VINTAGE-Bass gefunden! (Ironiemodus an)

[DeepThroat]

Hallo zusammen,
Anfang des Jahres fand ich einen Preci mit traumhaftem Hals auf der Website eines Schweizer Bassbauers. Ich habe mich auf Anhieb in das Teil verguckt und bin vier Stunden weit gefahren, um es mir anzuschauen. Wenn es hinsichtlich Verarbeitung und Klang in Ordnung wäre, würde ich es kaufen - für 3200 Eurolein.

Der Typ erschien mir ziemlich vertrauenserweckend - ruhig, erzählte keinen Unsinn und schien sein Handwerk zu verstehen. Der Bass stand oben in seiner Wohnung - mit noch vielen weiteren Gitarren. Das Instrument gefiel mir ausnehmend gut, vor allem der Hals war ein Traum. Er bestand aus einem einzigen Stück Holz, bis auf den Skunkstreifen, es gab kein Griffbrett - ich fand diesen Hals ganz große Klasse. So ein schön gemustertes Stück Ahorn hatte ich noch nie gesehen.

Also gekauft und ab nach Hause.



Jetzt, ein halbes Jahr danach, wurde mein hier in Solingen besteller Jazz-Fretless fertig und ich nahm beim Abholen den Schweizer Preci mit. Vielleicht konnte der bekannte Profi aus Solingen noch etwas an der Einstellung verbessern - oder so.

Die Dinge kamen leider anders: 1. waren die Bünde nicht abgerichtet, 2. war die Stellstabschraube vermurkst - kein Schlüssel, metrisch oder zöllig, fand Halt und 3. Der Profi nahm den Hals ab, es erschienen zwei sehr aufschlussreiche Inschriften:

Also, mein Bass war vor 22! Jahren gebaut worden - das Teil war also uralt!

Der Erbauer schien überhaupt nicht zu verstehen, dass er natürlich darauf hätte hinweisen müssen, dass das Teil schon 22 Jahre bei ihm gestanden hatte, es also kein Neuteil mehr war.

So kam ich zu einem Vintage-Bass, ohne es zu wollen. (Ironiemodus aus!)

Soll ich mich jetzt per Anwalt von Deutschland aus mit einem Schweizer vor einem Schweizer Gericht anlegen? Sicher nicht. Humor ist, wenn man trotzdem lacht, ich kaufe mir jetzt erstmal 'ne Swatch und ein Schweizermesser und einen Riegel Toblerone.

DT

 

[flosch]

Tja, da die Möhre nun Vintage ist, ist die auch keine 3200 Euro mehr wert. Für 'n Hunnie nehm ich dir das muffige Stück aber gerne ab.

Ach ja: ab wann ist denn das Erbauungsdatum meldepflichtig gegenüber dem Käufer und kosteten andere Bässe des Herstellers neuer Bauart ebenfalls (nur) 3200 Euro?

 

[bassicer]

Das Instrument gefiel mir ausnehmend gut, vor allem der Hals war ein Traum.

Dann passt doch alles, oder? Spielt das Alter dann wirklich eine Rolle?

Soll ich mich jetzt per Anwalt von Deutschland aus mit einem Schweizer vor einem Schweizer Gericht anlegen?

Ist denn alles ordnungsgemäß verzollt worden? Auf was möchtest du klagen?

Der Erbauer schien überhaupt nicht zu verstehen, dass er natürlich darauf hätte hinweisen müssen, dass das Teil schon 22 Jahre bei ihm gestanden hatte,

Ja, das macht man so. Muss er das juristisch? Keine Ahnung.

 

[goldbass]

Dass der Bass schon 22 Jahre alt ist, ist doch weiter nicht schlimm, wenn er technisch ok ist. Dass die Spannstabmutter vergurkt ist, ist schon schlimm - wenn das den Bass umeinstellbar macht.
Die Bünde hattest du vor dem Kauf ja gesehen, da kannst du denk ich nichts vom Erbauer zurückfordern - eher etwas Kulanz erbitten. Die Bünde lassen sich ja noch abrichten.

 

[xroads]

...interessant...ist Dir nie aufgefallen (optisch oder beim Spielen), dass die Bünde nicht abgerichtet waren?

 

[OSDrum]

Das ganze fällt doch auf einen einzigen Punkt zusammen: kann man die Halseinstellschraube retten oder nicht? Alles andere ist doch egal bei einem Instrument, dass man liebt bzw. geliebt hat. Ich finde 22 Jahre abgehangen eher als Pluspunkt, aber da ticke ich vielleicht anders.

 

[DeepThroat]

1. Nein, ich sehe so etwas nicht, dass die Bünde nicht abgerichtet waren. Außerdem: ist es üblich, dass ein Bassbauer von Reputation ein Instrument aus der Hand gibt OHNE abgerichtete Bünde?? Ich denke nicht.

2. 3200 Euro ist ein durchaus heute üblicher Preis für ein handmade instrument. Natürlich gibt es nach oben keine Grenzen, weiß ich auch.

