Markenloyalität

[rootbert]

Moin!

Hier mal ein ganz spannender Talk (ok, eher n Monolog + Sidekick) zum Thema Markenloyalität. Hab ich eben beim Haus putzen nebenbei gehört und fand sowohl unterhaltsam, als auch zum nachdenken anregend.

tl;dr : unsere Loyalität hängt unsinnigerweise oft nur an einem Firmennamen und praktisch gar nicht daran, dass die Leute die die Marke groß gemacht haben gar nicht mehr involviert sind. Wird ganz gut am Beispiel Marshall erklärt: die Firma gehört Chinesen, baut zu 95% nur noch Kopfhörer und Bluetoothboxen und das gesamte Team in der Amp-Abteilung wurde nach 2020 eingestellt. Die Leute, die in den 90ern die Amps gebaut haben, haben mittlerweile Blackstar gegründet. Und der Marktanteil von Blackstar ist im Vergleich verschwindend gering.

Weitere Beispiele waren Gibson (natürlich), Fender und AKG. Auf der eher positiven Seite wurde dann Soldano genannt und mit nem eher neutralen Standpunkt erstaunlicherweise Mesa (by Gibson) - zumindest in dem Sinne, dass wenigstens noch die Entwickler und Bauer von früher da sitzen.

Ich weiß... der Grundgedanke ist nicht neu, aber ich finde man kann schon hin und wieder mal wieder drauf aufmerksam machen. Ich schätze mal die Mehrheit hier (mich eingeschlossen) recherchiert nicht, ob das aktuelle Objekt der Begierde gerade noch von den gleichen Leuten gebaut wird, oder ob nicht die gleichen Leute von früher mittlerweile unter nem anderen Namen produzieren.



Bin gespannt was ihr so dazu meint...

 

[whitewater]

Erstaunlich eigentlich, daß Marshall, wenn ich das richtig verstehe, tatsächlich bis zum Kauf durch Zounds Industries in Familienbesitz, bzw. die PLC von 62 bis 23 fortbestand. Da hätte ich ja wenigstens 5 Verkäufe und Relaunches vermutet.

 

[Bass-Fred]

Wer sein Equpiment ohnehin nur wegen des Markennamens kauft, statt wegen irgendwelcher Fakten, dem kann's ja egal sein, wer das Ding entwickelt und/oder gebaut hat. Solange "Hans-Dietrich Enterprises" draufsteht, hat er doch, was er wollte und kann fröhlich losdudeln.

 

[Bass@JMB]

Ich bin schon seit einigen Jahren größtenteils aus dem Gear- und Marken-Hamsterrad ausgestiegen. Ich weiß von meinem Zeug zu 90% wer es gebaut hat und woher es kommt (Deutschland, USA, Japan, China). Was heute aus der Marke geworden ist, interessiert mich nur am Rande und nur dann, wenn ein echter emotionaler Draht zum Instrument oder Amp besteht.
Markenloyalität bedeutet für mich deshalb primär, dass ich mit meinem (zuverlässigen) Equipment zufrieden bin und nichts wirklich Neues brauche und mich auf meine Band und deren Erfolg konzentrieren kann, was mir viel wichtiger ist Ich brauche keine Threads, wo ich vollmundig über den x-ten Bass behaupten kann, dass "der jetzt aber bleibt", nur um dann wieder zu verkaufen und am Ende abermals einen Staubfänger anzuschaffen. Dazu gehört auch ausgedehnte Markenfachsimpelei. Nicht mehr meins.

 

[rootbert]

Aus aktuellem Anlass hab ich auch ein hervorragendes Gegenbeispiel:

Beim Dönermann hier im Ort hat seit wir hier wohnen 3x der Firmenname gewechselt. Inhaber, Personal und Qualität sind aber ganz erstaunlicherweise unverändert.

Hier bringe ich gerne mein Geld hin! Nur Barzahlung natürlich

 

[Mudskipper]

Ich bin weiß Gott kein besonders Marken-loyaler, außer ich habe einen Sound/Spielgefühl/Zuverlässigkeit erfahren die mir gefällt.
Spector hat z.B. auch schon mehrfach den Besitzer gewechselt(Spector, Kramer, Spector, Korg&more), aber das Zeug taugt mir und sieht geil aus.

Beispiel Marshall erklärt: die Firma gehört Chinesen, baut zu 95% nur noch Kopfhörer und Bluetoothboxen und das gesamte Team in der Amp-Abteilung wurde nach 2020 eingestellt.

Naja, wenn die Kisten noch gut sind und klingen?
Fender hat seit 1965 nichts mehr mit Fender zu tun gehabt, passiert.

Ich brauche keine Threads, wo ich vollmundig über den x-ten Bass behaupten kann, dass "der jetzt aber bleibt", nur um dann wieder zu verkaufen und am Ende abermals einen Staubfänger anzuschaffen.

