Völlige Blockade im Kopf

[Thunderheartwoman]

Hallo zusammen,

dieses Thema ist mir ein bisschen peinlich. Ich bin vollkommen unfähig, irgendwas aus dem Bereich Musiktheorie zu lernen. Egal was. Ich habe jetzt über ein knappes Jahr schon tausendmal gängige Begriffe wie Akkorde, Harmonie oder Tonart nachgeschlagen, mir erklären lassen und Youtube-Videos angesehen, die das veranschaulichen sollen, aber es bleibt nicht das geringste hängen. Zum einen Ohr rein, zum anderen raus. Diese Begriffe und alle anderen aus der Musiktheorie sind für mich ungefähr so wie "Blagetzfo" oder "Rigini". Sie bleiben in meinem Kopf komplett ohne Bedeutung, egal wie oft ich versuche sie zu verstehen. Ich kann auch keinerlei Verbindung zur Praxis herstellen, obwohl ich es mir ja immer wieder mit praktischen Beispielen ansehe. Ich habe einfach keinen Plan, was das anschließend für mich am Bass (oder irgendeinem anderen Instrument) bedeutet. Als wäre ich dement oder so.

Ich habe das aber nur in diesem Bereich. Alles andere an neuen Informationen kann ich speichern, auch zum Beispiel Bewegungsabfolgen beim Tanzen, was ja eigentlich auch nicht gerade einfach ist und deswegen als gutes Gehirntraining gilt.

Ich kann mir auch Griffe auf dem Bass merken, selbst wenn ich etwas wochen- oder monatelang nicht geübt habe - sobald ich den Bass in der Hand habe, ist alles wieder da.

Nur sämtliches was mit Musiktheorie zu tun hat, bleibt stur außerhalb meines Kopfes. Bevor jetzt jemand vermutet, dass es an einer inneren Abneigung liegt: Die hatte ich ursprünglich nicht. Erst als ich festgestellt habe, dass ich Dinge einfach nicht lernen kann, die jedes Grundschulkind einfach so weiß.
Da fiel mir selbst Mathe noch leichter. Nichtlineare Gleichungen? Immer her damit! Musiktheorie - WTF are you talking about?!

Das Internet scheint so ein Phänomen nicht zu kennen. Hat hier vielleicht jemand sowas schon mal erlebt oder davon gehört? Gibt es eine Lernbehinderung in dieser Form? So kommt es mir tatsächlich vor und ich fühle mich im wahrsten Sinn des Wortes be-hindert. Erst jetzt glaube ich, Legastheniker so langsam verstehen zu können.

Muss ich mich davon verabschieden, jemals mehr zu machen als Tonleitern zu üben und allein zu Hause Basslines nachzuspielen? Oder gibt es eine Möglichkeit, Musik zu machen, auch wenn man die Theorie überhaupt nicht versteht?

 

[Bass-Fred]

Das Internet scheint so ein Phänomen nicht zu kennen. Hat hier vielleicht jemand sowas schon mal erlebt oder davon gehört? Gibt es eine Lernbehinderung in dieser Form? So kommt es mir tatsächlich vor und ich fühle mich im wahrsten Sinn des Wortes be-hindert. Erst jetzt glaube ich, Legastheniker so langsam verstehen zu können.

Muss ich mich davon verabschieden, jemals mehr zu machen als Tonleitern zu üben und allein zu Hause Basslines nachzuspielen? Oder gibt es eine Möglichkeit, Musik zu machen, auch wenn man die Theorie überhaupt nicht versteht?

Ich hatte früher selber das Gefühl, dass selbst nach tausendfachem Lesen/Anschauen exakt nichts hängen geblieben ist. Nachdem ich dann mal den ganzen Kram wirklich an Notenblättern durchexerziert habe, sind die Tonleitern, Stufenakkorde usw. plötzlich hängen geblieben. Danach war mir dann auch klar, wie ich den ganzen Kram auf dem Instrument üben kann, also Akkorde und Akkordtöne "durchspielen", improvisieren.

Im Nachhinein wunderte ich mich eher, worüber ich mich überhaupt gewundert habe. Mathematik ist ja auch durch das selber Rechnen ins Gehirn gewandert und nicht durch Zuhören in Unterricht/Vorlesungen oder Anschauen von Youtube-Videos.

