Ankommen im Profi-Musikbusiness

Du bist da in einer schwierigen Situation. Ich war vor 20 Jahren als Filmmusiker tätig, bis eine MS-Diagnose die 15 Stunden/6 Tage Wochen verunmöglicht hat. Auch da war ein klares Einordnen und nach Wünschen arbeiten immer gegeben. Heute ist die Situation aber auch auf diesem Gebiet nochmals viel viel schwieriger, weil eigentlich jeder mit seinem Mac Mucke machen kann (können und wirklich Können sind immer noch zwei Dinge), synchronisiert zu Bildern und eben mal schnell 700km rüberschicken zum Reinhören. Da hatte ich noch ganz andere Voraussetzungen - wen der Regisseur, die Musik zum Bild hören wollte, musste er zu mir ins Studio kommen. Und es gab in der Schweiz vielleicht 4, 5 Nasen, die davon leben konnten. Hat sich dermassen verändert...

Die Frage ist: Kannst Du Dein kreatives Freiheitshirn, das wir alle haben, solange Du für den Interpreten tätig bist, ausknipsen oder nicht? Ich wünsche es Dir, denn nach wie vor ist es etwas Tolles, mit Musik Geld zu verdienen.
 
Nur noch nen kleinen aber nicht unwichtigen Apspekt: wenn du da als Freiberufler arbeitest, entfallen ja wie Stephan treffend schrieb Sachen wie Kümmern um Booking, Orga, etc..dafür musst du dich dann um deine soziale Absicherung kümmern, Krankenkasse, Rente, usw..das unterschätzt man manchmal :-)
 
Vor ca. 3 Jahren habe ich versucht meinen Partner versucht zu drängen „Profi“ zu werden. Er musste gesundheitlich bedingt neues wagen, ich mache eh, worauf ich Bok habe. Zum Glück hat er so viele Verpflichtungen (vorgeschoben) ;-) , dass wir uns nicht getraut haben und seit März 2020 bin ich froh darüber.
 
Ich bin kein Profi, aber meine Meinung: Du hast kein Kind & Küken zu versorgen, und hast einen Beruf, wo du jederzeit n neuen Job bekommst? Dann mach es. Es gilt bei einer solchen Unternehmung denke ich auch darum, nicht nachher ein Sozialfall zu werden.
Als Kranken/Altenpfleger hättest du z.B. in 5Minuten n neuen Job und Einkommen.
Der Karnevalsjob ist dann auch nicht dein Einziger.....
Als Berufsmusiker sollte man auch immer mehrere Eisen im Feuer haben. Gigs, Studio, Unterricht usw.
Auch wie schon gesagt, das Drumherum als Selbständiger ist nicht zu unterschätzen. Krankenversicherung, finanzielle Absicherung (siehe Corona) usw.

Will man seine Kreativität ausleben, ist das "Hobby" Musik sicher besser geeignet
 
Jakobass schrieb:
Also derzeit bin ich noch in einer festen Anstellung und habe das Glück, für die kommende Session nicht kündigen zu müssen, sondern kann unbezahlt frei nehmen bzw. sogar Urlaub nehmen. Mein Arbeitgeber ist in der Hinsicht mir sehr wohlwollend gegenüber. Meinen jetzigen Job werde ich auch nicht zu schnell an den Nagel hängen.
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Siehste, das ist die entscheidende Info. An der Stelle bin ich absolut bei @Bassphalanx : Machen. Da ist ja im ersten Schritt kein existenzielles Risiko bei. Und der Lerneffekt nach einer Session sollte immens sein. Im Positiven, wie im Negativen.
Bin gespannt, was Du berichtest, wenn nächsten April die Migräne verflogen ist :D

Edit: "kein Risiko" liest sich natürlich despektierlich, aber verglichen mit der Entscheidung am Anfang eines Erwerbslebens, wo die Profimusikerlaufbahn den Aufbau einer anderen Karriere schlicht ausschliesst...
 
Wenn kein existenzielles Risiko eingegangen wird: MACHEN!
Ich habe auch verschiedenstes versucht, meine Frau hat als beamte immer ein sicheres Einkommen gehabt.
So bin ich in über 200 TV-Produktionen verewigt, hab versucht Musikalien zu vertreiben, und bestimmt 500 Konzerte gespielt. Nur finanziell hat das alles nichts gebracht, also nicht sso viel, dass ich davon hätte leben können.
 
Ich freue mich für jeden aufrichtig, der mit seiner Berufung tatsächlich in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt zu verdienen – völlig unabhängig vom Metier.

Und das meine ich wirklich so!

Mein relativ kurzer Ausflug ins Musikgeschäft hat mir persönlich leider aufgezeigt, was das Schlimmste am Musikbusiness ist:

Das Business.

Unterm Strich habe ich für mich herausgefunden, dass diese Form des Musizierens nicht dem entspricht, was ich unter „Musik machen“ verstehe, denn meine Seele habe ich bereits an meinen Arbeitgeber verkauft 😉
 
Moin

Zum Thema „anecken“:
Das ist Business. Verträge, Professionalität und Effizienz sind da die Maßstäbe. Es muss einfach sein mit Dir zu arbeiten, dann kann es auch länger so gehen und Du wirst ggf. wieder genommen. Künstlerisch ist es ja nicht „Deine Band“ und auch nicht “Deine Musik”. Da ist Abliefern gewollt und nur wenn der Raum dafür da ist können Deine Vorschläge von anderen angehört werden.

