Echter Journalismus stirbt, genau wie echte Zeitungen und die Rechtschreibung.
gut, analysieren wir das problem:
- das internet hat uns warhol's traum ja wirklich nahe gebracht. alle können ihre fünfzehn minuten ruhm haben. bei youtube, indem sie etwas furchtbar dummes tun und sich dabei filmen lassen. auf diese art und weise sind hits entstanden, karrieren haben begonnen und sind auch wieder geendet... bei twitter kann man seinen senf anderen aufs brot schmieren, bei instagram täglich neue nacktfotos veröffentlichen... und als blogger bin ich doch schon bald eine in fernsehshows geladene konifere oder wie das heißt. welche expertise hat sascha lobo, daß er über sein thema schreiben darf? und ist es berechtigt, daß er wegen seiner bloggerei als "experte" angesehen wird? ich weiß es nicht. aber ich hab mal perez hiltons blog angeschaut und war entsetzt. der typ hat follower ohne ende und denen serviert er trash, immer reichlich garniert mit seinen moral- und stilvorstellungen. der typ drückt seine meinung durch bis ins deutsche provinzklatschblatt, denn das wüßte ohne diesen irren gar nicht, was in hollywood los ist. kurz gesagt: das internet ist ein segen für jeden, der eine mission hat. gsus wäre begeistert gewesen, hätte allerdings damit leben müssen, daß seine botschaft in der flut unter geht, also weniger, aber irrere typen erreicht.
- die informationsgesellschaft verkommt zum weißen rauschen. eine information war früher etwas, was von fachleuten produziert, bewertet und geliefert wurde. eine nachricht war eine reale sache. gut, es mag genug gegeben haben, was über den tellerrand gefallen ist, weil die indische hausfrau den skandal nicht per handy posten konnte und kein dpa-reporter vor ort war oder sonst etwas... aber das, was wir erfahren haben, war real. heute haben wir knapp 6 milliarden nachrichtenproduzenten, aber wir müssen erst mal selber recherchieren, welcher davon vertrauensvoll ist.
- wir sind unzufrieden. die verhältnisse sind schlechter als früher, wo ja bekanntlich eh alles besser war und wir haben weniger möglichkeiten, etwas zu ändern. die leidtragenden der finanzkriese sind offensichtlich wir, aber den schwarzen peter können wir nicht weitergeben. frustration gebiert verschwörungstheorien. es ist viel leichter zu ertragen, daß wir machtlos sind, wenn wir das kartell der bilderberger gegen uns haben. das nagt nicht am system des kapitalismus, an den wir glauben wollen sondern es nagt an der ehrlichkeit der mächtigen, die wir eh suspekt finden. es ist ok, in einem scheiß-staat zu leben, wenn der nicht legitimiert ist. man weiß dann ja und kann mit seinem zivilen ungehorsam gefahrlos anfangen. man kann im schrebergarten die flagge verkehrt herum aufhängen und einen fantasiepass herumtragen... das bleibt ja alles lange zeit folgenlos für einen selbst aber man fühlt sich mords aufrührerisch.
ich hab an einem konkreten fall mal quellenforschung betrieben. da war der stadtrat auf einen scharlatan hereingefallen, dessen produkt reine esotherik nach diesem strickmuster war. das ist schwer zu erkennen. ein buch mit vielen fußnoten, fotos, referenzen und einer allgemein wissenschaftlichen anmutung ist für einen laien schwer zu demontieren. und es wird schwerer, wenn das netz der referenzen dichter ist. nichts anderes ist die weltverschwörung der verschwörungstheoretiker: verdichtung des netzes. also muß man jede referenz abklappern ob sie an validen punkten endet. ist die "universität quentuwaliri (mex.)" existent? ist sie und ihr "lehrstuhl für prontologie" staatlich anerkannt? kann dementsprechend herr wusterhausen da professor sein? nein, denn in mexico kann man alles universität nennen, wenn man 100 pesos im jahr zahlt und her wusterhausen ist neben frau wusterhausen-knipp der einzige mensch, dem eine verbindung zu dieser uni nachgewiesen werden kann. zudem hat er bisher nur im kopp-verlag publiziert, nicht aber in "science"... das ist für keinen menschen zu leisten, der einfach nur eine information will.
übertragen auf dieses forum: ich bin eigentlich drummer. jeder, der mich mal live gesehen hat, weiß, daß ich auf dem bass ein stümper vor dem herrn bin und also kein bassist sein kann. aber ich hab hier tausende von "bassics", die mich zur koryphäe hochstilisieren. ich hab also eine fundierte meinung zu precis, flatwounds und röhrenamps. wenn hier ein anfänger ankommt, hört der zu einem gewissen prozentsatz auf mich. meine pseudoweisheit wird zu einem allgemeinen "ich hab mal gehört, daß..." beispielsweise squier scheiße ist. ein test im laden, bei dem der einzige begrabbelte squier eben nicht so doll war (er war für squier wirklich scheiße, aber besser als meine beschreibung, daher in der erlebnisswelt des anfängers ein besonders guter squier, wie schlecht müssen also die anderen sein...) festigt das hörensagen zu einer tatsache.
im gittenforum bin ich übrigens member "erich klappton" und propagiere wortgewaltig die telecaster über fender-amps. mein ziel ist es, eine band zu haben, in der der basser flatwound-preci spielt und der gitarrist tele... nur mit meinem beckensound komm ich nicht klar, weil mein gott in bezug auf becken, member "bimmelglocke" aus dem trommelforum, eigentlich sänger ist...
also wie will man heute noch mit einer nachricht gehört werden. mit einer nachricht, die wahr ist, die von mehreren leuten, deren wissenschaftliche und journalistische reputation tadellos ist, erfahren, gesiebt, verifiziert, mit fakten hintermauert wurde? zumal gestern die hälfte der reporter entlassen werden mußte, weil niemand mehr die zeitung kauft, seit alles im internet kostenlos ist...