 

[schokomat]

Was weißt du denn bisher? Irgendwas wird es bestimmt geben.
Dann überlege dir, was du noch wissen möchtest und schlägst da nach. Usw..,
Nicht alles auf einmal

Edit: Theorie lernt man am besten am Klavier. Falls keins da, hol dir ein Keyboard

 

[Mr.Mingus]

Oder gibt es eine Möglichkeit, Musik zu machen, auch wenn man die Theorie überhaupt nicht versteht?

so habe ich die ersten 10 jahre meines Basserlebens musiziert
Es bringt dir auch nichts theoretisch viel zu wissen, aber es praktisch nicht umsetzen zu können. erst wenn du in der praxis merkst wie etwas funktioniert ist es verinnerlicht. man kann sich auch einfach dinge merken die funktionieren, ohne zu wissen warum...

 

[Thunderheartwoman]

Was weißt du denn bisher? Irgendwas wird es bestimmt geben.
Dann überlege dir, was du noch wissen möchtest und schlägst da nach. Usw..,
Nicht alles auf einmal

Ich weiß gar nichts. Wirklich nicht. Wenn ich was nachschlage, bleibt die Information wie gesagt nicht im Ansatz gespeichert.

so habe ich die ersten 10 jahre meines Basserlebens musiziert
Es bringt dir auch nichts theoretisch viel zu wissen, aber es praktisch nicht umsetzen zu können. erst wenn du in der praxis merkst wie etwas funktioniert ist es verinnerlicht. man kann sich auch einfach dinge merken die funktionieren, ohne zu wissen warum...

Das zu hören ist wahnsinnig erleichternd!
Nur scheint mir, dass alle Musiker untereinander halt mit diesen Begriffen kommunizieren. Wie funktioniert das, wenn man nie weiß, was gemeint ist?

 

[Mr.Mingus]

vielleicht müssen sie dir es einfach mit andern worten erklären, ich weiss es nicht.
wenn ich meinem elektrik spezl etwas frage, weiss er: er muss es erklären wie einem 5 jährigen....

 

[EADG]

Ich kann auch keinerlei Verbindung zur Praxis herstellen, obwohl ich es mir ja immer wieder mit praktischen Beispielen ansehe

Wenn du den Praxisbezug hinbekommst, und die Beispiele selber spielst, statt dir das von anderen anzuhören, geht es vielleicht besser.

Die Begrifflichkeiten werden erst wichtig, wenn du dich mit andern austauschen willst. Vielleicht merkst du dir die Begriffe nicht, weil du sie nicht brauchst.

 

[bassero]

Ich kann das gut nachvollziehen, gerade mit den unzähligen Videos auf YT usw. sehe ich oft den Wald vor lauter Bäumen nicht. Und ich verstehe nicht, was mir der durchaus kompetente Videoersteller eigentlich sagen/transportieren möchte. Selbst wenn man sowas wie "Musiktheorie für Newbies" anschaut.

Das große Problem ist: man weiss nicht, was man nicht weiss.

Ich stolpere manchmal über echte Nuggets in YT-Videos, die sind aber selten. Wen ich ziemlich gut finde, ist Ariane Cap - die hat ein tolles Buch zum Thema Musiktheorie rausgebracht, welches ich zunächst nicht so wertschätzen konnte. Nachdem ich das aber nach unzähligen YT-Videos mal wieder in die Hand genommen habe, finde ich das super. Und an dem orientiere ich mich, mal sehen, wieviel hängen bleibt.

 

[Thunderheartwoman]

Wenn du den Praxisbezug hinbekommst, und die Beispiele selber spielst,

Das ist ja Teil des Problems... Es ist ungefähr so als würde ich dir sagen: Spiel mal x-(2+4) auf dem Bass und zieh die Wurzel... Das meine ich ernst.

Die Begrifflichkeiten werden erst wichtig, wenn du dich mit andern austauschen willst. Vielleicht merkst du dir die Begriffe nicht, weil du sie nicht brauchst.

Na ja, oft heißt es ja auch beim Üben zb, etwas in "C Dur" ist. Und dann weiß ich nicht, was das für mich bedeutet. Das verstehe ich einfach nicht, egal wie oft ich es erklärt bekomme.

vielleicht müssen sie dir es einfach mit andern worten erklären,

Das scheint keiner zu können. Was ich sogar irgendwie verstehen kann, schließlich gibt es die Begriffe aus gutem Grund. Bei anderen Themen tue ich mich auch manchmal schwer, etwas anderes als ein Fremdwort zu verwenden, weil es den Sachverhalt am besten ausdrückt.
Mein Vater zb (Keyboarder) ist schier verzweifelt bei dem Versuch.