Och, ich sehe das nicht so eng bzw. ist es doch normal, dass man in der Honeymoon-Phase etwas Neues total toll findet und am Ende zeigt es die Zeit ob man sich bindet oder weiter ziehen lässt.
Oder es ändern sich einfach Geschmäcker und Vorlieben. ich habe meine Musicman Big Als geliebt und hätte mir es nie vorstellen könne sie nicht mehr zu spielen.
Aber dann habe ich mit den Jahren gemerkt, das die flachen eher dünnen Hälse meine Greifhand dauerhaft "stressen" und schon war es Vorbei mit der Liebe - schweren Herzens aber nützt ja nix.

 

[Sheik Yerbouti]

tl;dr : unsere Loyalität hängt unsinnigerweise oft nur an einem Firmennamen und praktisch gar nicht daran, dass die Leute die die Marke groß gemacht haben gar nicht mehr involviert sind.

Ich bezweifle, dass viele Bassisten gegenüber den Leuten Loyalität empfinden, die eine Marke aufgebaut und groß gemacht haben.

Viele kaufen nach dem Image einer Marke, das von den Helden geprägt wird, die diese Marken spielen.

Es ist auch nahezu unmöglich, alle Modelle vergleichend anzuspielen. Einerseits hat kein örtlicher Händler eine repräsentative Auswahl zum Anspielen auf Lager, damit man eine fundierte Auswahl treffen kann. Andererseits habe ich gerade aktuell bei Thomann nachgesehen, die haben 2.105 Bass Modelle zu Auswahl. Wer jeden Bass 5 Minuten abspielt, muss sich 175 Stunden Zeit nehmen. Und hat auch nur die aktuell verfügbaren Modelle angespielt.

Trotz dieser Fülle pimpen viele, weil diese Fülle scheinbar immer noch zu wenig Auswahl bietet.

Ein gutes Marken Image erleichtert die Auswahl. Loyalität entsteht dann gegenüber der Marke, und rechtfertigt die Kaufentscheidung, meistens in einem eingeschränkten Auswahlverfahren. Ich bezweifle, dass es viele Bassisten gibt, die Bässe von vielen unterschiedlichen Herstellern länger und intensiv angespielt haben.

 

[Mudskipper]

Viele kaufen nach dem Image einer Marke, das von den Helden geprägt wird, die diese Marken spielen.

Was ja au ich völlig in Ordnung ist. Musizieren ist nicht nur ein technischer sondern auch emotionaler Vorgang.
Und dazu gibt es ja auch bestimmte Soundästhetiken die man bei den Helden gehört hat und die gefallen dann einfach.
Sound kommt halt nicht komplett aus den Fingern. Meine ersten Basshelden haben Precision Ray und Spector gespielt, da habe ich nicht mal geschnallt was da gespielt wird, aber durchaus das ich das toll finde.

 

[Sheik Yerbouti]

Musizieren ist nicht nur ein technischer sondern auch emotionaler Vorgang.

So seh ich das auch. Musik soll und löst auch Emotionen bei den Zuhörern auslösen. Und auch Bässe lösen Emotionen beim Spieler aus, auf ganz unterschiedlichen Ebenen. Optisch, weil er cool aussieht, akustisch, weil man ihn in gutem Setting gehört oder auch selbst angespielt hat, haptisch, weil er sich gut anfühlt oder weil ihn jemand spielt, den man dafür bewundert.

 

[Hedgeman]

Was genau ist denn mit Loyalität nun genau gemeint?

Also klar, es gibt gewisse Dinge, die man einfach mal gehabt haben möchte. Da gehört bei mir z.B. der Rickenbacker dazu. Über Jahre wollte ich einen haben, irgendwann kam dann die Gelegenheit und ich habe einen auf dem Gebrauchtmarkt geschnappt.

Damit isses bei mir dann aber auch gut. Käme jetzt nicht auf die Idee, mir nochmal nen neuen oder nen 5er oder sonstwas zu kaufen. Loyal zu der Marke bin ich höchstens aufgrund diverser Ersatzteile

Also keine Markenloyalität wie beim Auto, wo man dann den vierten Golf fährt, weil einfach klar ist, dass es keine Alternative gibt, wenn der Alte durch ist.

 

[TheBass]

Die Produkte einer Marke verändern sich natürlich über die Jahre, erst recht über Jahrzehnte. Ein Marshall Amp von 2024 hat mit einem aus den 1960er/70er Jahren ausser dem Logo sicher nicht mehr viel zu tun. Genauso geht es mir mit anderen Markenprodukten. Die Veränderungen können allerdings sowohl positiv wie negativ sein. Da macht man beim Antesten dann am besten die Augen zu. lässt das ganze neunmalkluge Internetgeblubber aussen vor und bildet sich ein eigenes Urteil.

Hat sich immer noch am besten bewährt.

