch nicht. Trotzdem habe ich meine Bedenken als ungerechtfertigtes Vorurteil zur Seite geschoben mich entschieden, ihm 80,- übers Wochenende zu leihen. Mir war es das Risiko wert, es im Zweifelsfall als Weihnachtsspende zu verbuchen. Es kam, wie es kommen musste, er hat mich noch 1x angerufen und vertröstet, danach war die Nummer nicht mehr erreichbar und die Kohle futsch. Scheiß drauf, Weihnachten...
Ca. ein Jahr später saß ich unter der Woche abends im Büro, als eine gut aussehende und gepflegte Frau Mitte 30 zu mir ins Büro kam, mit afrikanischem Hintergrund würde ich tippen. Sie wohne um die Ecke, habe ihre Wohnungstür zufallen lassen und bräuchte den Schlüsseldienst. Der würde aber nur auf Vorkasse arbeiten, daher bräuchte sie von mir Geld, das sie mir noch am selben Abend zurückbringen könnte, wenn sie erstmal wieder in ihrer Wohnung sei. Ich habe ihr dann freundlich erklärt, dass mir das zwar leid tue und ich ihr auch gerne glauben würde, aber aus der vorher gemachten Erfahrung nicht mehr bereit sei, auf die Ehrlichkeit wildfremder Menschen zu vertrauen. Sie war natürlich enttäuscht, ist aber ohne weitere Diskussion gegangen.
Nochmals ein Jahr später kam abends die gleiche Frau wieder in mein Büro und hat mich wirklich überrascht. Sie hätte sich vor einem Jahr Geld von mir geliehen und wolle es mir zurückbringen.
Ich habe das Missverständnis aufgeklärt und mich für meine damalige Ablehnung entschuldigt.