Mittlerweile habe ich fast das Gefühl, dass man diese Sachen entweder von Natur aus versteht oder gar nicht. Weil es eben keiner wirklich so erklären kann, dass jemand der als Kleinkind keinen Musikunterricht hatte, das auch versteht. So wie manche Menschen mehr Farben sehen können als andere.

 

[schokomat]

Ich weiß gar nichts. Wirklich nicht. Wenn ich was nachschlage, bleibt die Information wie gesagt nicht im Ansatz gespeichert.

Ich weiß nicht seit wann du Bass spielst, aber völliges Nichtwissen kann ich mir nicht vorstellen. Wenn du zb weißt wie der Bass gestimmt wird oder wo bestimmte Töne liegen, ist das auch Wissen.
Fang doch erstmal mit EINEM einzigen Thema an. Zb Intervalle (also wie nennt man den Abstand zwischen 2 Tönen)

 

[aBaxxi]

Oder gibt es eine Möglichkeit, Musik zu machen, auch wenn man die Theorie überhaupt nicht versteht?

Ich glaube Musiktheorie verstehen ist etwas für Fortgeschrittene und geht schlecht ohne Musikstudium.
Aber Musik machen geht ohne das. Das tolle an Musik ist: sie muss nicht kompliziert sein, um einen zu packen.
Der Weg, Musik zu verstehen, noch bevor einem Musiktheorie erklärt, was man hört, ist auf die Tonunterschiede zu hören und zu überlegen, wie die auf einen wirken, so vom Gefühl her.
Die ganze Tonleitergeschichte ist so gemacht, dass die Sprünge von Ton zu Ton immer gleichmäßig vom Abstand zueinander klingen. Lässt man welche weg, entsteht Spannung durch den Tonabstand. Spielt man eine Reihe von Tönen hintereinander wird das Spiel der Abstände abwechslungsreich.
Genau gleich funktioniert Rhythmus, nur eben auf der Zeitebene.
Alles was du tun musst, ist hinhören und mit dem Ohr messen und vergleichen.
Gerade fällt mir noch ein, dass der Klang auch noch dazu kommt, also welche Verzerrung oder Effekt oder sowas. Viel Musik funktioniert über diese Schiene. Wenig Spannung im Rhythmus und der Melodie, aber viel Spannung im Klang. Geht auch wunderbar.

 

[Mr.Mingus]

hmmmmmm....
glaubst du denn das du es für dein bass spiel unbedingt brauchst? oder möchstest du mit den anderen kommunizieren?
dein bassspiel wird nicht unbedingt besser nur weil du theoretisch etwas fitter bist.

 

[Thunderheartwoman]

Ich weiß nicht seit wann du Bass spielst, aber völliges Nichtwissen kann ich mir nicht vorstellen. Wenn du zb weißt wie der Bass gestimmt wird oder wo bestimmte Töne liegen, ist das auch Wissen.

Das ist aber praktisches Wissen. Ich spiele seit einem knappen Jahr.

Fang doch erstmal mit EINEM einzigen Thema an. Zb Intervalle (also wie nennt man den Abstand zwischen 2 Tönen)

... So habe ich das als Rückfrage meinem Vater gegenüber formuliert (Abstand zwischen zwei Tönen) und er musste lachen. Dann stimmt das also doch.

 

[schokomat]

Das ist aber praktisches Wissen. Ich spiele seit einem knappen Jahr.



... So habe ich das als Rückfrage meinem Vater gegenüber formuliert (Abstand zwischen zwei Tönen) und er musste lachen. Dann stimmt das also doch.

Stell dir einfach vor du stimmst den Bass…Dann ist es Theorie

 

[EADG]

Ich habe jetzt über ein knappes Jahr schon tausendmal gängige Begriffe wie Akkorde, Harmonie oder Tonart nachgeschlagen, mir erklären lassen und Youtube-Videos angesehen, die das veranschaulichen sollen, aber es bleibt nicht das geringste hängen.

Jetzt nochmal zum besseren Verständnis: Wenn jemand die Begriff "Akkord", "Harmonie" oder "Tonart" benutzt, weißt du nicht, wovon die Rede ist?

Harmonie habe ich übrigens gerade auch noch mal nachgeschlagen. Der Begriff hat ja eher etwas mit der Musikpraxis als mit der Musiktherorie zu tun

Du solltest die Musiktheorie weder über- noch unterschätzen. Es ist ein bisschen wie mit der Muttersprache und Grammatik. Es kann sein, dass jemand seine Muttersprache fehlerfrei spricht, ohne den blassesten Schimmer von der grammatikalischen Beschreibung zu haben.

