Anfangsgeschwindigkeit langsam?

[Line]

Moin,

hoffentlich kling die Frage nicht doof, aber ich habe gerade große Bedenken, dass ich mich selbst verarsche.
Gestern habe ich mir ein Bassanfängerbuch gekauft, das von Anfang an nach Noten geht. Die ersten Übungen behandeln den Wechselschlag (mach ich bisher bis 120 bpm), aber auch drei Songs die man auf CD mitspielen kann.
Die haben 90 bzw. 92 bpm. In der Einführung des Buches steht, man solle möglichst langsam beginnen bei 50 oder 60 bpm: Geschwindigkeit entsteht aus Präzision.
Tatsächlich habe ich Probleme so langsam zu spielen: ich schlage mit beiden Fingern unterschiedlich stark an, fange an darüber nachzudenken welchen Finger ich denn nehmen soll, komm aus dem Takt.

Bisher gehe ich wie folgt vor:
- gucke mir die Noten an, zähle mit und visualisiere sie
- höre mir das Beispielstück an
- stelle den Metronom auf das Tempo des Stücks ein und spiele es einmal durch
- häng ich irgendwo, übe ich diese Stelle mehrfach
- dann spiele ich das Stück mit.

Nach fünf, sechs, sieben Versuchen geht das wohl auch mit Konzentration halb oder drei/viertel so schnell.
Bisher sind es nur die Töne E A D und G in als halbe und viertel Note.

Jetzt weiß ich nicht, ob ich mir für später nicht irgendwie schade, wenn ich nicht langsamer übe- oder ob ich das als meine Individualität durchgehen lassen darf.

 

[Sissi]

fehler die sich beim üben im schnellen tempo einschleichen und übergangen werden werden mitgeübt! und die dann wieder rauszubekommen ist harte arbeit...[]
also lieber langsam anfangen, schauen dass alles stimmt und dann erst tempo steigern.
also wie dus schon machst, stellen die hängen -langsam- wiederholen, dass man nicht zweimal hintereinander den gleichen fehler macht

 

[rabarvek]

Im Grunde ist völlig logisch: Wie soll man gut schnell spielen können, wenn man es nicht langsam kann?

 

[DIDI]

Hallo Line

Aus deinem Profil entnehme ich, dass du erst in diesem Jahr mit dem bassen begonnen hast. Da du, wie du schon selbst erkannt hast, mit den Fingern unterschiedlich stark anschlägst, empfehle ich dir ein paar Basisübungen. Übe einfach bei ganz langsamen Tempo den Wechselschlag auf einer Leersaite. Hierbei kannst du dich dann erstmal vollends darauf konzentrieren, dass die Finger gleichmässig die Saite anreissen. Dann, wenn es klappt, das Tempo vorsichtig steigern. Das machst du dann mit allen Leersaiten. Dann übe das Saitenwechseln, zum Beispiel 4 Anschläge auf der E- Saite und dann 4 Anschläge auf der A- Saite und wieder zurück auf E usw. Wenn das ohne Probleme wie selbstverständlich klappt, hast du den Kopf frei neues, nämlich die Greifhand. Das wie und wo am besten mit Hilfe eines Übungsbuches.

Gruss, DIDI

 

[Line]

Hi,

also erstmal vielen Dank für Eure Antworten.
So ganz generell: das schnellere Spielen klappt wirklich(!) fehlerfrei im Gegensatz zum Langsamen. Das geht erst, wenn ich das Stückchen etwas stärker automatisiert habe.

@Didi: danke für die Empfehlung. Übungen mit Hilfe eines Lehrbuches praktiziere ich.

@Lancelot: die 1/8 Noten mit dem Fuss zu wippen hilft unglaublich gut. Danke für den super guten Tipp!

@Sissi:

Zitat:fehler die sich beim üben im schnellen tempo einschleichen und übergangen werden werden mitgeübt! und die dann wieder rauszubekommen ist harte arbeit

Ich wurde als Kind beim Keyboardlernen bei einem krassen Fehler nicht korrigiert- der hat mich später so gehemmt, dass ich vollkommen die Motivation verloren habe.
Ich lasse ich deswegen auch täglich von meinem Mann korrigieren.

@Jörg
Du hast sicherlich viel Erfahrung- und das stärkt Deine Argumente.
Ich verstehe jetzt auch woher der Gedanke und die Überlegung langsam zu spielen kommt und wie sie begründet wird. Deine Argumentation hilft mir solche didaktischen Anweisungen in meinem Buch einschätzen zu können.

@rabarvek:

Zitatm Grunde ist völlig logisch: Wie soll man gut schnell spielen können, wenn man es nicht langsam kann?

Nein, das ist nicht logisch. Das Erlernen von 10-Finger-schreiben ist ein schönes Beispiel, aber auch Lesen lernen, motorische Abläufe beim Sport oder im Handwerk.... die diese "Logik" (inzwischen) wiederlegen. Ganz so wenig hab ich mir nicht bei meiner Frage gedacht.

 

[Basshole]

...m.E. wird die innere Timinguhr am besten aufgezogen, wenn man seine Stücke bei 50 bpm übt. Und dabei aufnehmen. Da werden alle Timingschwierigkeiten gnadenlos aufgedeckt. da hört man nämlich auch die Fehler die beim Schnellspielen nicht so auffallen.

Und man lernt, die Zeiteinheiten viel besser zu rastern und verinnerlichen...


Basshole

 

[Line]

Zitat:Original erstellt von: E-A-D-G
Ich versuche mir gerade einen Komponisten vorzustellen der in der Komposition bei den Basslinien Rücksicht darauf nehmen soll dass gewisse Sachen langsam nicht spielbar sind ?????

