Hatte das gleiche Problem viele Jahre. Hab aber jeden Tag trotzdem geübt obwohl mir immer klarer (und schmerzhafter) bewußt wurde, dass ich keine Fortschritte mehr machte, obwohl ich ziemlich viel ausgeklügeltes Technik-Zeug hatte und YouTube-Videos ohne Ende sichtete nach Tips.
Mein Üben war oberflächlich geworden, schaute auch nebenbei Filme an, während ich übte.
Endlich ist es mir dann gelungen alles mit mehr Abstand zu betrachten und es viel mir auf, dass ich an nichts konkret über längere Zeit gearbeitet habe, irgendwie hin- und her gerissen war, mal dies geübt, mal dass und jede Woche fand ich was, was noch wichtiger war.
Was ich nicht hatte, war ein klares Repertoire. Eine Sammlung von vielleicht 30, 40 Stücken mit denen ich mich hätte sofort auf die Bühne stellen können oder sie auch aufnehmen können. Mein letztes Livemusikprojekt war 2017 nach 10 Jahren im Sand verlaufen, das hatte richtig Spaß gemacht, aber ganz ehrlich - da habe ich mir in einer geselligen Runde mit meinen Freunden im Proberaum jedesmal 2, 3 Bier reingekippt, weil ich sowieso alles auswendig spielen konnte.
Ich bin vor gar nicht so langer Zeit hergegangen und habe mir ein ganz neues Repertoire zusammengestellt, zunächst nur aus ein paar Stücken, die mir immer schon sehr gut gefallen haben, die ich aber nie in einer Band habe einbringen können. Parallel fing ich an eine Liste mit Urls aufzubauen, wo ich schnellen Zugang zu bereits verfügbaren Basstranskriptionen hatte. Ich kann transkribieren, habe früher u.a. für einen Musikverlag in Hamburg Transkriptionsarbeiten (Gema-Anmeldung) gemacht, wollte aber keine Zeit damit vertun. Seiten wie
https://www.ultimate-guitar.com/ oder
https://www.tomreadbass.co.uk/transcriptions liefern eine tolle Auswahl um sich sein Wunschrepertoire individuell zu konfigurieren.
Nach einer gewissen Zeit fing ich an Stücke nach technischen Gründen Aspekten auszuwählen. Z.B. fand ich heraus das "I Still Haven't Found What I'm Looking For" (
https://05ee92f2-68dc-4cc0-94b6-973...d/238d8f_69ed47eb7bb84877b7836808bb6df7c4.pdf) der perfekte Song ist um Ausdauer in der linken Hand zu trainieren, wenn man ihn ausschließlich in der 1. Lage mit einem Finger pro Bund spielt. Als ich den Song zum ersten Mal durchspielte hab ich ihn nur zur Hälfte geschafft. Nach 3 Tagen lief er richtig gut schon.
Oder Madonnas "Like a Virgin" (
https://05ee92f2-68dc-4cc0-94b6-973...d/238d8f_ad25cde6857a437aa13a9ec78aa7f5e8.pdf) ist eine klasse Übung um ein lockeres Staccato zu üben.
Ein ganzer Song zeigt dir wie du wirklich spielst, wo deine Schwächen sind. Und ein Repertoire erleichtert dir dich selbst zu reflektieren. Man braucht keine Band unbedingt, aber ich finde man braucht das Gefühl auch vor der Bühne zu stehen und sich absolut sicher zu sein, dass das, was der Kollege da oben macht man selbst auch kann.
Was wäre, wenn morgen bei Dir das Smartphone klingelt, ein Bekannter wäre dran und würde Dir erzählen, dass es eine Band gibt, die einen Bassisten sucht? Oder es gibt in der Gegend irgendwo die Möglichkeit auf Sessions zu spielen? Natürlich ist die Chance, dass ein Stück aus deinem Repertoire dort vorkommt super gering. Aber das macht nichts, denn je größer dein Repertoire wird umso besser wirst du vom Spielen, wie auch vom Draufschaffen neuer Songs.
Bei mir hat das nach über 40 Jahre Bassspielen wieder einen Anfängergeist entfacht.
Jaco Pastorius hat mal gesagt: "Ich übe nur Dinge, die ich abends auf der Bühne verwenden kann."
Keiner von uns hat mit dem Instrument angefangen um irgendwo sich zu entspannen - wage ich mal zu behaupten - wir haben alle irgendeine Band gesehen die..... - richtig
- ein geiles Repertoire gespielt hat.
Sorry, wenn ich jetzt ins Labern und schwärmen gekommen bin, aber: be prepared!
).