 

[win311]

Ich spiele über ein Mesa Stack (Diesel Boxen und Carbine Amp) weil ich die früher immer haben wollte und mir heute kaufen kann. Gut, dass ich die Geräte klanglich super fand, als ich die blind gekauft habe. Es gibt heute mit Sicherheit leichtere und bessere Geräte, ist mir aber wurscht, bzw. ich brenne nicht drauf, unbedingt was besseres zu finden.

Loyalität zur Marke: check!

 

[Mudskipper]

Ich habe etwas in das Video reingeschaut und irgendwie wird das was diskutiert was eigentlich ein völlig alter Hut ist.
Es wird das Gibson Beispiel genannt, das die ja nicht mehr in der alten Factory sitzen sondern das dies die Firma Heritage sei, die die alten Maschinen und auch Leute übernommen hätten. Das war 1985 und hat sich wohl herumgesprochen .
Esh und Clover sind schon lange keine BRD Marken mehr und trotzdem noch teilweise sogar wieder gut,
Eden wurde so richtig heruntergewirtschaftet.
Es gibt positive und negative Beispiele.

 

[el_loco]

Ich bin ein großer Fan von L.R.Baggs:
Para Acoustic DI
Anthem Pickup System
Mixpro ...

 

[beate]

Es wird das Gibson Beispiel genannt, das die ja nicht mehr in der alten Factory sitzen sondern das dies die Firma Heritage sei, die die alten Maschinen und auch Leute übernommen hätten. Das war 1985 und hat sich wohl herumgesprochen .

Aber sie bauen keine Bässe.

 

[cpt.claypool]

Wenn mir ein Produkt wichtig ist (also z.B. Musikinstrument vs eine Tüte Milch), unterscheide ich in zwei Kategorien: Marke, die durch Marketing und persönlich gute Erfahrungen, ggf Historie, positiv „aufgeladen“ ist (hat dann nichts mit den handelnden Personen zu tun, für mich Massenprodukte wie von Darkglass). Bei Bässen bin ich loyal ggü den Einzelpersonen hinter der Marke (De Gier und K Bass, also Sander und Knut).

 

[krysh]

Ich bin bekennender Fanboy, allerdings jeweils durch die Qualität und das Spielgefühl begründet.
So spiele ich inzwischen ausschließlich Guild Gitarren der Baujahre 1971-2022 weil mir Haptik, Optik und Sound von allen Gitarren die ich in über 40 Jahren gespielt habe (und das sind einige) am besten gefallen, und einen Guild Pilot SB-602 Bass von 1984 (wenn endlich jemand meinen Bacchus kauft, dann käme eine weiterer Guild Pilot Pro5 dazu). Guild hat über die Jahre oft den Besitzer gewechselt, die Qualität blieb aber dauerhaft gleich gut, auch bei den späteren Fernost instrumenten. Inzwischen gehören sie zum Yamaha Konzern.
Als LeFay Custom Spieler bin ich natürlich auch Fan, wobei ich mir wohl nur meinen einen leisten kann.
Und natürlich Kammler Cabinets, sowohl für Bass als auch Gitarre.
Bei anderen Marken sind es eher einzelne Geräte oder meine Custom Anfertigungen.
Ich lasse nur meine Ohren, Hände und Augen entscheiden, der Name ist zweitrangig, daher auch der Bacchus als Ersatzbass. (FOR SALE!!!)

 

[8Miles]

Ich habe vor 20 Jahren mal ein Interview mit Pat Metheny geführt und ihn damals nach seiner Lieblingsgitarre gefragt. Seine Antwort: "Ich habe keine." Aber die dicke Ibanez? Pat: "Ein Instrument ist für mich ein Werkzeug, wie ein Hammer. Ich nehme die Gitarre, welche den jeweiligen Job am besten erfüllt."

Ich sehe es auch so. Die Marke ist mir erstmal egal, Preis/Leistung müssen stimmen. Bei ("Kult") Marken wie Fender, Gibson oder Rickenbacker bin ich da grundsätzlich erstmal mißtrauisch…

 

[whitewater]

Also, ich finde eine Beziehung zum Hersteller eines Tools total klasse und wichtig, und lass mir das im Zweifel dann auch was kosten. Aber dann bitte eine echte Beziehung.
Bei Fahrrädern ist das halt Sven Krautscheid, weil der jahrelang mein Nachbar in Bochum war und mir trotz LWS-Vorfällen wieder aufs Rennrad geholfen hat.
Bei den Bässen hat sichs halt nicht anders entwickelt, als daß ich mit meinen eigenen am glücklichsten bin. Wäre vielleicht was anderes wenn ich jemanden wie Torillo besser kennen würde, wenn der Andy Schack noch im Geschäft wäre, so ists halt nicht. Meine eigenen haben mich dann auch von Leuten wie Siggi Jäger ferngehalten.
Aber eine Markenbeziehung zu etwas wie Fender oder Gibson? Hey das ist halt wie "Heavy Relic" Instrumente neu kaufen. Wer's braucht?

 

[EADG]

("Kult") Marken

Ich nehme nur Hammer von Picard.