"My Job is to make you sound better..." Falsche Töne mit Victor Wooten auf einem Gitarristen-Kanal

[Basserismus]

Einer meiner Anfängerfehler war es, mich zu sehr auf den vom Gitarristen (Songschreiber) gespielten Akkord zu fokussieren und erstmal Grundtöne zu spielen, und so war ich auch öfters nicht glücklich über den Klang insgesamt; jeder Akkord war in sich harmonisch, aber irgendwie hats insgesamt nicht gepasst und der Song klang einfach nicht cool.

Genau.
Da ist man sehr schnell bei der Abweichung.

2019 war ich auf dem Elbjazz und hab Michael Wollny gesehen: Flügel, Kontrabass, Schlagwerk. Es ist abgegangen und hat mich mitgenommen. Danach eine Bühne weiter stand eine Kombo mit Flügel, Schlagwerk und Kontrabass und das klang total konstruiert und anstrengend. Da hab ich keinen Zugang bekommen. Vermutlich (mit Sicherheit) sind meine Theoriekenntnisse nicht ausreichend um den Wert (?) beurteilen zu können...
Aber es hat nicht gegroovt.

Victor Wooten hat auch gesagt, daß B.B.King seit 50 Jahren die selben 5 Noten spielt, aber wir Ihn deswegen hören, weil es darum geht, wie B.B. King die Noten spielt.
Und das geht nicht durch verkopfte Paukereien, sondern nur durch Gefühle.

 

[EADG]

Victor Wooten hat auch gesagt, daß B.B.King seit 50 Jahren die selben 5 Noten spielt, aber wir Ihn deswegen hören, weil es darum geht, wie B.B. King die Noten spielt.
Und das geht nicht durch verkopfte Paukereien, sondern nur durch Gefühle.

Ich mag ja diese musiktheoretischen bzw -philosophischen threads.

Die Aussage, B.B. King spiele seit 50 Jahren die gleichen 5 Noten klingt erstmal, als sei Mr King ziemlich eingeschränkt. Wenn man im Vergleich die Noten zählt, mit denen Beethoven oder Mozart ausgekommen sind, sind das nicht sehr viel mehr. (auch B.B. King hat in verschiedenen Tonarten gespielt)
In der bildenden Kunst würde niemand auf die Schnapsidee kommen und Maler danach beurteilen, wie viele Farben sie benutzen.

Es ist Quatsch, die Qualität von Musik an der Variabilität der Töne messen zu wollen. Es geht auch nicht darum, wie B.B. King die Noten spielt. (Achtung, Mojo-Alarm!) Es geht nur darum, was aus den Noten wird, nämlich ein Motiv, eine Aussage, ein Song.

Weiter vorne las ich, dass manche Musik erst durch Kenntnis der entsprechenden Musiktheorie zugänglich wird....
Das glaube ich nicht wirklich. Ich glaube eher, dass schwerer zugängliche Musik eher von Menschen aufgenommen wird, die sich für Musik interessieren. Zuerst kommt die Musik danach die Theorie. Prinzipiell gibt es keine falschen Töne. Schon gar nicht auf dem Bass. Falsch ist es nur dann, wenn ich etwas anderes hören wollte, als ich gespielt habe*.

Edit: *Das gilt für alle Kolleginnen und Kollegen, deren vornehmste Aufgabe es ist, die anderen in der Band gut klingen zu lassen.

 

[JULOR]

Es gibt ja auch nur 12 Noten
So groß ist die Auswahl da ja nicht.

Es geht nur darum, was aus den Noten wird, nämlich ein Motiv, eine Aussage, ein Song.

Das sehe ich genauso. Am Ende zählt der Song, Refrain, Strophe oder das Solo.

Weiter vorne las ich, dass manche Musik erst durch Kenntnis der entsprechenden Musiktheorie zugänglich wird....
Das glaube ich nicht wirklich.

Absolut nicht. Ich halte diese Aussage sogar für ziemlich elitäres Gequatsche. Es gibt viele Menschen, die gerne auch "manche Musik" hören, die schwer verdaulich ist und die sich dann erst später mit der Theorie beschäftigen oder auch nicht, weil ihnen die Musik gefällt.
Anders herum kenne ich auch viel Musik, die ich vielleicht theoretisch verstehe, die mir aber trotzdem nichts gibt. Da fehlt mir dann möglicherweise der emotionale Zugang oder das emotionale Verständnis.

 

[tintibug]

was nicht gut geht: bei getragenen, langsamen passagen daneben greifen-da kommt man schwer damit durch. bei flotten songs einen halbton zu tief oder zu hoch? nicht soo ein riesen problem-fill spielen und gut ist. viel schlimmer ist es, den groove zu verlieren und da zu patzen. das hören sogar halbtaube (also gitarristen).

 

[Doc Orange]

Weiter vorne las ich, dass manche Musik erst durch Kenntnis der entsprechenden Musiktheorie zugänglich wird....

Glaube ich auch nicht. Eher umgekehrt. Also, dass man anders Musik hört, wenn man theoretisch gebildet ist und auch andere Musik hört, weil Kenntnisse in Theorie voraussetzen, dass man sich eingehender mit Musik beschäftigt hat. Und dann hat man ganz automatisch einen breiteren Blick auf die Musik und eben auch interesse an 'abseitigerer' Musik, die für das reine Konsumentenohr vielleicht dissonant oder komisch und wenig eingängig, also schlecht zu konsumieren klingt. Aber am Anfang ist immer das Interesse an der Musik und nicht die Theorie.

