Bass bei Aufnahmen - Wann ist das Ergebnis erreicht

[bluefunk]

Nun oute ich mich mal Wenn das Thema schon in einem anderen Beitrag behandelt wurde (ich habe nichts gefunden), bitte ich die Administratoren es dorthin zu verschieben. Als Gitarrist war ich schon häufiger an Produktionen beteiligt und die Ergebnisse kann ich auch heute noch entspannt anhören.

Derzeit mache ich meine erste CD Produktion als Bassist. Bisher sind nur Bass und Schlagzeug aufgenommen, die Produktion soll nun in die 2. Phase mit git/keys/vocals .... gehen (eine komplette Vorproduktion "auf Click" ist vorhanden).

Nun stoße ich auf folgendes Problem: Ich höre die kleinsten Nuancen, z.B. im "Microtiming", Anschlagsstärke etc. und hadere mit den Ergebnissen. Interessanterweise sagt man mir sonst nach, daß ich ein sehr gutes Timing hätte (ich spiele in sehr vielen Liveprojekten und auch bei den Liveaufnahmen passt der Bass) und auch der (erfahrene) Studiobetreiber findet die Bassspuren gut. Der Schlagzeuger ist exzellent, hat schon mehr als 70 Prodktionen gemacht und beherrscht virtuous sein Microtiming. Seine Anregungen habe ich auch schon umgesetzt. Es ist visuell auch "auf den Click" und "pushing" und "laidback" sind mir durchaus ein Begriff.

Nun frage ich mich, ob ich "übersensibilisiert" bin und je mit dem Ergebnis zufrieden sein werde. Die Basspur ist noch völlig unbearbeitet, pre EQ direkt ins Pult, kein Kompressor, nichts anderes.

Welche Erfahrungen habt Ihr mit solchen Situationen?

Mit gruße Spannung freue ich mich auf Euren Input.

 

[Mr.Mingus]

Welche Erfahrungen habt Ihr mit solchen Situationen?

ich war mit meinen spuren auch nie voll zufrieden.... iwie gabs immer was zu meckern (aus meiner sicht)
evtl sind wir da zu selbstkritisch.

edit: manchmal sind solch kleine nuancen (die UNS nicht so gut gefallen) das salz in der suppe

 

[CPerschke]

Moin, du beschreibt genau die Situation in der ich gerade steckte.

Erste Studio Rec als Bassist (vorher aber zig als Posaunist und Produzent).
Mit genau den Zweifeln die du beschrieben hast. Irgendwann muss ein Haken dran.
Mein Anspruch an mich ist ungefähr 1000 mal höher als mein aktueller Level.
Zu deinen Punkten kommt noch, dass wir alles aufgenommen haben und dann auch noch die "Soundfrage" im Kontext im Raum steht.
Ich hab aber festgestellt, dass es viel schwerer ist zu einem Song wieder Abstand zu bekommen, wenn man Bass spielt... der ist halt immer präsent.

Frag jemand anderes und lass erstmal den Rest dazu kommen. Danach hör es mit ein paar Tagen abstand im Mix. Was dann wirklich noch die MUSIK stört, könntest du noch mal ran.
Und es wird sein wir immer, wenn du es mit Abstand hörst, sind deine Nuancen weg

Aber ja, wir sind übersensibel - aber das heißt doch, dass wir einen Geschmack und Sinn für Musik haben und eine Vorstellung wie genau was klingen könnte.
Wie schrecklich, wenn wir nicht hören würden wenn was nicht ok ist.

Was für Musik macht ihr denn? Unser Projekt ist ein Jazz/Groove Ding, da sind manche "Schnitzer" sogar charmant

 

[EADG]

Meine Studioerfahrungen stammen alle aus dem letzten Jahrhundert und sind wohl aus der Zeit gefallen, aber ich kenne das Phänomen, dass die nackte Bassspur erschreckend fragil klingt. Heutzutage gibt es ja interessanterweise isolierte Bassspuren von ikonischen songs und bei denen geht es mir genau so:

Wackelt John Mc Vie manchmal? Verschludert er nicht den einen oder anderen Ton? Kann sein. Aber er hat auf der Aufnahme einen unglaublichen Groove, der alles wettmacht. Die meisten Amateurbands schaffen es bei Studioproduktionen nicht, diesen Groove aufs Band oder auf die Festplatte zu bekommen, auch (oder vielleicht gerade) wenn jedes Signal an der exakten Stelle sitzt.

Ich hatte hier mal einen thread übers Microtiming. Microtiming alleine nützt nichts. Mein Dafürhalten: Das Makrotiming muss stimmen, dann klappts auch mit dem Microtiming.

