Ich durfte bei einer zweiten Band dieses Syndrom aus der Nähe studieren und bin sehr abgeturnt.
Die Wave-Band, bei der ich als Interimsbassistin fungiere, besteht aus (außer mir) 4 Leuten, die alle auf eine langjährige musikalische Erfahrung zurückblicken und seit ca. 2 Jahren miteinander spielen. Als ich dazukam, hatte ich zwar Probleme, da ich erst seit einem Monat Bass spielte, aber ansonsten war alles tadellos: man hat mich einbezogen, beim Spielen Rücksicht genommen, konstruktive Verbesserungsvorschläge meinerseits wurden dankbar angenommen und - wenn praxistauglich - auch umgesetzt. Als ich mit einer brauchbaren Bassline ankam, wurde daraus ein neuer Song. Keiner der Musiker spielt sich in den Vordergrund, alle arbeiten band- und songdienlich miteinander, es ist eine Art Kollektiv.
Dann wollte ich meinen Horizont musikalisch erweitern und auch an die Zeit denken, wenn der Bassist wieder da ist und bewarb mich bei einer Band, deren Sängerin/Gitarristin seit 1,5 Jahren spielt, Richtung Punkrock. Ich dachte mir auch, das würde weniger anstrengend, da ich ja auch noch nicht so weit bin.
Es stellte sich heraus, dass sie zwar seit 1,5 Jahren die Gitarre in der Hand hat, aber nur Wandergitarrenakkorde kann, die sie bis zur Unkenntlichkeit verzerrt. Die beiden Songs, die bis jetzt das Repertoire der Band ausmachen, kann sie, weil sie nichts anderes tut, als die zu spielen. Wenn es mal was anderes sein soll, kann sie den Rhythmus nicht halten, wobei sie nur Achtel spielen kann. Sie kennt auch nicht alle Akkorde, weiß z. B. nicht, wie man C spielt. Sie hat keinen Job (ich hingegen schon) und dafür jeden Tag Zugang zu einem Probenraum. Sie möchte, dass wir (es gibt noch eine Drummerin) uns so oft wie möglich treffen, um 3 STunden lang diese zwei Songs zu spielen. Nachspielen fremden Materials lehnt sie ab, es sei denn, es wird als Cover Bestandteil des Bandrepertoires. Über den Gesang sage ich gar nichts, der entspricht ihren Künsten auf der Gitarre. [**/]
DAs finde ich jetzt alles nicht tragisch, wenn sie nicht einen enormen Anspruch vor sich hertragen würde: sie möchte so schnell wie möglich auftreten, spricht schon von Band-T-Shirts und CDs (selbstproduziert), sie möchte "Hamburg rocken" und schnell "nach vorne" (bei der Spielweise wohl eher zum Notausgang bei einem Auftritt), wobei sie die Methoden, wie man eine Band wirklich nach vorne bringt, wohl nicht so gut findet. Sie ist übrigens nicht 14, sondern 41. Dafür meckert sie uns andere an, wenn eine zu spät kommt (Busse machen es möglich...) oder zwischendurch mit ihrem Instrument mal ein Geräusch macht. Ich vermisse vor allem, dass sie Musik machen will, weil ihr das Spaß macht, dass also die Musik auch Selbstzweck ist.
Am Samstag ist Aussprache (das liegt daran, dass sie sich eine "energische Bassistin" wollte, die sie in mir bekommen hat), und da werde ich wohl erklären, dass sie ihre Ego-Nummer gerne alleine abziehen kann. Ich komme nämlich auch woanders unter. Es ist ja nunmal das Privileg der Bassisten, relativ alleine auf weiter Flur zu sein, so dass man es sich fast schon aussuchen kann, wo man spielt. [^]
Ich hätte nicht gedacht, dass ich mit einem Extrem dieses Syndroms aufeinandertreffen würde, vor allem, weil durch nichts in ihrem Können als Sängerin oder Gitarristin gerechtfertigt ist. Aber ich kann sagen, dass ich überhaupt keinen Bock auf solche Nummern habe und das auch nicht mitmachen werde.
] Allerdings scheinen Gitarristen zu einem eingeschränkten Blickfeld zu neigen (wie erklärt sich sonst, dass unser Klampfer bei jedem (!) Solo Leuten wie Steve Vai und John Petrucci Tribut zollt (sprich schneller spielt, als die Ohren mitkommen). Kann ja nicht jeder so openminded sein wie wir Bassisten[