3. Ob 22 Jahre ein Pluspunkt sind oder nicht, darüber kann man streiten. Wenn ich tatsächlich ein Vintage-Instrument suche, werden die ja auch genauso angeboten - je älter, desto besser. Und wenn ich KEIN Vintage-Instrument suche? Der Typ hätte mir klipp und klar sagen MÜSSEN, dass das Teil mehr als zwei Jahrzehnte alt ist. Oder muss ich das als Kunde selber sehen?? Ich gehe davon aus, dass ein Teil, was beim Bassbauer im Fenster hängt, im Regelfall zeitnah gebaut ist, also mehr oder minder neu ist. Ich würde da kein Theater machen bei einem Jahr - aber bei 22 Jahren?

Außerdem kann es ja sein, dass das Instrument mitnichten ein "Vintage" ist, sondern nur einfach eine alte Kiste und am Ende sogar noch eine schon einmal gebrauchte? Wodurch ist denn der Spannstab so verschlissen? Wahrscheinlich gab es mindestens einen Vorbesitzer.

Nee, nee, der Typ hat mich kaltlächelnd beschissen. Kein Problem für ihn bei mir, ich sehe einem Bass nicht an, ob er alt ist oder nicht.

DT

 

[whitewater]

Das ganze fällt doch auf einen einzigen Punkt zusammen: kann man die Halseinstellschraube retten oder nicht?

Das ist so das, was mir eben auch dazu einfällt, und eine vermurkste Halseinstellschraube ist etwas, das darf eigentlich nicht vorkommen.
Passt dann auch zu nicht abgerichteten Bünden. Beides mag bei einem Privatverkäufer vorkommen und schwer zu beanstanden sein, wer sich als Bassbauer ausgibt, noch nicht mal als vielleicht mässig kundiger Fachhändler, sollte sowas eigentlich bemerken.
Dagegen ist das Thema Alter imho egal.
Wenn ich 2001 auf dem Body und 2006 auf dem Halsfuß lese, können es ja keine 22 Jahre sein, maximal 17 Wenn der Herr in der Schweiz die beiden Teile erst jüngst erstmalig verheiratet hat, vielleicht haben die bis dahin als Halbzeug rumgestanden, wäre das eh eine Diskussion, was jetzt neu, neuwertig, NOS oder sonst ist, und dann noch die Frage, wie der Bass inseriert wurde. Stand da irgendwo neu?

P.S.: ich verstehe Deinen GAS Anfall, der Hals ist auf den schlechten Bildern schon pornös....wenn der sich auch gut anfasst...

 

[Schlurch]

Die einzige Frage bei der Nummer ist doch eigentlich ob der Spannstab wieder läuft

 

[DeepThroat]

.ist Dir nie aufgefallen (optisch oder beim Spielen), dass die Bünde nicht abgerichtet waren?

Doch. zwei Töne haben geschnarrt - einer weit unten am vierten Bund, einer weit oben. Deswegen habe ich den Bass ja auch zum Profi mitgenommen. Beim Kauf haben die nicht geschnarrt.

DT

 

[goldbass]

1. Nein, ich sehe so etwas nicht, dass die Bünde nicht abgerichtet waren. Außerdem: ist es üblich, dass ein Bassbauer von Reputation ein Instrument aus der Hand gibt OHNE abgerichtete Bünde?? Ich denke nicht.

Sehen kannst du das auch nicht, das müsste dir beim Spielen auffallen, wenn es schnarrt und du die Seitenlange nicht wirklich niedrig einstellen kannst.
Sind die Bundenden scharfkantig oder gibt es Abnutzungsspuren?

 

[DeepThroat]

Wenn ich 2001 auf dem Body und 2006 auf dem Halsfuß lese

Die 2006 ist tatsächlich eine 2001. Der optische Eindruck auf dem Foto entsteht, weil es da eine kleine ringförmige Maserung im Holz gibt. Beide Teile sind aus 2001.

Und selbst wenn er den Bass erst letzte Woche gebaut hätte - bei Verwendung von 22 Jahre alten Teilen gehört es sich für einen Menschen mit beruflichem und geschäftlichem Anstand, dass er das deutlich macht. Oder bin ich da zu konservativ?

DT

Sind die Bundenden scharfkantig oder gibt es Abnutzungsspuren?

Also, mir fällt da nichts auf.

DT

 

[DeepThroat]

Die einzige Frage bei der Nummer ist

ob der Bursche mich beschissen hat. Und die Antwort ist klar: hat er.

Ob ich bzw. ein Profi da noch etwas retten können, ist zwar interessant und wichtig. Es ändert aber nichts am Grundproblem.

DT

 

[bassicer]

Und selbst wenn er den Bass erst letzte Woche gebaut hätte - bei Verwendung von 22 Jahre alten Teilen gehört es sich für einen Menschen mit beruflichem und geschäftlichem Anstand, dass er das deutlich macht. Oder bin ich da zu konservativ?