Moment, es geht um die Anfangsgeschwindigkeit- zur Einübung von Neuem- nicht darum, dass ich generell nicht langsam spielen will & kann. Wirklich nur darum, bei welchem Tempo man anfängt!
Ich habe kein Problem damit generell langsam zu spielen, sondern nur bei der Begegnung mit etwas das Neu für mich ist fällt mir mein "Wohlfühltempo" leichter.

 

[Basshole]

Zitat:Original erstellt von: Line

Zitat:Original erstellt von: E-A-D-G
Ich versuche mir gerade einen Komponisten vorzustellen der in der Komposition bei den Basslinien Rücksicht darauf nehmen soll dass gewisse Sachen langsam nicht spielbar sind ?????

Moment, es geht um die Anfangsgeschwindigkeit- zur Einübung von Neuem- nicht darum, dass ich generell nicht langsam spielen will & kann. Wirklich nur darum, bei welchem Tempo man anfängt!
Ich habe kein Problem damit generell langsam zu spielen, sondern nur bei der Begegnung mit etwas das Neu für mich ist fällt mir mein "Wohlfühltempo" leichter.

Wenn Du eine neue Line einstudieren willst - klar, fang mit Deinem Wohlfühltempo an ... bis du die line frei und sicher spielen kannst. Aber spätestens dann musst Du ans Mikrotiming. Dann muss die line auch bei 45 bpm genau funtionieren...die Achtel und 16tel müssen am richtigen Platz sein ... und wenn es selbst bei 45 bpm groovt... dann bist Du dser König.

Basshole

 

[Dr.Sterni]

Darf ich ganz vorsichtig auch eine Frage einwerfen? Welches Buch benutzt Du, Line?

Also mein Basslehrer (ich bin ja selber noch Anfänger und werd' es ewig bleiben *heul*) sagt mir das auch immer mit dem Wohlfühltempo, Line. Spiel doch die Übungen ruhig wirklich erstmal in "Deinem" Wohlfühltempo. Die Tatsache, dass Du Dir ja selbst die Frage stellst, warum dies oder das noch nicht sooo gut klappt und dass bestimmte Dinge wie z.B. ein unsauberer Wechselschlag hörbar sind, deuten darauf hin, dass Du genau auf dem richtigen Weg bist! Zur Sicherheit würde ich es langsam aber unbedingt auch probieren! Da halte ich es genau mit Jörg's Erklärung. Es kann m.E. nicht anders gehen, zumindest nicht, wenn man einen gewissen Grad an Perfektion erlangen will. Mir persönlich geht es halt so, dass ich unbedingt wissen will, was ich da tue. Ich mag mich ungern von meiner Intuition ausschließlich leiten lassen. Wenn ich alles langsam perfekt spielen kann, kann ich es später auch schneller, außerdem lerne ich bestimmte Dinge dann nicht noch mal von vorne, weil ich sofort beim Blick auf das Notenbild sehe "Ach ja, den Drop z.B. haste doch schon mal gemacht." oder "So einen Triller hattest Du ja hier oder da schon mal".

Ich mache meine Übungen auch erst immer in "meinem" Tempo (was schon sehr langsam ist). Dabei höre ich mir aber genauestens zu und versuche auch optisch permanent, meine Hände zu korrigieren: Winkel richtig? Nix verkrampft? Alles gleich laut es sei denn, ich soll Akzente und leise Dinge spielen? Spiele ich legato-Übungen wirklich legato oder kommt doch mal ab und an ein Staccato dabei heraus? Ist die Dämpfung richtig oder produziere ich ungewolltes "Double-Toning"? Beim Kontrollieren mache ich dann noch zwei Dinge, wenn ich eine "Schokoladenstelle" erwische (die ich nicht so toll hinbekomme):

1. Ich werde bewusst noch langsamer, wenn ich merke, dass etwas nicht so sitzt wie es sollte.
2. Ich grenze die Übung erst ein wenig und dann immer weiter ein, um genau den Fehler zu finden. Ich mache z.B. gerne den Fehler, einen kleinen Lauf zu spielen, der eigentlich ganz gut sitzt, aber von einem auf den anderen Ton ist plötzlich der Übergang zu kurz. Das Timing stimmt zwar, was die Anschläge an sich angeht, aber die Tonlänge ist an einer Stelle nicht korrekt, die ich aber erstmal gar nicht kenne. So kreise ich den Fehler immer mehr ein und weiß irgendwann "Aha, der Übergang vom Ringfinger auf den kleinen Finger der Greifhand sitzt noch nicht" (das ist übrigens in Wirklichkeit auch mein größtes Problem, war also gerade voll aus dem Leben gegriffen^^).

Ich hab' über 20 Jahre Ge-Schlagzeugt und außerordentlich viel Snare-Techniken gelernt bzw. lernen müssen. Da war hölle vertracktes Zeugs dabei, wobei man natürlich nicht hören darf, dass es schwer ist. Es soll ja "natürlichen Flow" haben. Den habe ich erst dadurch erlangen können, dass ich alles zu 100% langsam spielen konnte. Genau so wie es sollte. Und das habe ich so eingekreist wie oben beschrieben. Du wirst später merken, dass "Dein" Wohlfühltempo immer höher wird und dass Du dadurch später aus dem bisher Gelernten viel schneller neue Dinge heraus arbeiten kannst. So hat es für mich immer funktioniert, aber leider auch nur so.

In dem Fall, wenn ich etwas in meinem Wohlfühltempo gut spiele (und auch wirklich gut), probiere ich es meist noch einmal zur Kontrolle und siehe da, das klappt dann meist auch. Dann brauchste das mit dem Einkreisen und langsamer werden natürlich nicht mehr machen.