Es ist aber auch nicht ratsam, seine Muttersprache unter Missachtung der grammatischen Regeln sprechen zu wollen. Dabei ist Musik noch viel freier als Sprache. Wenn du das spielst, was du hören möchtest, kannst du gar keine Fehler machen. Nur wenn du etwas spielst, was du nicht so spielen und hören wolltest, war das ein Fehler.

Die Beschäftigung mit Musiktheorie sollte das Musizieren eigentlich einfacher machen. Du bekommst mehr Ideen, was da noch so alles passen könnte.

 

[Thunderheartwoman]

hmmmmmm....
glaubst du denn das du es für dein bass spiel unbedingt brauchst? oder möchstest du mit den anderen kommunizieren?
dein bassspiel wird nicht unbedingt besser nur weil du theoretisch etwas fitter bist.

Ich weiß es nicht, aber wenn übers Bass spielen geredet wird, spielen diese Begrifflichkeiten durchaus eine Rolle. Wie in meinem Beispiel mit C-dur. Ich steige da mittlerweile immer schon direkt aus und denke mir, fck it, ich spiel einfach nach, was ich höre oder guck mir die Griffe bei einem guten Cover ab.

Aber dann bleibt es halt beim Nachspielen und das sind jetzt nicht so die reizvollen Zukunftsaussichten, finde ich.

 

[Mr.Mingus]

ich spiel einfach nach, was ich höre

mache ich auch oft. ist sehr gut das zu können.

guck mir die Griffe bei einem guten Cover ab.

habe ich auch gemacht. alles nix verwerfliches...

 

[cwegy]

Na ja, oft heißt es ja auch beim Üben zb, etwas in "C Dur" ist....

Dann spielst du einfach

C D E G A C

oder nur

C E G

oder nur

C G

oder nur

C

 

[Thunderheartwoman]

Jetzt nochmal zum besseren Verständnis: Wenn jemand die Begriff "Akkord", "Harmonie" oder "Tonart" benutzt, weißt du nicht, wovon die Rede ist?

Genau. Es gibt sicherlich noch mehr Beispiele, aber die fallen mir nicht mal mehr ein.

Harmonie habe ich übrigens gerade auch noch mal nachgeschlagen. Der Begriff hat ja eher etwas mit der Musikpraxis als mit der Musiktherorie zu tun

Weil es letztlich um die praktische Umsetzung geht, aber das betrifft die Theorie ja immer. Nur steht in meinem Kopf zwischen Theorie und Praxis eine mehrere Meter dicke Wand. Nach meinem Empfinden haben die beiden überhaupt nichts miteinander zu tun.

Du solltest die Musiktheorie weder über- noch unterschätzen. Es ist ein bisschen wie mit der Muttersprache und Grammatik. Es kann sein, dass jemand seine Muttersprache fehlerfrei spricht, ohne den blassesten Schimmer von der grammatikalischen Beschreibung zu haben.

Das ist ein prima Beispiel, denn es ist tatsächlich so, dass ich meine Muttersprache nicht erklären kann. Ich war in Deutsch immer Spitzenschülerin, aber wenn wir Arbeiten über Grammatik mit den ganzen Fachbegriffen geschrieben hätten, hätte ich wahrscheinlich meinen Abschluss nicht geschafft.
Ebenso spreche ich Englisch fast fließend, aber frag mich nach grammatikalischen Fachbegriffen und ich bin raus.

Wenn man mich fragt, wie ich denn dann so gut Englisch gelernt habe, kann ich das nicht beantworten. Ich lerne Sprachen hauptsächlich intuitiv. Die Grammatikregeln im Englischen habe ich anhand von Beispielen verinnerlicht, aber nicht mit Fachausdrücken.

Ob beidem (den Sprachen und der Musik) bei mir das gleiche Problem zugrunde liegt?

 

[aBaxxi]

Aber dann bleibt es halt beim Nachspielen und das sind jetzt nicht so die reizvollen Zukunftsaussichten, finde ich.

Kunst redet mit einem. Also ganz deutlich ist das bei Literatur, Malerei und Musik aber genauso. Man muss lernen hinzuhören, was die Kunst spricht. Und was man antworten möchte. Hinhören lernen dauert. Und man muss es wollen. Es gibt Leute, die können nicht zuhören, da wird es dann schwierig, aber bei dir glaube ich das nicht.