Nein, bei frischem Holz wirst du mehr Probleme mit dem Hals bekommen, als du es jetzt hast. Diese Angaben macht so gut wie kein Hersteller.

 

[EADG]

Er hat dich beschissen. Ich habe den Verdacht, dass das Instrument gebraucht ist. Wie ist sonst die Schraube vermurkst worden? Aber im Ernst: Wenn dir das Instrument die ganze Zeit gefallen hat, bis du zu dem Solinger "Profi" gegangen bist, war dein Pech vielleicht auch, dass du den mitgenommen hast. Manchmal ist man auch glücklich, obwohl man beschissen wurde.

Ich würde den schweizer "Bassbauern" (die Berufsbezeichnung ist keine geschützte) kontaktieren und nachfragen, wie man das mit der vermurksten Schraube klären kann. Ansonsten reparieren lassen, abrichten lassen und sich über ein schönes Instrument freuen, das wahrscheinlich überteuert war. Die Tatsache, dass er so alt ist, ist objektiv gesehen ein Vorteil, weil das Holz sich eingegroovt hat. Da wird sich nichts auffälliges mehr tun.

Man sucht sich immer selber aus, worüber man sich ärgert.

 

[DeepThroat]

Ach ja: ab wann ist denn das Erbauungsdatum meldepflichtig gegenüber dem Käufer

Da weiß ich nicht, aber es gibt bei den meisten Instrumentalhändlern, Bassbauern - eigentlich bei allen Menschen ein ziemlich klares Gefühl dafür, was man muss, was man sollte, was man macht und was nicht. Dieses Gefühl nennt man Anstand und die meisten verfügen darüber.

Wer dieses Gefühl nicht hat, tut mir leid.

DT

 

[DeepThroat]

Ansonsten reparieren lassen

Ja, genauso. Wenn sich da noch etwas retten lässt - es läuft bereits der Reparierversuch. Wenn es nicht klappt, muss ein neuer Hals her. Der hat dann wenigstens den Vorteil, aus einem renommierten Hause zu stammen.

DT

 

[whitewater]

Man sucht sich immer selber aus, worüber man sich ärgert.

Wahre Worte.

ob der Bursche mich beschissen hat. Und die Antwort ist klar: hat er.

Das hätte ich auch nie bestritten. Eben alleine schon, weil ein Instrument vom Instrumentenbauer mit der Erwartung gekauft werden dürfte, daß es mängelfrei ist, was es nicht ist.

bei Verwendung von 22 Jahre alten Teilen gehört es sich für einen Menschen mit beruflichem und geschäftlichem Anstand, dass er das deutlich macht. Oder bin ich da zu konservativ?

Klares Nein, bist Du nicht. Aber wer nicht mal auf eine vermurkste Halseinstellschraube hinweist...Hat das Teil denn sonst keine Spielspuren (gehabt)?

Diese Angaben macht so gut wie kein Hersteller.

Das kenne ich anders. Spätestens auf Nachfrage ist da eine ehrliche und verbindliche Auskunft fällig.
Wobei ich da natürlich besserwissern muss, die Nachfrage wäre eigentlich bei allem fällig, was keine Schutzfolie mehr drauf hat. Die älteren unter uns erinnern sich sicherlich an "richtige Musikalienhandlungen" bei denen eben nicht jedes Instrument maximal drei Monate in der Ausstellung hing. Mein Fahrradhöker hat auch noch zwei echte Fixie Inc. im Fenster. Die sind auch nicht mehr fabrikneu, auch wenn sie nie gefahren wurden.
Aber ich weiß, wie das mit dem Besserwissen und hinterher Schlau sein so ist

 

[Thunderheartwoman]

Mal ne Zwischenfrage von ner Doofen... Ist es nicht so, dass Vintage Instrumente wahnsinnig begehrt sind und dafür Mondpreise gezahlt werden? Oder ist 2001 nicht vintage genug? Ab wann ist Vintage Vintage - also das, wofür man schon mal nen Kredit aufnimmt? Erst ab 70er und davor? Oder erst, wenn es als Vintage vermarktet wird? Ist ein Bass sagen wir aus den 60ern, wenn er als Vintage angepriesen wird, einen Mondpreis wert, aber wenn er ohne Altersangabe zu einem weniger überzogenen Preis verkauft wird, ist es Betrug?

 

[whitewater]

Vintage ist nicht Vintage 2001 ist nicht Vintage genug und irgendein Schweizer ist halt nicht Leo, auch wenn er Leo heißen sollte.
Tatsächlich geht es um zugesicherte (bzw. hier implizit als zugesichert angenommene) Eigenschaften, nicht darum, was die dann wert sind.
Wenn Dir einer Jacos Bass of Doom für 50k verkauft, und Du das für das abgeranzte Teil zahlst, ist das absolut legitim, bis sich herausstellt, daß das Holz lt. Jahresringanalyse erst in den 80er Jahren gewachsen sein kann, bzw. unter dem Fender Logo noch ein Alterungsschatten eines HB zu erkennen ist.