 

[bluefunk]

Was für Musik macht ihr denn? Unser Projekt ist ein Jazz/Groove Ding, da sind manche "Schnitzer" sogar charmant

Es ist eine Produktin für die Sängerin Donata Chiari aus Bologna. Ich bin auch der Produzent (macht es mit der Zufriedenheit doppelt schlimm . 10 bisher unveröffentlichte Songs, Soul, funky Blues, Jazz, Latin .... Donata ist eine unglaubliche Sängerin und prägt die ganze Produktion. Mit Matthias Daneck habe ich eine Traumbesetzung am Schlagzeug der bei entsprechenden Songs eben trotz Click auch die Lebendigkeit eingebracht hat .....

 

[EADG]

Ich bin auch der Produzent

Ich denke, das macht es vielleicht schwerer. Wäre es mit einem anderen Basser genau so?

 

[Mudskipper]

Wackelt John Mc Vie manchmal? Verschludert er nicht den einen oder anderen Ton? Kann sein. Aber er hat auf der Aufnahme einen unglaublichen Groove, der alles wettmacht

Klar wackelt er mal zieht ein bisschen zu lang, setzt ein mü zu schnell ein…aber genau das macht es am Ende menschlich und der Song klingt großartig.
Es gibt ja sogar KI Basssoftware wo es einen Humanizer Regler gibt um es extra menschlich klingen zu lassen.

Nun frage ich mich, ob ich "übersensibilisiert" bin und je mit dem Ergebnis zufrieden sein werde. Die Basspur ist noch völlig unbearbeitet, pre EQ direkt ins Pult, kein Kompressor, nichts anderes.

Ja ist man.
Vor allem wenn es noch die nackte Spur ist. Ich bin da auch nie zufrieden aber am Ende hört man das dann im Mix eh nicht raus.
Witziger Weise höre ich aktuell wieder 20 Jahre alte Aufnahmen, da wir eine alte Band reanimiert haben und auf Grund unserer Entfernung gibt es nur Generalprobe und Gig am nächsten Tag . Ich höre meine Unzufriedenheiten immer noch raus und denke das hätte ich besser machen können .
Nicht bekloppt machen würde ich sagen.

 

[CPerschke]

Es ist eine Produktin für die Sängerin Donata Chiari aus Bologna. Ich bin auch der Produzent (macht es mit der Zufriedenheit doppelt schlimm . 10 bisher unveröffentlichte Songs, Soul, funky Blues, Jazz, Latin .... Donata ist eine unglaubliche Sängerin und prägt die ganze Produktion. Mit Matthias Daneck habe ich eine Traumbesetzung am Schlagzeug der bei entsprechenden Songs eben trotz Click auch die Lebendigkeit eingebracht hat .....

Klingt gut, lass uns später dran teilhaben!

 

[Mr.Mingus]

Klar wackelt er mal zieht ein bisschen zu lang, setzt ein mü zu schnell ein…aber genau das macht es am Ende menschlich und der Song klingt großartig.

absolut.....
fight the quantisierung

 

[EADG]

einen Humanizer Regler

ist das ein Euphemismus für Deppenkontrolle?
Sowas können sich nur Leute ausdenken, die sich KI ausdenken.

 

[EADG]

das hätte ich besser machen können

wenn du das nicht mehr denkst, ist es Zeit, aufzuhören.

 

[bassmansemi]

Klar wackelt er mal zieht ein bisschen zu lang, setzt ein mü zu schnell ein…aber genau das macht es am Ende menschlich und der Song klingt großartig.
Es gibt ja sogar KI Basssoftware wo es einen Humanizer Regler gibt um es extra menschlich klingen zu lassen.

Ja ist man.
Vor allem wenn es noch die nackte Spur ist. Ich bin da auch nie zufrieden aber am Ende hört man das dann im Mix eh nicht raus.
Witziger Weise höre ich aktuell wieder 20 Jahre alte Aufnahmen, da wir eine alte Band reanimiert haben und auf Grund unserer Entfernung gibt es nur Generalprobe und Gig am nächsten Tag . Ich höre meine Unzufriedenheiten immer noch raus und denke das hätte ich besser machen können .
Nicht bekloppt machen würde ich sagen.

Komisch mir gehts da nen bisschen anders: so kurz nach dem Recording, sagen wir mal erster roughmix hör ich mir das an und denke, och nö da is ja nen kleinerTiminglapsus, da treibt es etwas usw...Wenn ich dann mit Abstand nach einiger Zeit den Mix höre, denk ich "hui das groovt ja gut und der Song geht ab", klar hör ich dann immer noch ein paar Fitzel, die besser gingen, aber ich kann das dann geniessen und auch gut sein lassen; wie sonst würde ich auch jemals nen Fortschritt feststellen? Meiner bescheidenen Meinung nach, das Schlimmste wat man machen kann, ewig an dem Teil rumbasteln, optimieren, etc. iwann is der track einfach dead.