 

[Basserismus]

Es geht auch nicht darum, wie B.B. King die Noten spielt. (Achtung, Mojo-Alarm!) Es geht nur darum, was aus den Noten wird, nämlich ein Motiv, eine Aussage, ein Song.

Wie gesagt, Victor Wooten sagt schon, daß es um Gefühle geht.
In erster Linie.
Victor teilt im Video auch ein bißchen gegen Allan Holdworth im Vergleich aus.
Er sagt, daß Eure Mütter und Kinder sich nicht an Allan erinnern werden, wohl aber an B.B. King.

Hier mal das Video zum Angucken:

Weiter vorne las ich, dass manche Musik erst durch Kenntnis der entsprechenden Musiktheorie zugänglich wird....
Das glaube ich nicht wirklich. Ich glaube eher, dass schwerer zugängliche Musik eher von Menschen aufgenommen wird, die sich für Musik interessieren. Zuerst kommt die Musik danach die Theorie.

Jep.
Die Mehrzahl der Menschen hört einfach nur Musik ohne Musiktheorie und wählt aus, was Ihnen gefällt und was nicht.
Man kann sogar Jazz hören, ohne sich im Jazzverein Vorlesungen in Musiktheorie anzuhören.
Kunst muß immer für sich selbst sprechen.
Das ist beim Betrachten eines gemalten Bildes nicht anders.
Neulich lief in meinem Autoradio ein Song von Nirvana und ich hab mich für einen Moment gefragt:
Würde mir der Song auffallen, wenn ich nicht wüßte, daß er von Nirvana ist?
Ich muß sagen: Leider Nein.
(Hoffentlich ist kein Nirvana Fan in der Nähe. )

 

[Doc Orange]

Neulich lief in meinem Autoradio ein Song von Nirvana und ich hab mich für einen Moment gefragt:
Würde mir der Song auffallen, wenn ich nicht wüßte, daß er von Nirvana ist?
Ich muß sagen: Leider Nein.
(Hoffentlich ist kein Nirvana Fan in der Nähe. )

Neulich war der Song von Nirvana ja auch schon ein Vierteljahrhundert alt. Das kann ja gar nicht fresh und auffällig sein. In den 90s war es das schon. Ich weiß auch gar nicht, wofür das jetzt in diesem Thread ein Beispiel sein soll. Ist Nirvanas Musik überschätzt, aus musiktheoretischer Sicht? Findet man Nirvana nur gut, wenn man musiktheoretisch gebildet ist, obwohl sie emotional eher unauffällig ist und nicht berührt? Oder ist Nirvana musiktheoretisch nur gehyped worden? Verstehe ich nicht. (Ich bin kein besonderer Nirvana Fan, ich fand Sondgarden immer besser, aber ich kann verstehen, warum Nirvana wichtig und hörenswert für viele Menschen ist.)

 

[Basserismus]

Neulich war der Song von Nirvana ja auch schon ein Vierteljahrhundert alt.

Neulich sind Songs von Bach noch etwas älter. Dadurch wird nichts unbedingt schlechter.

Oder ist Nirvana musiktheoretisch nur gehyped worden?

Musiktheoretisch nicht unbedingt.
Mir ging es nur ums hypen an sich.
Bei Chartmusik findet es durch entsprechendes Musikmarketing auf allen Kanälen statt.
Bei "ernsterer" Musik dann durch Musikerklärungen.
Da gibt es dann entsprechende Institutionen, wie z.B. die Jazzvereine, etc.
Moderne Bildungsbürgerkunst spricht auch nicht unbedingt für sich selbst, sondern muß "erklärt" werden.

(Ich bin kein besonderer Nirvana Fan, ich fand Sondgarden immer besser, aber ich kann verstehen, warum Nirvana wichtig und hörenswert für viele Menschen ist.)

Wie gesagt, Nirvana ist so ein bißchen an mir vorbeigezogen und hat mich auch nicht in den 90ern gekickt.
Muß jeder selbst entscheiden.

 

[Doc Orange]

Neulich sind Songs von Bach noch etwas älter. Dadurch wird nichts unbedingt schlechter.

Nein. Aber mir würde ein Song von Bach auch nicht auffallen, weil ich die schon kenne. Vielleicht ist das einfach Geschmackssache.

Edit: Mir geht das manchmal mit (Achtung, Häresie) Jacos Basslines so, dass ich mich frage, ist das nun ganz tolle Musik, oder einfach nur irre? Aber üben tue ich die trotzdem.

 

[EADG]

Nein. Aber mir würde ein Song von Bach auch nicht auffallen, weil ich die schon kenne. Vielleicht ist das einfach Geschmackssache.

Edit: Mir geht das manchmal mit (Achtung, Häresie) Jacos Basslines so, dass ich mich frage, ist das nun ganz tolle Musik, oder einfach nur irre? Aber üben tue ich die trotzdem.

Deine Aussage über den armen Johann Sebastian finde ich jetzt ein bisschen sehr flapsig. Es geht ums Musikhören und nicht um Musikberieselung.

Und ich wusste auch nicht, dass man hier der Häresie geziehen werden kann, dass es also eine offizielle Lehre im Bereich E-Bass-Spielen gibt, die Jaco Pastorius als ihren Propheten betrachtet.