So viel hab ich von der YouTube-Uni schon gelernt. Der erste Teil gilt auch für ganze Bands.
 
Vor fast 40 Jahren stand ich kurz nach dem Abi auch vor der Entscheidung, ob ich die Musik zum Beruf mache oder nicht. Damals mussten wir vor dem Studium noch 15 Monate Wehr- und Zivildienst absolvieren. Die Zeit habe ich genutzt, um eine Entscheidung zu treffen. Damals sah das Business auch noch etwas rosiger aus als heute. Es gab kein Internet, keine MP3s, Musikstreaming und wenn man anständig Livemusik hören wollte, musste man ins Konzert. Es war die Zeit der neuen deutschen Welle und als deutsche Band konnte man mit eigener Musik sogar international Erfolg haben. Es gab viel mehr Auftrittsmöglichkeiten und die waren auch noch einigermassen gut bezahlt. Man konnte tatsächlich vom Musikmachen leben. Eine Familie, eine gesicherte Rente etc. hätte ich mir als Musiker damit aber wahrscheinlich nicht leisten können. Und ich hätte für die Kohle wahrscheinlich eine Menge Kompromisse eingehen müssen, für die ich Knochen gekotzt hätte.

Also habe ich mich für die Elektrotechnik entschieden, wo es damals praktisch eine Jobgarantie auf Lebenszeit gab. Für meinen Job als Elektroingenieur habe ich die zwar auch Kompromisse machen müssen, aber die wurden wenigstes gut bezahlt. Zudem konnte ich Musik als brotloses Hobby machen und dafür Equipment im Wert eines Kleinwagens ohne jede Gegenfinanzierung verballern.

Rückblickend bin ich froh nicht ins Musikbusiness gegangen zu sein, obwohl es Momente gibt, in denen ich es manchmal bedaure. Alles in Allem bereue ich die Entscheidung aber nicht. Und je brutaler das Business wird, umso weniger.

Dennoch ist das nur meine ganz eigene Entscheidung. Die muss jede(r) für sich selbst treffen. Und ob sie richtig war, weist Du erst hinterher.
 
Also nur mal so als Zwischenruf ;-) Kompromisse eingehen ist natürlich auch im "brotlosen" oder "Zubrot"- Bereich angesagt. Die länglichen Stories hier im Forum zum Epic "Stress in der Band" sind durchaus Beleg genug. Gerade als Bassist ist es nicht selbstverständlich, die individuelle Selbstverwirklichung und eine insgesamt als Band befriedigende Performance unter einen Hut zu kriegen. Wer ist schon Mark King, und welcher Nichtbassist hat Lust in einer schlechten Level 42 Kopie zu spielen ;-)

Natürlich ist es ein Unterschied, ob der Lebensunterhalt davon abhängt, daß man die "Firma" weder sprengt, noch verlässt, bloss weil man seine sozialen Probleme nicht gebacken bekommt.
Ich weiß auch nicht, @Jakobass , wie Deine bisherigen Erfahrungen in nicht professionell ausgerichteten Bands waren.
Ich hatte das Glück mal eine Weile "the best of both worlds" zu haben: Mitmusiker, die von der Musik lebten, und die mir einen wunderbar entspannten Umgang mit all den Nickeligkeiten und Problemchen des Miteinander beigebracht haben, und gleichzeitig waren alle nicht ausschliesslich von dieser Combo abhängig, was natürlich auch entspannt.
Da sind schon einige Parallelen zum Berufsleben eines Elektroingenieurs :hat: : Wenn man sich über ein gemeinsames Ziel einig ist, was ja letztlich heißt, daß man eben die Miete zahlen können und den Kühlschrank aufüllen können will, ist es nicht mehr ganz so wichtig, nach wessen göttlicher Eingebung nun das letzte Achtel im zweiten Break trallala, und man bekommt ungleich mehr und bessere Ergebnisse...aber natürlich gibts auch in jedem Bereich Grenzen. Das mag Helene Fischer sein, oder eben Zielautomatiken für Panzergeschütze.
 

whitewater schrieb:
Ich weiß auch nicht, @Jakobass , wie Deine bisherigen Erfahrungen in nicht professionell ausgerichteten Bands waren.
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Hi, ich hätte jetzt nicht gedacht, dass mein Thread so´ne große Diskussion auslöst. Bin aber Dankbar für euere "Statements".
Bis Dato, war ich auch nur Hobbybassist und habe natürlich in Bands gespielt, wo jeder ein gleichberechtigtes Mitglied war (so jedenfalls in meiner Vorstellung ;-)). Ja als Profi kommt schon eine Menge auf einen zu, das stimmt schon. Ich habe aber professionelle Kollegen mit den ich mich derzeit gut austauschen kann und die ihren Lebensunterhalt schon seit Jahren mit Musik machen bestreiten.
Letzt endlich haben hier einige der werten Kollegen recht, der "Job" in dieser Band ist wie als wenn man zur Arbeit geht. Gut vorbereitet sein, motiviert und den Flieger fliegen...... Das alles mit ein wenig Abstand genießen und an seiner eigenen Vita bauen, um ggfls. weitere Jobs zu bekommen.

Vielen Dank hier nochmals an Alle, dass hier hat mir Mental echt geholfen.... e-bass

Nach der Session werde ich noch ein wenig berichten, wie es gelaufen ist!
 
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