 

[DGM]

Bei mir ist die Bassspur immer dann fertig, wenn ich damit zufrieden bin.
Wenn mich ein Timingfehler (sei er auch im Microbereich) nervt, korrigiere ich ihn.
Wenn am Ende alles gemixt und gemastert ist und mir erst nach der Fertigstellung der Aufnahme noch was auffällt, dann ist das halt so. Aber solange ich die Möglichkeit habe, etwas zu korrigieren, über das ich mich später ärgern würde, tue ich das.

 

[krysh]

Solospuren sind immer etwas gruselig, weil der Kontext fehlt.
Wie andere schon sagten sind es die kleinen Feinheiten, die im Gesamtmix die Magie erzeugen.
Wenns dann immer noch nicht passen sollte - was ich bezweifle, kannste ja den bass nochmal overdubben.

 

[Mudskipper]

iwann is der track einfach dead.

Das stimmt allerdings!

 

[bluefunk]

Ich denke, das macht es vielleicht schwerer. Wäre es mit einem anderen Basser genau so?

hhhmmmm bin ja auch Konzertveranstalter und da denke ich oft: "mit was so mancher Basser sich durchschlägt". Andererseits lungere ich ja häufig auf dem Marleaux Basscamp oder in sonstigen Workshops rum, und was da die Leute abliefern ist schon der Hammer. Aber als nackte Aufnahme habe ich das natürlich auch noch nie gehört ......

 

[bluefunk]

Klingt gut, lass uns später dran teilhaben!

das werde ich ...

 

[Mr.Mingus]

ewig an dem Teil rumbasteln, optimieren, etc.

das hat mich an den rand des wahnsinns gebracht

 

[cfortner]

Klar wackelt er mal zieht ein bisschen zu lang, setzt ein mü zu schnell ein…aber genau das macht es am Ende menschlich und der Song klingt großartig.

Genau so.

Gestern haben wir etwas gejammt und dabei wie immer aufgenommen und ich dachte „geiler Groove“. Dann habe ich mir die Bassspur angehört und wollte alles löschen.

Was im Bandkontext als der Punkt empfunden wird, der beim Bass das Timing definiert, kann durchaus schwanken, glaube (!) ich.

Der Pick-Klick kann von lauten Signalen der gleichen Frequenz verdeckt werden, dann ist vielleicht ein im Anschwellen vorhandener hörbarer Mittenbereich kurz davor oder danach dafür zuständig - und umgekehrt.

Und das in gewissen Massen schwankende Mikrotiming wird als lebendig (weil menschlich) empfunden.

Deshalb höre ich mir den Song an und entscheide, ob es gut ist. Die nackte Bassspur klingt bei mir Hobbyspieler selten so gut, dass ich zufrieden bin.

 

[EADG]

Wenn mich ein Timingfehler (sei er auch im Microbereich) nervt, korrigiere ich ihn.

Klar, wenn mich ein Fehler nervt, kann er nicht bleiben. Ich hatte oben ja geschrieben, dass meine Studioerfahrungen noch aus Tonbandzeiten stammen. Korrigieren war da nicht so leicht drin. Also nochmal neu. Heute mit Garageband daheim beim Lieder schreiben/aufnehmen flicke ich auch rein, weil es schneller geht, aber ich finde, die Musik verliert dann an Kontinuität. Mir gehts dabei auch nur darum, eigene songs meiner Band vorstellen zu können und nicht um eine "Produktion".

Beim Thema "Flicken" fällt mir der Freihandzeichnenkurs an der Hochschule ein. Wir durften nicht radieren. Was mich zunächst eher gehemmt hat (Oh Gott, blos nix falsch machen), war irgendwann eine Befreiung. Der "falsche" Strich war am Ende ein Schatten, ein Detail, eine Bewegung... Das fand ich ganz faszinierend.

Es gilt halt, die richtige Balance zu finden zwischen Schludrigkeit und Perfektionismus. Auf der einen Seite hat die Qualität in der Kunst schon etwas mit der reingesteckten Arbeit zu tun, auf der anderen Seite muss man aber aufpassen, dass man sich nicht verzettelt und im "wenigstens kein offensichtlicher Fehler"-Niemandsland landet.

Edit: Ich bin mir sicher, dass professionelle Produktionen sich auch dadurch auszeichnen, dass in ihnen wesentlich mehr Arbeit steckt.